Die Glosse im Guller
Der moderne Spickzettel heißt nun ChatGPT
Schau einer an, das, was viele befürchteten, ist eingetroffen: Einige Abiturienten haben bei der schriftlichen Prüfung heimlich ChatGPT eingesetzt und sich von der Künstlichen Intelligenz (KI) Aufgaben lösen lassen.
In flagranti ertappt wurde allerdings kaum einer. Aber manche Lehrkraft glaubte bei der Korrektur zu erkennen, dass die Antworten nie und nimmer vom Schüler selbst stammen können. Teilweise wurde sogar KI eingesetzt, um die Schummelei zu beweisen.
Einfallsreichtum
Jetzt kann man sich natürlich fragen, warum die Aufsicht nicht merkt, wenn ein Prüfling von seinem Smartphone abschreibt. Nein, keine Sorge, nun wird nicht über Beamte gelästert, die lieber für die nächsten Ferien auf dem Handy nach Hotelschnäppchen auf Check24 suchen, statt die Schüler im Auge zu behalten. Ich mag ja manchmal eine Giftspritze sein, muss aber keineswegs jedem bösen Vorurteil Vorschub leisten. Zumindest heute nicht. Es geht mir vielmehr darum, die Aufmerksamkeit auf den unglaublichen Einfallsreichtum von Schülern in Sachen Spickzettel zu lenken. Und genau das ist ChatGPT.
Geheimdienst
Tatsächlich habe ich selbst als Schülerin nicht abgeschrieben. Das war aber keineswegs meinem grundehrlichen Charakter geschuldet, es fehlte vielmehr an Nervenstärke. Umso mehr staunte ich über die Raffinesse einer früheren Mitschülerin. Die konnte das gesamte Alte Testament in Minischrift auf winzige Zettelchen um Kugelschreiberminen wickeln, in Sekundenbruchteilen rausziehen, lesen und wieder verschwinden lassen. Es würde mich wirklich interessieren, was aus ihr geworden ist. Wahrscheinlich spioniert sie für den Geheimdienst in Nordkorea und schmuggelt jede Woche wichtige Dokumente heraus. Worauf ich raus möchte? Bei Prüfungen gab es schon immer Schummler und wird es sicher auch in Zukunft geben. Darüber kann man sich aufregen, neu ist das Phänomen aber nicht – lediglich die Methode ist mit KI moderner.
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