Steigerung der Geflüchteten-Zahl
Zwei Unterbringungen werden reaktiviert
Offenburg (st). Aufgrund der auch im Ortenaukreis zunehmenden Zahl an Zuwanderern, die der Kreis vom Land Baden-Württemberg zugewiesen bekommt, baut dieser seine Kapazitäten wieder aus. Sowohl das ehemalige Pfarrhaus in Friesenheim-Oberschopfheim als auch das ehemalige Hotel "Engel" in Hohberg-Hofweier sollen erneut als vorläufige Unterbringung für Geflüchtete genutzt werden, teilt das Landratsamt in einer Pressemitteilung mit.
Belegung noch im Februar
Die erste Belegung ist in beiden Fällen im Laufe des Monats Februar geplant. Neben einer Heimleitung werden Sozialarbeiter und Hausmeister des Migrationsamts regelmäßig als Ansprechpartner vor Ort sein.
„Angesichts steigender Zuwanderungszahlen reaktivieren wir im Rahmen unseres Auf- und Abbaubaukonzepts einige im Zuge der Zuwanderungswelle von 2015/2016 genutzte Unterbringungen und schaffen neue Plätze“, so Migrationsamtsleiterin Alexandra Roth. „Wir sind dabei über die gute Zusammenarbeit mit den Gemeinden, der Katholischen Kirche und den privaten Vermietern sehr froh.“
Das ehemalige Hotel und Gästehaus in Hohberg-Hofweier war von März 2016 bis Oktober 2019 schon einmal eine Einrichtung des Landratsamts zur vorläufigen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen hat das Migrationsamt den Hoteltrakt nun wieder für zwei Jahre angemietet. Die Kapazität liegt bei 49 Plätzen, die in der Regel zu etwa 80 Prozent ausgelastet sind.
Reaktion von Bürgermeister Heck
„An 2015/2016 gilt es nun anzuknüpfen und trotz der ohnehin schwierigen Zeit stehen wir vor einer weiteren zusätzlichen Herausforderung innerhalb unserer Gemeinde“, kommentiert Andreas Heck, Bürgermeister der Gemeinde Hohberg, die Entscheidung. „Auch wenn sich die Zeiten zu damals geändert haben, bin ich mir sicher, dass wir ein gutes Miteinander pflegen werden. Mir persönlich ist der ehrliche und transparente Austausch mit den unmittelbaren Anwohnerinnen und Anwohnern sowie den Bürgerinnen und Bürgern in Hofweier sehr wichtig. Hier haben das Migrationsamt und ich die Aufgabe, die Fragen hierzu innerhalb der Bevölkerung ernst zu nehmen und auf die Bürgerinnen und Bürger zuzugehen“, so der Bürgermeister.
Auch das ehemalige Pfarrhaus in Oberschopfheim hatte das Landratsamt von November 2015 bis Oktober 2017 schon einmal angemietet, um dort Flüchtlingen im Rahmen der vorläufigen Unterbringung ein Obdach zu geben. Nach Rückgang der Zugangszahlen und Beendigung des Mietverhältnisses hatte die Gemeinde Friesenheim das Gebäude zur Anschlussunterbringung genutzt, bis es zuletzt leer stand. Nun wird das Landratsamt dort bis zu 22 Geflüchtete unterbringen. Der Mietvertrag läuft für zwei Jahre.
Reaktion von Bürgermeister Weide
„Wir sind froh, dass der Leerstand des Pfarrhauses Oberschopfheim sinnvoll genutzt werden kann“, sagt Friesenheims Bürgermeister Erik Weide. „Die Unterbringung in Friesenheim lief bisher problemlos, was insbesondere an der guten Betreuung durch den Kreis und die ehrenamtlichen Helfer liegt“, so der Bürgermeister und betont: „Wir als Gemeinde Friesenheim sind hierbei gerne unterstützend tätig“.
14 Einrichtungen mit 929 Plätzen
Zusammen mit der neuen Unterkunft in Zell am Harmersbach mit 70 bis 80 Plätzen und dem kürzlich reaktivierten Riedhof in Meißenheim mit 41 Plätzen betreibt der Ortenaukreis damit aktuell 14 Einrichtungen in sieben Kommunen mit 929 Plätzen. Die Kapazitäten sind zu rund 85 Prozent ausgelastet. Bei der Quotenberechnung für die Anschlussunterbringung werden die Plätze in der vorläufigen Unterbringung voll angerechnet, sodass einzelne Kommunen nicht überproportional belastet werden.
Weitere Einrichtung in Friesenheim
Im April 2016 wurde der Neubau Am Bahnhof in Friesenheim erstmals belegt. Die Kapazität beträgt 93 Plätze, die aktuell mit 78 Personen aus Afghanistan, Albanien, China, Georgien, Irak, Nigeria, Syrien und der Türkei belegt sind.
Hintergrundinformation: Auf- und Abbaukonzept
In der Zuwanderungswelle 2015/2016 dienten unter anderem Containeranlagen, Sporthallen und ehemalige Hotels im Ortenaukreis als Gemeinschaftsunterkünfte. Mit verschiedenen Miet- und Kaufmodellen hat sich der Kreis von Anfang so aufgestellt, dass er einerseits über einen sicheren Basisbestand an Unterkünften verfügt, andererseits aber auch flexibel auf Rückgänge reagieren kann.
Im Mai 2016 war der Höchststand mit 5.771 Plätzen in der vorläufigen Unterbringung erreicht. Angesichts des Rückgangs der Neuzugänge hat der Landkreis in den Jahren 2017 bis 2020 insgesamt 4.928 Plätze in der VU nach und nach abgebaut, insbesondere kleine, organisatorisch schwer zu betreuende Objekte, Sporthallen sowie Containerunterkünfte. Der starke Abbau erfolgte nach den Vorgaben des Landes Baden-Württemberg, das zuletzt eine Mindestauslastungsquote von 80 Prozent forderte.
Im Januar 2020 verfügte der Ortenaukreis mit 843 Plätzen über weniger Kapazitäten als zu Beginn der großen Zuwanderungswelle im September 2014 (1.090 Plätze).
Hintergrundinformation: Landes-Erstaufnahmestelle
Für die Unterbringung von Flüchtlingen gibt es in Baden-Württemberg ein dreistufiges Unterbringungssystem, das im Flüchtlingsaufnahmegesetz geregelt ist:
- Unterbringung in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA), die vom Land Baden-Württemberg betrieben wird. Hier werden die Flüchtlinge registriert, gesundheitlich untersucht und sie stellen ihren Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Standorte der Erstaufnahmeeinrichtungen können der Internetseite des Ministeriums für Justiz und Migration entnommen werden.
- Danach folgt die Verlegung in die Vorläufige Unterbringung (VU), die in der Verantwortung der Stadt- und Landkreise liegt. Hier bleiben die Antragsteller während ihres laufenden Asylverfahrens. Durch Erstorientierungskurse, Sprachkurse, Kindergarten, Schule, ärztliche Versorgung machen sie erste Integrationsschritte. Die VU endet nach Anerkennung oder rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages, aber nach maximal 24 Monaten.
- Als dritte Stufe folgt die Anschlussunterbringung (AU) in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Die Geflüchteten werden durch Integrationsmanager betreut. Der Ortenaukreis berechnet halbjährlich die Verteilungsquote, damit sich die Ortenauer Kommunen frühzeitig darauf einstellen können.
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