Die Glosse im Guller

Eine Diagnose mit sehr bitterem Beigeschmack

Es gibt Menschen in unserem Verlagshaus, die springen geschmeidig wie junge Rehe die Treppen hinauf. Dazu gehöre ich nicht. Da drängt sich eher der Vergleich mit einer schnaufenden Dampflokomotive auf. Allerdings stoße ich dabei keine Rauchwolken mehr aus. Diese Zeiten sind seit dreieinhalb Jahren vorbei. Um so mehr erboste es mich, dass ich trotz völligem Zigarettenverzicht immer kurzatmiger werde.

Pneumologe

Da meine Hausärztin den Dingen gerne auf den Grund geht, schrieb sie kurzerhand eine Überweisung zum Pneumologen. Das sind Fachärzte, die sich besonders gut mit der Lunge auskennen. Der sollte mal nachschauen, ob das Organ richtig funktioniert.
Arztbesuche machen mich immer ein wenig nervös. Wer weiß schon, was die Mediziner alles finden, wenn sie einen unter die Lupe nehmen. Deshalb machte es mir gar nichts aus, drei Monate auf den Termin warten zu müssen, zumal ich ja kein Notfall war.
Schließlich schlug die Stunde der Wahrheit. Bis zuletzt suchte ich nach Gründen, die es rechtfertigen könnten, einfach auf dem Absatz kehrt zu machen. Aber es gab keinen: Die Praxis war extrem gut organisiert. Ich verbrachte keine fünf Minuten im Wartezimmer. Die Dame bei der Anmeldung war super freundlich. Ihre Kollegin, die die Tests machte, ebenfalls.
Der Arzt war kompetent, empathisch und hatte zu alldem sogar gute Nachrichten: Mit meiner Lunge war alles in Ordnung. Und dann machte ich den Fehler und fragte, warum ich dann so kurzatmig bin.

Diplomatie

Wenn es jemand verdient hat, in das diplomatische Korps aufgenommen zu werden, dann dieser Arzt. Er wählte seine Worte mit Bedacht. Aber so behutsam, wie er sich auch ausdrückte, die bittere Wahrheit bleibt: Ich bin alt und dazu dick.
Nun denn, zumindest Letzteres lässt sich vielleicht ändern. Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Die Fastenzeit beginnt, damit der Verzicht, auch für mich.