Bezahlbarer Wohnraum
Wie Kommunen gegen bestehenden Mangel vorgehen
Offenburg/Achern/Oberkirch/Kehl/Ettenheim/Lahr (ds/gro/rek). Nicht nur in den Ballungszentren in Deutschland ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Auch in der Ortenau gibt es zu wenige Wohnungen für Menschen mit niedrigem Einkommen. Dabei gehen die Kommunen unterschiedlich mit dem Thema um.
Offenburgs Sozialdezernent Hans-Peter Kopp und Oberkirchs Stadtbaumeister Peter Bercher sind sich einig: "Es ist nach wie vor wichtig und richtig öffentlich geförderten Wohnraum anzubieten." In Offenburg hat "die städtische Wohnbau 1.300 günstige und sehr günstige Wohnungen", nennt Geschäftsführer Rainer Lindenmaier Zahlen, mit einer Durchschnittsmiete von 5,10 Euro pro Quadratmeter. Allerdings befinden sich derzeit 800 Bewerber auf der Warteliste für diese Wohnungen, so Lindemaier. Da es über viele Jahre keine Förderprogramm des Landes gegeben habe, "kann schon eine Lücke entstanden sein", so Kopp. Daher unterlägen derzeit nur noch rund 150 Wohnungen einer Mietpreisbindung.
"Die jetzt wieder laufenden Programme sind grundsätzlich gut gemeint, allerdings aufgrund der derzeitigen Zinslandschaft für Investoren leider nicht besonders interessant", erklärt Kopp die Lage. Daher sei es für die städtische Wohnbau nur möglich, 100 weitere Wohnungen zu bauen, weil die Stadt dies mit fünf Millionen Euro unterstütze. Im vergangenen Jahr seien 21 öffentlich geförderte Wohnungen fertiggestellt worden, weitere 28 würden in Kürze bezugsfertig.
"Von ursprünglich 38 Mehrfamilienhäusern mit 370 Wohnungen unterliegen heute noch sieben Häuser mit 60 Wohnungen einer Mietpreisbindung", erklärt Bercher für Oberkirch. Davon seien 52 in Besitz der städtischen Baugesellschaft. Allerdings stehen 200 Wohnungssuchende auf einer Warteliste, so Bercher. Dabei sei das kommunale Unternehmen in Oberkirch der einzige Akteur auf dem Markt für öffentlich geförderten Wohnraum So würden aktuell drei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 18 Wohnungen in der Heimkehrerstraße errichtet, die später voraussichtlich eine Miete von sechs Euro pro Quadratmeter kosteten. Für alle Kommunen gilt, dass für entsprechende Wohnungen ein Wohnberechtigungsschein – je nach Familiengröße und dem zur Verfügung stehenden Einkommen – bei der Stadt beantragt werden muss. "In den Jahren von 2014 bis 2017 haben insgesamt jährlich zwischen 15 und 34 Personen diesen beantragt", so Bercher.
"Die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen ist rückläufig und faktisch auslaufend", erklärt Oberbürgermeister Klaus Muttach für Achern: "Ende 2017 gab es in Achern noch 59 gebundene Sozialmietwohnungen, aktuell sind es noch 42, die allerdings alle bis Ende 2020 auslaufen." Die Stadt Achern habe in 25 Objekten 55 Wohnungen zur Verfügung. 13 Wohnungen seien mit Obdachlosen und Flüchtlingen belegt, 42 seien vermietet.
Anträge für einen Neubau entsprechender Wohnungen lägen aktuell nicht vor. Das Konzept der Stadt Achern sieht vor, dass beim Bau von Mehrfamilienhäusern mit einer Geschossfläche für Wohnnutzung größer als 600 Quadratmetern 15 Prozent der neu entstandenen Wohnfläche als preisgünstige Wohnungen auf den Markt gebracht werden müssen, heißt es von der Stadt.
Zutreffen würde diese Maßnahme für Bauvorhaben im Bereich der früheren Glashütte, dem Areal Lott, dem früheren Süwag-Areal sowie auf den Illenau-Wiesen, wo insgesamt etwa 800 Wohnungen entstehen sollen. Die Verpflichtung der Investoren werde über einen städtebaulichen Vertrag geregelt, ins Grundbuch eingetragen und ein Missbrauch mit Vertragsstrafen geregelt.
