Einstimmiges Votum
Ortenau Klinikum erwirbt nicht das Herz-Zentrum
Offenburg (st) Das Ortenau Klinikum wird die Umsetzung seiner 2018 beschlossenen Zukunftsplanung „Ortenau 2030 – Zukunft Gesundheit“ für eine Modernisierung und Bündelung der Klinikstrukturen ohne den Erwerb der Mediclin-Einrichtungen Herzklinik Lahr und Klinik an der Lindenhöhe in Offenburg fortsetzen. Der Verwaltungsrat des Ortenau Klinikums hat in seiner Sitzung am Dienstag einstimmig entschieden, eine in den vergangenen Wochen zwischen Mediclin und dem Ortenau Klinikum ausgehandelte Übernahmeoption für beide Einrichtungen nicht wahrzunehmen.
„Wir haben in den vergangenen Monaten ausführliche Gespräche und faire Verhandlungen mit Mediclin über die Übernahme des Mediclin Herzzentrums in Lahr und der Mediclin Klinik an der Lindenhöhe in Offenburg (Psychiatrie) geführt. Aufgrund der guten Vorarbeit war die Entscheidung heute möglich “, so Landrat Frank Scherer und Ortenau Klinikum-Vorstandsvorsitzender Christian Keller nach der Sitzung. „Dabei war für den Verwaltungsrat nicht der Kaufpreis wesentlicher Faktor für die Ablehnung des Angebots, sondern eine gesamtwirtschaftliche Bewertung aus Sicht des Ortenau Klinikums, die insbesondere mit Blick auf die im Falle eines Erwerbs erforderlichen Folgeinvestitionen negativ ausfiel“. Die Risiken einer Übernahme waren für den Verwaltungsrat deshalb deutlich höher als die Chancen, die eine Übernahme geboten hätte.
Neuer Standort
Ebenfalls einstimmig beschlossen hat der Verwaltungsrat zu prüfen, ob auch ohne die Mediclin-Einrichtungen anstelle des bisher geplanten Ersatzneubaus am aktuellen Klinikstandort in Lahr, ein Neubau in Lahr zwischen der Autobahn und dem Bahnhof umsetzbar wäre, um eine bestmögliche Erreichbarkeit des Klinikums Lahr und ein nachhaltiges und dauerhaftes medizinisches Angebot in der südlichen Ortenau zu sichern. „Das würde viele Chancen bieten, Lahr könnte so einen zukunftsorientierten Neubau einer Level II-Klinik bekommen ohne langjährige Umbauarbeiten während des Betriebs am aktuellen Standort“, erklärte Scherer.
Die Verwaltung wurde mit der Prüfung der Neubauvariante beauftragt, die auch zeitnah mit dem Land abgestimmt werden soll. Mit dem Ergebnis der Prüfung sowie der Abstimmung wird sich der Verwaltungsrat unverzüglich erneut befassen.
Lahrs Oberbürgermeister Markus Ibert sieht darin zwar eine große Chance, vermisst aber weiterhin eine verlässliche Perspektive:
„Ich respektiere, dass der Verwaltungsrat des Ortenau Klinikums sich dagegen entschieden hat, die Voraussetzungen für einen großen Standort Lahr mit angeschlossener Fachklinik Herzzentrum zu schaffen. Das Kompetenzzentrum Herz in Lahr kann nun mit einer exzellenten Fachklinik Mediclin Herzzentrum mit überregionaler Strahlkraft zukunftsfähig weiterentwickelt werden. Die Stadt Lahr unterstützt das Herzzentrum dabei mit allen Kräften.
Die Empfehlung an den Kreistag, den Neubau im Lahrer Westen auch ohne Übernahme der Mediclin-Einrichtungen zu prüfen, ist eine große Chance. Die Stadtverwaltung hat der Klinikgeschäftsführung hierfür bereits verkehrsgünstige Standortoptionen zwischen Autobahn und Bahnlinie vorgestellt, die hervorragend geeignet sind. Die Planungen für den Lahrer Westen gilt es nun mit Hochdruck voranzutreiben.
Um jetzt Planungssicherheit für den Klinikstandort Lahr zu bekommen, sind weitere Beschlüsse des Kreistags erforderlich, denn auch die Beschäftigen der Lahrer Häuser können dadurch endlich Klarheit erhalten. In den Händen der Kreistagsmitglieder liegt nun die Verantwortung, sich für eine zügige Planung durch das Ortenau Klinikum und eine zügige Förderzusage des Landes für den Neubau eines leistungsstarken Level-II-Klinikums im Lahrer Westen geschlossen stark zu machen. Dass hierfür am Standort alle Voraussetzungen gegeben sind, zeigen die Untersuchungen der Unternehmensberatung ZEQ im Auftrag der Stadt Lahr.
Ein inhaltliches Nachschärfen der Agenda-Beschlüsse von 2018 ist vor dem Hintergrund der zunehmenden Ambulantisierung und der geplanten Krankenhausreform des Bundes weiterhin dringend geboten. Ich setze darauf, dass der Landrat zeitnah die angekündigten Vorschläge vorlegt, wie das Ortenau Klinikum die Bettenzahl und das medizinische Leistungsangebot an allen vier Standorten im Sinne der Agenda-Beschlüsse neu austarieren wird.
Erforderliche Anpassungen der Medizinstruktur sowie der Bettenzahlen sind vom gesamten Klinikverbund aufzufangen und nicht ausschließlich durch den Standort Lahr zu tragen. Die Bevölkerung in der südlichen Ortenau verlässt sich darauf, dass eine leistungsfähige Klinikversorgung flächendeckend im gesamten Kreisgebiet gesichert wird – so wie es die Agenda-Beschlüsse vorsehen. Dies ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit. Das Vertrauen in Politik und Verwaltungshandeln darf nicht aufs Spiel gesetzt werden."
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