Landratsamt prüft Hinweise aus der Bevölkerung
Leiden Tiere auf den Weiden?
Ortenau (st). Im Landratsamt des Ortenaukreis gehen derzeit beim Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung vermehrt Meldungen besorgter Bürger ein, die beunruhigt sind, ob während des heißen und vor allem trockenen Sommers der Tierschutz insbesondere für landwirtschaftliche Nutztiere noch gegeben ist. Manche fragen sich dabei, ob Tiere wie Pferde, Rinder oder Schafe auf ihren Weiden überhaupt noch zu fressen finden. Können sie von den wenigen längst am Halm vertrockneten Grasresten alleine satt werden? Und müssen sich die Tiere bei solchen Wetterlagen tagsüber nicht in einen kühlen Stall zurückziehen können?
Schutz ist meist gewährleistet
„In den allermeisten Fällen ist der Schutz dieser Tiere gewährleistet“, sagt der im Landratsamt für Tierschutz zuständige Amtstierarzt Martin Straube. „Die Landwirte wissen um die Bedürfnisse ihrer Tiere und füttern dort gezielt zu, wo der Aufwuchs der Weide nicht mehr reicht.“ Dass dabei bereits auf Futter zurückgegriffen werden muss, das eigentlich als Vorrat für den Winter gedacht war, sieht Straube mit Sorge. Die Futterreserven vieler Tierhalter seien dieses Jahr ohnehin knapp. In guten Jahren füllen drei Heuernten pro Wiese die Lager, 2018 reichte es oft nur für einen Schnitt. Manche Rinderhalter sind gezwungen, ihren Bestand jetzt zu reduzieren, indem sie mehr Tiere als geplant zur Schlachtung geben.
„Was Weidetiere im Hochsommer wirklich brauchen, ist Schutz vor Überhitzung“, betont Straube. Das Tierschutzrecht verpflichte Halter dazu, auf Weiden neben der Wasserversorgung auch einen ausreichenden Witterungsschutz zu gewährleisten.
„Da ist ein luftiger Platz unter, auf oder direkt neben der Weide wachsenden Bäumen besser, als ein geschlossener Stall“, informiert der Amtstierarzt. Wo solcher Bewuchs fehle, könne eine Weidehütte erforderlich sein. „Im Zusammenhang mit dem Klimawandel wird das künftig noch wichtiger werden“, prognostiziert Straube. Denn anders als Menschen könnten Rinder und Schafe nur eingeschränkt schwitzen. Bereits ab Tempertaturen über 25 Grad Celsius geraten sie in Hitzestress.
Farbe und Hitzeschutz
Pferde als ursprüngliche Steppentiere belasten hohe Temperaturen vergleichsweise wenig. Der Lebensraum der wilden Rinder-Vorfahren sei aber halboffene Landschaften und Wald. Deshalb gehörten in traditionellen Weidelandschaften Südeuropas bis heute schattenspendende Bäume mit zur Weide. „Attraktive Landschaftsbilder wie die spanischen Extremadura verdanken ihre Existenz also auch den Ansprüchen der Weidetiere“, so der Veterinär. Wahrscheinlich ist sogar die Farbe unserer Rinderrassen in diesem Zusammenhang entstanden. „Helle Rinder kommen mit starker Sonneneinstrahlung besser zurecht als dunkle“, weiß Straube. „Da überrascht es nicht, dass typische Weiderassen hellbraune oder sogar weiße Rinder sind“.
Manchmal liege der Sonnenschutz im Detail. Ein Zuchtziel der nicht umsonst so genannten Rasse „Fleckvieh“ sei beispielsweise ein brauner Fellring um die Augen. „Davon abgesehen darf der Kopf rein weiß sein. Ist das Fell ums Auge braun, dann ist auch die Haut der Augenlider pigmentiert. Die Bedeutung dessen zeigte sich, als Fleckvieh in Länder mit starker Sonneneinstrahlung exportiert wurde“, erklärt der Amtstierarzt.
80 Tierschutzmeldungen
Zu den 80 Kontrollen landwirtschaftlicher Betriebe, die das Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung im Ortenaukreis in diesem Jahr standardmäßig durchführte, kamen ab Mai weitere 80 Tierschutzmeldungen aus der Bevölkerung, denen nachgegangen wurde. Etwa die Hälfte davon betraf Nutztierhaltungen und bei einem Drittel dieser Meldungen wiederum ging es um Hitze-Probleme und fehlende Schattenplätze. Zwei Tierhalter wurden zu Nachbesserungen aufgefordert, entsprechende Verwaltungsverfahren wurden eingeleitet.
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