IHK Südlicher Oberrhein
Schlusslicht beim Breitbandausbau
Ortenau (st). Die Breitbandverfügbarkeit ist für viele Unternehmen ein wesentlicher Standortfaktor. Doch wie sieht es aus mit dem schnellen Internet in der Region? Eine aktuelle Studie der IHK Südlicher Oberrhein zeigt: Beim Versorgungsgrad mit 50 Mbit/s ist der Kammerbezirk das Schlusslicht in ganz Baden-Württemberg.
Bis 2018, so das Versprechen des Bundestags im Jahr 2014 in der Digitalen Agenda, sollte jeder deutsche Haushalt und damit auch jeder Betrieb einen Internetanschluss mit einer Bandbreite von 50 Mbit/s nutzen können. „Dieses Ziel wurde in unserer Region deutlich verfehlt“, stellte Dr. Steffen Auer, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, bei der Präsentation der Studie „Baustelle Schnelles Internet“ fest. Gerade einmal in jeder dritten Kommune im Kammerbezirk liege die maximal verfügbare Downloadrate bei 50 Mbit/s; beinahe jede fünfte komme maximal nur auf 16 Mbit/s. „Wir tragen die rote Laterne von Baden-Württemberg“, kritisiert Auer.
Die Breitbandverfügbarkeit innerhalb der Region am südlichen Oberrhein ist dabei laut Ergebnis einer Online-Umfrage bei den Kommunen und der Auswertung des Breitbandatlasses des Bundes sehr unterschiedlich: Freiburg liegt beim Versorgungsgrad mit 50 Mbit/s bei ziemlich genau 80 Prozent, der Ortenaukreis bei rund 70 Prozent. Abgeschlagen dahinter die Landkreise Emmendingen mit gerade einmal knapp 56 Prozent und Breisgau-Hochschwarzwald mit nicht einmal 48 Prozent.
Steffen Auer: „Eine ausreichende Breitbandinfrastruktur ist Grundlage für die Digitalisierung. Ohne sie können unsere Unternehmen nicht vom digitalen Fortschritt profitieren.“ Technologien wie Cloud Computing oder Big Data-Anwendungen benötigten viel höhere Bandbreiten als bisher, auch im Upload. Selbst Videokonferenzen oder andere Übertragungen von hochauflösenden grafischen Daten kämen schnell an ihre Grenzen. „Hier befürchten unsere Unternehmen erhebliche Wettbewerbsnachteile“, sagt der IHK-Präsident. Problematisch sei außerdem, dass der Bedarf der Wirtschaft bei Ausbauprojekten oft nicht im Mittelpunkt stehe. „Die für 2018 versprochene Bandbreite von 50 Mbit/s reicht den Unternehmen schon jetzt nicht mehr. Und bereits in wenigen Jahren werden die Anforderungen die heutigen weit übersteigen.“
Für einen weiteren Ausbau, der den Bedarf der Unternehmen deckt, ist die Technik entscheidend. Denn bei Kupferkabeln, wie sie bei Vectoring-Lösungen für die sogenannte letzte Meile genutzt werden, liegt die maximale Downloadgeschwindigkeit bei 100 Mbit/s – und das nur in unmittelbarer Nähe des Verteilerkastens. Glasfaserkabel hingegen ermöglichen Geschwindigkeiten von mehreren Gigabit pro Sekunde. Auer: „Problematisch ist dabei, dass die Kommunen, wenn sie bereits beim Vectoring-Ausbau eine Förderung erhalten haben, keine erneute Förderung für die weitere Aufrüstung mit Glasfaserkabeln erhalten.“ Weitere Ausbauprojekte zur Zufriedenheit der Unternehmen werden sich entsprechend über viele Jahre hinziehen. „Das ist für die Kommunen allein gar nicht zu stemmen. Der Bund muss die Kommunen hier deutlich stärker unterstützen als bisher“, fordert Auer. Andreas Kempff, Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, ergänzt: „Wenn der Bund hier nichts tut, wird die Wirtschaft in Deutschland zurückfallen.“
Aktuell helfen sich die Unternehmen oft selbst. Wie zum Beispiel Heinrich Lauck. „Ich habe mich vergangenen Herbst an ein Ausbauprojekt an meinem Standort im Industriegebiet Nord drangehängt,“ sagt der Geschäftsführer von Dr. Lauck Oberflächentechnik aus Freiburg. „Vorher hatte ich eine maximal verfügbare Downloadrate von 6 Mbit/s.“ Auf 50 Mbit/s komme die neue Verbindung jetzt allerdings nur, wenn sie „gut gelaunt“ sei. Lauck: „Zugesichert ist sowieso nur eine Geschwindigkeit von 22 bis 37,5 Mbit/s.“ Spätestens wenn auch die Telefonanlage über diese Leitung laufen solle, würde sich zeigen, ob sie das leisten kann. Deshalb gibt es in Laucks Unternehmen auch keine Cloud-Lösung für die Daten. Lauck: „Das ist mir zu gefährlich, dass wir da plötzlich nicht rankommen.“
Die Forderungen der IHK Südlicher Oberrhein angesichts der Probleme ihrer Mitgliedsbetriebe sind deutlich. „Die Politik sollte bis 2025 eine flächendeckende Versorgung – auch des ländlichen Raums – mit Glasfaser-Infrastruktur bis an die Gebäude heran beziehungsweise bis in die Gebäude hinein sicherstellen“, sagt IHK-Präsident Auer. IHK-Hauptgeschäftsführer Kempff ergänzt: „Dabei sollte die Politik einen Fokus auf die vorrangige Versorgung von Unternehmen legen.“
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