Im Ortenaukreis werden nun Risikopatienten und Gesundheitsberufe getestet
Land greift durch und droht mit empfindlichen Strafen
Ortenau (mak/gro). In vielen Orten bot sich das gleiche Bild: Menschen sitzen auf öffentlichen Plätzen eng zusammen, die Spielplätze sind gut besucht – ganz so, als ob es die Warnungen, soziale Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren und möglichst zwei Meter Abstand zu anderen zu halten, nie gegeben hätte. Dieses Verhalten ist seit gestern nicht mehr erlaubt. "Die Lage hat eine starke Dynamik. Die Maßnahmen müssen verschärft werden", teilte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Freitag bei einer Pressekonferenz mit. Und die drei vorgestellten Maßnahmen haben es in sich. Alle Gaststätten und Restaurants müssen ab morgen geschlossen bleiben. Nur noch Essen zum Mitnehmen oder auf Bestellung ist weiterhin möglich. Zweitens sind alle Zusammenkünfte auf öffentlichen Plätzen und Außenanlagen von Gruppen von mehr als drei Personen nicht mehr erlaubt. Ausnahmen gibt es für Familien. Drittens werden die "Durchreisen aus internationalen Risikogebieten weiter eingedämmt und größtenteils untersagt", so Kretschmann weiter. Landesinnenminister Thomas Strobl wies darauf hin, dass es sich bei Verstößen gegen diese Maßnahmen um keine Bagatelldelikte handle – Bußgelder von bis zu 25.000 Euro oder mehrjährige Haftstrafen drohen. "Aus Rücksicht auf die Unternehmen haben wir erlaubt, dass Pendler mit einem Passierschein einreisen dürfen. Dieser berechtigt aber nicht dazu, in Deutschland einzukaufen", so Strobl. Dies werde kontrolliert und gegebenenfalls sanktioniert.
Wirten droht Entzug der Gaststättenerlaubnis
Kurz zuvor hatte Landrat Frank Scherer den von Corona-Fällen betroffenen Kommunen empfohlen, Betretungsverbote für öffentliche Orte auszusprechen. Dabei handelt es sich in Offenburg aber nicht um eine Ausgangssperre, "wobei das Haus oder die Wohnung nur noch für dringende Angelegenheiten verlassen werden sollte", so die Stadt in einer Pressenotiz. Wer sich in Offenburg im Freien aufhalten möchte, darf dies nur alleine, zu zweit oder mit den Personen, die mit im eignen Haushalt leben. Diese Regelung hat auch die Stadt Lahr erlassen. Die Stadt Achern hat ein Niederlassungsverbot auf öffentlichen Plätzen ausgesprochen. Ausgenommen sind auch hier Einzelpersonen und Paare, gegebenenfalls mit eignen Kindern. Dies sieht auch die Stadt Kehl vor. Zusätzlich dazu droht sie Gastwirten, die sich nicht an die verschärften Regelungen halten, mit dem dauerhaften Verlust der Gaststättenerlaubnis. Eine deutliche Einschränkung von Zusammenkünften an öffentlichen Orten sei mit den Maßnahmen der Landesregierung bereits erfolgt, so die Stadt Oberkirch.
92 Infizierte in der Ortenau
Stand Samstagnachmittag gab es 92 bestätigte Erkrankungen – darunter der Durbacher Bürgermeister Andreas König und WRO-Chef Dominik Fehringer – in der Ortenau. Am Freitag wurde der zweite Todesfall bekannt: Am 19. März verstarb ein 91-jähriger Patient. 27 Kommunen sind betroffen. "Die Entwicklung ist dynamisch", so Reinhard Kirr, Dezernent für Sicherheit, Ordnung und Gesundheit beim Ortenaukreis. "Wir haben eine neue Phase der Pandemie erreicht", stellt auch Evelyn Bressau, Leiterin des Gesundheitsamtes, fest. "Wir können die Infektionsketten gar nicht mehr verfolgen." Jetzt gehe es darum, besonders sensible Gruppen zu schützen: Dazu zählen Risikopatienten sowie die Angehörigen der Gesundheitsberufe. Diese werden nun bevorzugt getestet. Dazu wurden die Testverfahren an die Hausarztpraxen übergeben. Diese werden aktuell koordiniert an vier Standorten vorgenommen.
"Wir brauchen jeden Arzt und jede Pflegekraft", stellt Doris Reinhardt, Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg fest.
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