Schwierigkeiten bei Arzneimittelbeschaffung
Wenn die eigene Gesundheit an Nicht-Lieferbarkeit krankt
Ortenau (mak). Niemand ist gerne krank und wir freuen uns, wenn uns der Arzt mit dem blassrosa Rezeptzettelchen das richtige Präparat verschreibt. Mit diesem Gefühl machte sich auch eine Kollegin des Verlags auf den Weg in die eine Apotheke, um dort ihr Rezept für ein Antibiotikum einzulösen, allerdings ohne Erfolg. Das Medikament sei nicht lieferbar, lautete die Antwort. Auch in den nächsten drei Offenburger Apotheken erhielt unsere Kollegin dieselbe Auskunft.
Grundlegendes Problem
Gibt es in der Ortenau einen Lieferengpass an Antibiotika? "Aus meiner persönlichen Erfahrung ist das eher ansatzweise ein Thema", erklärt Allgemeinmediziner Ulrich Geiger, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisvereins Ortenau, auf Nachfrage. Für ihn sei dies eher ein mittelfristiges Problem, da es aus seiner Sicht zu wenig Forschungsaktivitäten gebe. "Wir sollten Antibiotikum zurückhaltend verschreiben, damit unsere Pfeile nicht irgendwann stumpf werden", so Geiger weiter. Zwar treten Lieferengpässe bei Arzneimitteln und somit auch bei Antibiotika immer häufiger auf und seien damit ein grundlegendes Problem, bestätigt Christian Reiss, Chefapotheker der Zentralapotheke am Ortenau Klinikum. Für seinen Verantwortungsbereich des Klinikums gebe es allerdings keinen Engpass. "Das Klinikum als Mitglied einer großen Einkaufsgemeinschaft hat den Vorteil, dass Kontingente für Mitglieder dieser Einkaufsgemeinschaft reserviert werden und wir somit häufig von diesem profitieren, bis der Engpass vorüber ist", so Reiss. Zudem beziehe das Klinikum zu fast 100 Prozent seiner Antibiotikapräparate direkt beim Hersteller und kenne somit direkt die Lieferfähigkeit der Medikamente im Gegensatz zu öffentlichen Apotheken, die ihre Produkte beim Großhandel bestellen würden, so Reiss.
Lieferschwierigkeiten
Zu Lieferschwierigkeiten komme es immer wieder sowohl auf deutschen als auch internationalen Arzneimittelmärkten, weiß Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Freiburg, auf Nachfrage des Gullers zu berichten. "Die Gründe für die Engpässe sind vielfältig. Der Preiswettbewerb, vor allem bei den generisch verfügbaren Wirkstoffen, ist enorm. Dadurch wird die Produktion aus Kostengründen ins Ausland verlagert, oft in Schwellenländer, die aber nicht über die hiesigen Sicherheitsstandards verfügen und deshalb anfälliger sind für Produktionsprobleme. Zudem konzentriert sich die Produktion von Wirkstoffen auf immer weniger Hersteller. Ein weiterer Grund für die regelmäßig auftretenden Engpässe ist die weltweit steigende Nachfrage nach bestimmten Antibiotika", so Spannagel.
Betroffenen rät Reiss mit Hilfe des Apothekers alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Ansonsten sollte der verordnende Arzt eine Alternative verschreiben. Dies könne aber zu einem schlechteren klinischen Ergebnis führen, da das Präparat nicht optimal auf das Erregerspektrum passe.
Idee der Lagerhaltungspflicht
Um Lieferengpässe zu vermeiden, gebe es viel Ansätze, so Spannagel. "Zum Beispiel wäre es sinnvoll, eine Meldepflicht für Hersteller bei drohenden Lieferengpässen einzuführen. Die Übersicht des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte beruht derzeit nur auf freiwilligen Angaben." Auch könne eine Lagerhaltungspflicht der pharmazeutischen Industrie dem entgegen wirken sowie die Abschaffung der Rabattverträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern.
Unserer Kollegin konnte übrigens letztendlich in der vierten Apotheke geholfen werden. Sie erhielt ein Präparat mit dem gleichen Wirkstoff für Kinder in einer größeren Menge.
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