Fußnote, die Glosse im Guller
Autofahrer als Mobbing-Opfer

Trucker mögen die Könige der Landstraße sein. Innerorts sind die Radler Kaiser. Ich habe immer schon die Chuzpe bewundert, mit welcher Selbstverständlichkeit sie gleichermaßen Bürgersteige wie Straßen für sich beanspruchen. Selbst SUVs werden von ihnen völlig ignoriert, wenn sie zu zweit nebeneinander fröhlich plaudernd mitten auf der Straße fahren, obwohl direkt daneben für sie extra ein schöner Radweg angelegt wurde. Ein kleiner Beetle wird schon gar nicht ernst genommen. Jedenfalls ist dies das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage in der Guller-Redaktion.

Überlegene Spezies

Okay, es gibt dort nur eine Beetle-Fahrerin: mich. Ich kann aber von vielen Erlebnissen berichten. Wir wollen jetzt gar nicht von all den Eltern reden, die ihrem Nachwuchs Vorbild sind, indem sie mich mit ihren Kinderanhängern einfach schneiden. Auch nicht von den mehrköpfigen Familien, deren Mitglieder glauben, mit dem Fahrradpass erlange man das Recht auf Vorfahrt – selbst das jüngste Mitglied, das auf dem Laufrad verzweifelt versucht, dem Rest seines Rudels hinterher zu kommen. Zur Belohnung für mein geduldiges Warten und freundliches Lächeln hat mir unlängst einer von diesen Miniradlern die Zunge rausgestreckt. Vielleicht hing sie ihm aber auch nur vor Anstrengung aus dem Mund, weil die anderen so schnell waren. Jedenfalls habe ich gelernt, mit der stillen Verachtung dieser überlegenen Spezies von Verkehrsteilnehmern zu leben. Langsam schlägt das Mobbing aber in offene Feindseligkeit um.

Er wollte mich beschimpfen

So fuhr ich unlängst arglos auf einer innerstädtischen Straße. Neben mir radelte auf dem von der Stadt Offenburg dafür vorgesehenen Streifen ein älterer Herr. Er trat tüchtig in die Pedale und blieb mit mir auf gleicher Höhe. Was mich um so mehr beeindruckte, da sich sein beigefarbenes Blouson über ein doch beachtliches Bäuchlein spannte. Als mein Ziel fast erreicht war, ging ich vom Gas und blinkte rechts, in der Annahme der rüstige Rentner wird mich schnell hinter sich lassen. Doch unsere Wege sollten sich noch nicht trennen. Denn auch er ließ seinen Drahtesel einfach ausrollen. Als ich bremste, tat er es mir gleich. So standen wir dann da, ich glotzte verblüfft ihn an, er betrachtete sinnend den Horizont. Es folgte erneutes gleichzeitiges Anfahren und Bremsen. Langsam stieg der Verdacht in mir auf: Der will mich nicht durchlassen! Stimmt, denn er wollte mich ausgiebig beschimpfen.

Klimaschädlich

Autofahren ist klimaschädlich und Radfahrer sind uns deshalb moralisch überlegen. Deswegen müssen sie aber nicht bessere Menschen sein. Anne-Marie Glaser

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