EuGH stärkt Verbraucherschutz
Ralph Sauer: Gilt auch für andere Diesel
Luxemburg/Ortenau Die Mercedes-Benz Group gibt sich nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Zusammenhang mit sogenannten Thermofenstern, also Abschalteinrichtungen, in Diesel-Fahrzeugen gelassen. Es gilt erst einmal abzuwarten, wie es von der deutschen Rechtsprechung umgesetzt wird, sagen auch manche Experten. Der ADAC begrüßt die Luxemburger Entscheidung als "ein gutes Signal für den Verbraucherschutz". Inwieweit diese letztendlich bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen helfe, müsse sich aber erst noch zeigen. Weitaus optimistischer ist die Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer in Lahr. Sie bewertet das Urteil als "schwere Niederlage der Automobilhersteller im Diesel-Abgasskandal."
Schadenersatz
Die Kanzlei hat Erfahrung in Sachen Abgasskandal. Nach eigenen Angaben führte sie bereits 30.000 Einzelklagen und die Inhaber vertraten in der Musterfeststellungsklage gegen VW 260.000 Verbraucher. Diesen sicherten sie laut Ralph Sauer 830 Millionen Euro Schadensersatz.
Doch zurück zum EuGH-Urteil. "Letztlich betrifft es die allermeisten Diesel-Fahrzeuge", betont Sauer. "Zwar ging es in dem Verfahren um einen Mercedes CDI 220, aber die in dem Fahrzeug verbaute illegale Abschalteinrichtung wird in beinahe allen Fahrzeugen der anderen Hersteller verwendet."
In diesem Zusammenhang erklärten die Luxemburger Richter, so der Rechtsanwalt, "dass Käufer eines Kraftfahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gegen den Fahrzeughersteller einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn ihnen durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist." Dabei habe sich der EuGH mit der Frage beschäftigt, ob die europäischen Regelungen, die sich mit den Genehmigungen von Kraftfahrzeugen auseinandersetzen, auch die Interessen der jeweiligen Käufer schützen. "Und diese Frage hat das Gericht bejaht", sagt Ralph Sauer.
Verjährung
Weiter sei grundsätzlich entschieden worden, "dass Ansprüche auf Schadensersatz gegen die Hersteller bereits aufgrund von fahrlässigem Verhalten berechtigt sind." Das erleichtere eine Klage enorm. Bisher habe dem Hersteller Vorsatz und Sittenwidrigkeit nachgewiesen werden müssen. Tatsächlich müssen sich deutsche Gerichte jetzt erstmal mit dem EuGH-Urteil beschäftigen, räumt Sauer ein. Aber: "Unserer Meinung nach müssen sich diese an die europäischen Vorgaben halten."
Da die betroffenen Fahrzeuge nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen würden, seien sie illegal auf den Straßen unterwegs: Daher sollten die Eigentümer jetzt schnell handeln und ihre Ansprüche auf Schadensersatz sichern." Das Thema Zeit spiele wegen der Verjährungsfrist eine wichtige Rolle.
Hintergrund
Der EuGH wurde auf Initiative des Landgerichts Ravensburg aktiv. Es hatte sich im Rahmen einer Schadensersatzklage gegen Mercedes an die Luxemburger Richter gewandt. Eine von sieben Fragen war, ob nur vorsätzlich sittenwidriges Handeln des Fahrzeugherstellers zu Schadensersatzansprüchen führt oder auch schon fahrlässiges.
Auch der Bundesgerichtshof hatte ein eigenes Urteil zurückgestellt. Nun hat er für den 8. Mai eine Grundsatzentscheidung angekündigt, die mit Spannung erwartet wird.
Stichwort Thermofenster
Thermofenster sind Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen. Sie schalten bei bestimmten Temperaturen die Abgasreinigung ab. Das ist aber einzig und alleine erlaubt, um einen konkreten Schaden am Motor zu verhindern.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.