Fußnote
Die Ortenau erobert Paris
Wer schon mal mit dem Train à Grande Vitesse gefahren ist, kann bestätigen: Der Name ist Programm. Wer in Straßburg in den TGV einsteigt, erlebt Hochgeschwindigkeit. Nach der Abfahrt werden außerhalb Straßburgs die Passagiere in die Sitze gedrückt und der Zugführer holt aus der Maschine alles heraus. Mit bis zu 320 Stundenkilometern fliegt man Paris entgegen.
Inzwischen kann man aus allen Himmelsrichtungen zum Frühstück in der Hauptstadt sein – und zum Schlafengehen wieder zu Hause. Von Kehl aus – der TGV kommt in diesem Fall aus Stuttgart über Karlsruhe – dauert die Fahrt gerademal zwei Stunden und acht Minuten.
Am Oberrhein ist auch Freiburg angeschlossen. Von dort verlief die Route bisher über Mühlhausen. Ob das nicht rentabel war? Jedenfalls wird ab dem Winterfahrplan nicht mehr nur der Offenburger Bahnhof als Haltepunkt angefahren, sondern auch Emmendingen und Lahr. Der Vorteil für Freiburger: Die Fahrt verkürzt sich um 45 Minuten. Nach Offenburg sind Kehl und Straßburg die letzten Stationen bevor der TGV in den Gare de l'Est einfährt.
Nochmal, um es deutlicher zu machen: Für die 90 Kilometern zwischen dem Freiburger Hauptbahnhof und dem Bahnhof Straßburg benötigt der Hochgeschwindigkeitszug eine Stunde und 13 Minuten, dabei hält der Zug fünf Mal, darf und kann auch nicht annähernd seine Kraft, die für 320 Stundenkilometer reicht, auf die Schienen bringen.
Die weiteren rund 500 Kilometer zwischen Straßburg und Paris legt der TGV ohne jeden Stopp zurück und absolviert die Reise in weniger als zwei Stunden. Also zuckelt der Mehrfachrekordhalter TGV durch die Ortenau und fliegt dann durch das halbe Reich der Franzosen.
Da die Rheintalbahn zwischen Offenburg und Freiburg frühestens ab dem Jahr 2040 ausgebaut sein wird, kann der TGV auch nicht zwischendurch mal kräftig Gas geben. Denn auch der ICE, der ja auch schneller fahren kann, als er es in der Ortenau tut, darf es auf den bisherigen Schienen nicht. Nach Fertigstellung der neuen Trasse sind dann immerhin bis zu 250 Stundenkilometer erlaubt.
Stellt sich die Frage: Warum tun das die Gallier dem TGV an, durch die Ortenau zu zuckeln? Es kann eigentlich nur einen Grund geben: Die Ortenau ist verrückt auf Paris und es lohnt sich anscheinend, in der Ortenau fast überall zu halten.
Da kann man sich lebhaft vorstellen, wer als nächstes einen TGV-Halt beantragt. Denn zwischen Emmendingen und Lahr liegt, ja klar: Rust. Es lohnt sich auch für die Franzosen: Frühstück im Europa-Park, dann Silverstar fahren und abends unter dem Eiffelturm wieder die Augen schließen. rek
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