Warum sie so heißen, wie sie heißen
Straßennamen sollen hohe Identifikationswerte haben
Ortenau (als/ds). Straßennamen dienen in erster Linie der Orientierung, sollten daher in einer Kommune nur ein Mal vergeben sein und – im Idealfall – identitätsstiftend sein. Da Straßennamen dauerhaft den Charakter eines ganzen Viertels prägen, macht man es sich bei der Namensfindung nicht leicht. In der Regel werden bereits bei der Erstellung des Bebauungsplan die Straßennamen durch den jeweiligen Gemeinderat festgelegt. Dabei orientiert man sich oft an berühmten Persönlichkeiten oder historischen Begebenheiten. Für neue Stadt- oder Ortsviertel werden gern Namen nach bestimmten Gruppen vergeben, etwa nach Dichtern, Städte- oder Tiernamen. Umbenannt werden bestehende Straßen nur in Ausnahmefällen.
Kehl: berühmte Frauen im Mittelpunkt
So versuche die Stadt Kehl in Baugebieten bei der Vergabe von Straßennamen das Andenken an bekannte Frauen stärker hervorzuheben, nachdem in früheren Jahren Straßen meist nach berühmten oder mit der Stadtgeschichte verbundenen Männern benannt worden seien. Gewannnamen kämen ebenfalls häufig vor. Zum Vorgehen am Beispiel Schneeflären: Eine Arbeitsgruppe, in der auch Ute Scherb, Leiterin von Stadtarchiv und Museum, beteiligt gewesen sei, habe sich Gedanken über die zu wählende Kategorie gemacht. Die Gruppe habe sich für Schriftsteller und Nobelpreisträger entschieden – vor allem mit Bezug zum deutsch-französischen Grenzgebiet. Der Gemeinderat beschließt über die Namensgebung in der Kernstadt, in den Ortschaften entscheidet der jeweilige Ortschaftsrat. "Wir hatten in Kehl die in jüngster Zeit vielerorts geführte Hindenburg-Diskussion nicht: Der gleichnamige Platz wurde direkt nach dem Krieg umbenannt, ebenso wie die Adolf-Hitler-Straße, der Horst-Wessel-Ring und der Schlageterplatz.", erklärt die Stadt. Etwas schwierig sei die Bürgermeister-Mathias-Krauß-Straße – der Name sei so lang, dass er auf kein Straßenschild passe.
Erklärungstafeln als Bürgerprojekt
Die Erklärungstafeln unter einigen Straßennamen gingen auf ein Bürgerprojekt zurück, das 2004 ins Leben gerufen worden sei. Im Neubaugebiet Schneeflären habe Dr. Ute Scherb Texte zur Erläuterung der Straßennamen verfasst. Auch bei anderen Neuerschließungen in der Kernstadt würden die Straßennamen durch Erläuterungen ergänzt.
Rheinau: Gewannamen bevorzugt
In der Gemeinde Rheinau, berichtet Bauamtsleiter Roland Mündel, dass die Straßennamen nach Gewannbezeichnungen benannt worden seien. Die jeweiligen Ortschaftsräte und der Bezirksbeirat sprächen eine Empfehlung an den Gemeinderat zu deren Benennung aus.
Willstätt: Flurnamen gern genommen
In Willstätt werden Straßennamen nach den Kriterien Flurnamen, Orts- oder Gebietsbezeichnungen, nach örtlichen Begebenheiten, Personen, geschichtlichen Hintergründen, Blumen und Bäumen oder nach Vogelarten ausgesucht, heißt es von der Gemeinde. In den 1970er-Jahren seien manche Straßen nach der Gemeindereform aufgrund doppelter Bezeichnungen umbenannt. Zu den kuriosen Straßennamen in Willstätt gehören Namen wie Im Streuobst in Eckartsweier oder Im Rötenzinken in Willstätt. In Hesselhurst seien nach Beschluss des Ortschaftsrats die aktuellen Straßennamen mit den Hinweisen zu früheren Bezeichnungen ergänzt. So wurde dann unter dem Hinweis Waldseestraße das Zusatzschild Saugass oder unter dem Schild Friedhofstraße der Zusatz Lutzergass hinzugefügt. Durch die Saugass wären in früheren Zeiten Schweine auf die Sauweide getrieben worden. Ältere Zeitzeugen und Einwohner wären dem Ortschaftsrat beratend zur Seite gestanden.
Um- und Neubenennung in Lahr
Jüngstes Beispiel in Lahr ist die Gaswerkstraße. Auf Wunsch des dort ansässigen E-Werks Mittelbaden sollte sie in E-Werk-Straße umbenannt werden, da in den Augen des Energieversorgers der Name irreführend und unternehmensschädlich sei, schließlich setze man auf erneuerbare Energien. Der Gemeinderat lehnte Anfang Mai jedoch ab und verwies auf die Historie, denn auf dem Gelände stand einst die Gaskugel. Ohne Diskussion dagegen hat sich der Gemeinderat in der gleichen Sitzung für die neuen Straßennamen für die Bebauung am Altenberg ausgesprochen: Moritz-Schauenburg- und Anna-Pfund-Straße. Beide Lahrer Persönlichkeiten engagierten sich in herausragender Weise für das dort ansässige, heute ehemalige, Reichswaisenhaus. "Wir sind bestrebt darin, Straßennamen mit einem historischen- oder einem Ortsbezug zu finden, die einen hohen Identifikationswert für die Bevölkerung der Stadt haben", erläutert Markus Nerz vom Amt für Geoinformation und Liegenschaften. Weitere Ideen für neue Straßennamen sind in einer Liste zusammengeführt, die vor vier Jahren unter anderen von Lahrer Bürgern erstellt wurde. Im Zuge der Gemeindereform mussten 1972 einige gleich lautende Straßen auf unterschiedlichen Gemarkungen in Lahr umbenannt werden. Erst 2010 wurde die Langenmarckstraße, die 1936 zu Propagandazwecken der Nazis verwendet wurde, in Willy-Brandt-Straße umbenannt, wie Markus Nerz berichtet.
Überprüfung in Ettenheim
In Ettenheim haben Freiburger Historiker jüngst einige Straßennamen überprüft. "Eine Umbenennung war aber nicht nötig", erläutert Markus Schoor vom städtischen Bauamt. Manche Straßennamen in Ettenheim, wie beispielsweise Krumme Stück, Im Zinken oder Im Gänszipfel, wirken zumindest für Ortsfremde kurios. "In aller Regel beruhen die Namen auf den Gewannen und sind schon Jahrhunderte alt", so Schoor. Auf eine ehrenamtliche Initiative zurückzuführen ist das Projekt "Straßennamen erklärt": "Die über 100 erklärungsbedürftigen Straßennamen werden sukzessive bearbeitet und die entsprechenden Texte erstellt", berichtet Markus Schoor. Am heutigen Mittwoch werden die ersten Schilder angebracht. Auch in Lahr hat man jetzt damit begonnen, Straßennamen zu erläutern. Für den Inhalt ist das Stadtarchiv zuständig.
Verzeichnis im Bürgerbuch Friesenheim
In Friesenheim finden Interessierte Erklärungen zu den Straßennamen im Straßenverzeichnis der Gemeinde. "Das ist im Bürgerbuch zu finden", so Pressesprecherin Julia Edel auf Anfrage der Stadtanzeiger-Redaktion. Nach lokalen Persönlichkeiten, Gegebenheiten und Besonderheiten sind die Straßen in Friesenheim benannt – von Adlerstraße, nach dem gleichnamigen Gasthaus und ehemaliger Poststation, bis Zum Dorfblick.
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