Jugendlichen Politik begreifbar machen
Spielerisch, aber ernsthaft an Demokratie heranführen
Ortenau (djä). Eine 4. Klasse der Grundschule spielt ab dem 12. März vier Tage Gemeinderat und muss über eine Umgehungsstraße entscheiden. "Eine Straße für Felddorf" heißt das Projekt. Zum zweiten Mal findet damit ein kommunalpolitisches Planspiel in Friesenheim statt. Die Teilnehmer werden von Realschülern, Lehrkräften der Grund-, Real- und Werkrealschule und dem Jugendbüro betreut. Bürgermeister Erik Weide und einige Gemeinderäte unterstützen die Schüler mit Expertenwissen.
Viele Kommunen im Ortenaukreis organisieren seit Jahren ähnliche Projekte. Kinder und Jugendliche spielerisch an Kommunalpolitik und Demokratie heranzuführen – das klingt sinnvoll. Sie sollen kennenlernen, wie Bürgervertretung und Teilhabe funktionieren und was eigenes Engagement bewirken kann. Schließlich sind sie die Bürger der Zukunft. Der Guller hat sich einmal umgehört, in welcher Form Kommunen im Ortenaukreis hier aktiv sind.
In Offenburg werden seit 1993 in den Sommerferien Schüler in "Unsere kleine Stadt" eingeladen. Dahinter verbirgt sich eine Konzeption, die pädagogische, kulturelle und politische Bildungsziele miteinander verbindet. In dieser Mini-Stadt sind alle wichtigen Einrichtungen zu finden, die in einer "richtigen" Stadt dazugehören: Bank, Arbeitsagentur, Krankenhaus, Müllabfuhr, Finanzamt, Handel, Handwerk, Volkshochschule, Kino und vieles mehr. Bezahlt wird mit einer eigenen Währung. Hier können die Kinder spielerisch lernen, wie ein Gemeinwesen funktioniert.
In Achern gibt es seit März 2016 einen Jugendgemeinderat, der aus 16 stimmberechtigten Jugendgemeinderäten besteht. Vorsitzender ist der Oberbürgermeister, der hier kein Stimmrecht hat. Der Jugendgemeinderat kann für den städtischen Haushalt größere Projekte als Vorschlag einbringen. Jüngst wurde auf diese Weise mit 185.000 Euro ein Basketballspielfeld in den Doppelhaushalt 2018/2019 aufgenommen. Unter Mitwirkung des Jugendgemeinderates wurde auch ein Accesspoint für offenes WLAN auf dem Rathausplatz installiert.
Die Stadt Kehl hat einen Jugendgemeinderat. Der verwaltet ein eigenes Budget, in dessen Rahmen er Projekte beschließen kann. Größere Anliegen werden in einer Sitzung des Gemeinderats vertreten. In Lahr gibt es seit 1997 einen Jugendgemeinderat mit 21 Mitgliedern zwischen 13 und 18 Jahren. Eines ihrer Projekte ist das "Jugendcafé" während der Landesgartenschau. Kinder werden bei Spielplatz- oder Schulhofgestaltungen vom Kinder- und Jugendbüro direkt beteiligt.
Während in manchen Orten Jugendgemeinderäte mangels Interesse der Jugendlichen nicht mehr existieren, ist man in Gengenbach sehr aktiv. Jugendgemeinderäte bringen sich beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Marta-Schanzenbach-Gymnasium in Aktionen gegen Rassismus an Schulen ein.
Im Haslacher Rathaus steht das Thema, junge Menschen an Politik heranzuführen, auf der Agenda. Derzeit läuft verwaltungsintern die Planungsphase über verschiedene Projekte. Auch andere Kommunen in der Region bieten Planspiele an und vermitteln damit Kindern und Jugendlichen kommunalpolitische Fähigkeiten und Einblicke. Das Ziel ist: Hemmschwellen gegenüber "der Politik" abbauen. Spielerisch, aber ernsthaft können junge Menschen durch diese Angebote Demokratie und eigenes Engagement erproben und üben.
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