Caritas berät bei Überschuldung
Diese Falle kann jeden treffen
Ortenau (mak). Sie kann jeden treffen, sie geht durch alle Altersgruppen und alle sozialen Schichten und ist für die Betroffenen immer eine Ausnahmesituation: die Überschuldung.
Fast jeder Zehnte in der Ortenau betroffen
"Überschuldet ist man, wenn man dauerhaft nicht in der Lage ist, seinen eingehenden Zahlungsverpflichtungen nachzukommen", erklärt Gabriele Eckert von der Schuldnerberatung der Caritas in Kehl. In der Ortenau sind davon etwa acht bis neun Prozent der Einwohner betroffen – also etwa zwischen 34.500 und knapp 39.000 Menschen.
Auslöser sind unvorhergesehene Ereignisse
Oftmals seien es unvorhergesehene Ereignisse wie der plötzliche Arbeitsplatzverlust, die Trennung oder der Tod des Lebenspartners, schwere Erkrankungen oder die gescheiterte Selbstständigkeit, die Menschen in die Überschuldung führen. "Aber auch ein Familienzuwachs und der Wegfall des zweiten Einkommens kann dazu führen, dass aufgenommene Schulden nicht mehr bedient werden können", weiß Eckert zu berichten. Gepaart seien diese Gründen vor allem mit einer mangelnden Finanzkompetenz der Ratsuchenden. Dies weisen die erhobenen Daten der Caritas Schuldnerberatung für die Geschäftsstelle in Offenburg und die Außenstelle in Kehl für das vergangene Jahr aus. In Kehl wurde bei 41 der insgesamt 138 beratenen Personen in 2020 mangelnde Finanzkompetenz als ein Auslöser der Überschuldung festgestellt. In Offenburg waren es 106 bei insgesamt 165 Menschen, die 2020 beraten wurden. In beiden Geschäftsstellen stellt dies die häufigste Ursache für Überschuldung dar.
"Es ist in unserem Wirtschaftssystem erwünscht, dass Schulden aufgenommen werden", so Eckert. Und weiter: "Wünschenswert wäre es, wenn mehr Aufklärungsarbeit in den Bildungseinrichtungen gemacht werden könnte, damit die Menschen mit einer gewissen Vorsicht in die Schuldenaufnahme gehen."
Die Mitarbeiter des Caritasverbandes Offenburg-Kehl beraten alle Menschen, die im Einzugsgebiet des Verbandes wohnen und keine Sozialleistungen beziehen. Für diesen Personenkreis ist die Schuldnerberatung der Kommunalen Arbeitsförderung zuständig. Ziel der kostenlosen und vertraulichen Beratung sei es, den Ratsuchenden eine neue Perspektive geben zu können, "so dass sie ihre Schulden wieder in den Griff bekommen, zum Beispiel durch Verhandlungen mit den Gläubigern und das Erstellen von tragfähigen Sanierungsplänen", so Eckert. Schulden sind für viele Menschen immer noch ein Tabuthema. Immer noch würde die Schuldnerberatung relativ spät aufgesucht, "aber es ist zu spüren, dass es nicht mehr ganz so viel Überwindung kostet, eine Schuldnerberatungsstelle in Anspruch zu nehmen", erklärt Eckert. Über die Online-Beratung könnten sich die Ratsuchenden zudem anonym beraten lassen. "Ich denke, dass so ein Portal auch die Hemmschwelle senken kann, sich konkret an der Schuldnerberatungsstellen zu wenden", findet Eckert.
Die Nachfrage während der Corona-Pandemie habe nicht zugenommen. "Aus der Vergangenheit wissen wir aber, dass wenn sich die finanzielle Situation zum Beispiel durch den Anstieg der Arbeitslosenstatistik verschlechtert, es zur eine Nachfragezunahme zeitverzögert kommen wird", sagt Eckert. Das Problem sei, dass es bereits jetzt schon zu Wartezeiten von drei bis sechs Monaten kommen könnte. Die Wartezeit entfalle allerdings für die Bescheinigung eines Pfändungsschutzkontos oder wenn die Kündigung wegen Mietrückstand oder die Liefersperre beim Energieversorger drohe.
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