"Die Situation in Kehl charakterisiert sich dadurch, dass sehr viele Wohnungen neu gebaut werden – besonders im hochpreisigen Segment", sagt Annette Lipowsky, Pressesprecherin der Stadt Kehl. "Die Situation auf dem Kapitalmarkt – in Kehl speziell aber auch zusätzlich durch die Nachfrage von Kunden aus Straßburg – hat dazu geführt, dass hier die Preise für Immobilien und damit auch die Mieten stark gestiegen sind."
Die steigende Anzahl von Singles und Alleinerziehenden sowie die gestiegene Lebenserwartung führten zu einer erhöhten Nachfrage nach erschwinglichem Wohnraum, beobachtet die Stadt Kehl. "Rentner, aber auch Familien mit mehreren Kindern können sich Wohnraum auf dem freien Wohnungsmarkt kaum noch oder nicht mehr leisten. Der Zuzug Geflüchteter hat die Konkurrenz um günstigen Wohnraum noch verstärkt", erklärt Annette Lipowsky.
Da angemessener Wohnraum für die Persönlichkeitsentwicklung gerade von Kindern wichtig sei, sei hier die Stadt gefragt, denn die Versorgung mit ausreichend günstigem Wohnraum sei auch für den sozialen Frieden in der Stadt wichtig.
"Fakt ist: Bezahlbarer Wohnraum für breite Schichten der Kehler Bevölkerung ist zu knapp", konstatiert Lipowsky. Das zeige sich daran, dass es eine lange Warteliste bei der Städtischen Wohnbau gebe. Deshalb habe die Stadt das Eigenkapital der kommunalen Wohnbaugesellschaft aufgestockt, damit Sozialwohnungen errichtet werden könnten. Außerdem würden Grundstücke zur Verfügung gestellt werden: "In der Haydnstraße wurden 14 barrierefreie Sozialwohnungen erstellt und zum 1. Februar bezogen; 13 Sozialwohnungen in der Richard-Wagner-Straße werden zum 1. April oder 1. Mai vermietet. Weitere 120 Sozialwohnungen sind in Planung. Außerdem bietet die Stadt Privatinvestoren attraktive Rahmenbedingungen, wenn sie bereit sind, Sozialwohnungen zu schaffen." Ein Wohnberechtigungsschein sei Voraussetzung, um so eine Wohnung zu bekommen.
"Wir haben zum neuen Jahr die Stadtbau gegründet, ihr den städtischen Wohnbaubestand übertragen, zwei neue Mehrfamilienhäuser gebaut. Zwei weitere sind in Bau", berichtet Bürgermeister Bruno Metz über die Aktivitäten der Stadt Ettenheim. "Diese Wohnungen erhielten eine Förderung und werden daher preisgünstig angeboten, ein Teil davon an Mieter, die auf Grund ihrer Bedürftigkeit einen Berechtigungsschein vorweisen." In Ettenheim werde der Wohnungsbau seit Jahren durch die Stadt unterstützt, in dem versucht werde, ausreichend Bauflächen anzubieten und Baulücken einer Bebauung zuzuführen: "In der Innenstadt sind wir seit über 20 Jahren mit Landeshilfe aktiv im Sanierungsprogramm tätig, über das ebenfalls viel Wohnraum ermöglicht wird. Den Eigenbetrieb Stadtbau haben wir vor allem gegründet, um das Angebot für preisgünstige Wohnungen zu vergrößern."
In Lahr will sich der Gemeinderat im April mit dem Thema sozialer Wohnungsbau beschäftigen. Da der Wohnraum in der Stadt knapp ist, wurde im Sommer 2017 eine Sozialquote beschlossen, nach der Wohnbauprojekte, die nach dem 1. Januar 2018 eingereicht werden und zehn oder mehrere Wohnungen umfassen, mindestens 20 Prozent sozialen Wohnraum ausweisen müssen. Das träfe eigentlich auch auf die geplante Bebauung des Altenbergs zu, doch Investor und Stadt sehen hierzu keinen Zwang. Sozialwohnungen könnte der Investor auch an anderer Stelle errichten, heißt es dazu.
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