Unterstützung für Flutopfer
Hilfsbereitschaft und Solidarität sind groß

Foto: Jonas Adolf

Ortenau (mak/ds/st). Die Bilder aus den Gebieten der Flutkatastrophen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben viele Menschen erschüttert und zu einer großen Spenden- und Hilfsbereitschaft geführt. Aber nicht nur Menschen aus der unmittelbaren Nachbarschaft eilten zur Hilfe, sondern die Solidarität mit den Betroffenen ist in ganz Deutschland zu beobachten.

Auch in der Ortenau wurde nicht lange überlegt, sondern schnell Hilfe organisiert, um die Menschen vor Ort zu unterstützen. Einige Aktionen stellen wir im Folgenden vor.

Es fängt bei ganz praktischer Hilfe an. So waren Feuerwehrkameraden aus Kehl, Achern, Lahr und Offenburg im Katastrophengebiet und haben dort unter anderem 200 Kubikmeter Schlamm allein mit Muskelkraft aus dem Keller einer Klinik geschaufelt, Schränke, Waschmaschinen, Trockner und Geräte bewegt, die einst dazu dienten, kranken Menschen zu helfen. Auch für langgediente Feuerwehrangehörige gehören die Erfahrungen im Hochwassergebiet zum Heftigsten, was sie je erlebt haben. „Die komplette Infrastruktur ist am Boden“, sagt Matthias Baumann, der die Kehler Kameraden bei ihrem Einsatz angeführt hat. Sie berichten von einer Ortschaft, die einst aus 360 Häusern bestand: „Davon stehen noch fünf. Den Ort Schuld gibt es nicht mehr.“

Viele Spendenaktionen

Aber auch in der Ortenau kamen Menschen zusammen, um Hilfsaktion zu starten. Der Spendenaufruf von Neurieds Bürgermeister Tobias Uhrich für den zerstörten Ort Schuld brachte 56.000 Euro ein, die den betroffenen Menschen vor Ort zugute kommen sollen.

Die vierte Klasse der Sommerfeldschule in Windschläg spendete 250 Euro aus ihrer Klassenkasse, die normalerweise für Ausflüge, Eisgutscheine und Bücher verwendet werden. Und auch aus anderen Bereichen erreichten viele Spenden das Neurieder Konto.

Ein rasch organisierter Flohmarkt mit Kleiderspenden und Spielzeug des Montessori-Zentrum Ortenau brachte 4.000 Euro ein, die direkt an die Kita Odenthaler Kobolde im Hochwassergebiet gehen.

Hilfe vor Ort

Jonas Adolf aus Altdorf war drei Tage lang im Krisengebiet. Er hat sich alleine auf den Weg nach Ahrweiler gemacht, um dort mit anzupacken – im Gepäck: mehrere Hundert Euro aus einer privaten Spende. „Meine Mitarbeiter haben quasi mich gespendet, indem sie einen Tag meine Patienten übernommen haben“, sagt der Inhaber einer Physiotherapiepraxis in Lahr. In Ahrweiler selbst war er zusammen mit anderen Helfern in einem Privathaus sowie auf einem Weingut im Einsatz, hat entschlammt und entkernt. „Mich hat beeindruckt, dass viele Helfer dort sind, die ebenso etwa Angenehmeres tun könnten, als im Schlamm zu wühlen“, so Jonas Adolf. Die Situation vor Ort beschreibt er sehr drastisch: „Ich kann mir vorstellen, dass es so nach dem Krieg ausgesehen hat. Alles ist zerstört, überall Trümmer, traumatisierte Menschen, Leid und Tod.“ Er hat ein Spendenkonto eingerichtet, denn er will nochmals nach Ahrweiler fahren, um wieder mit anzupacken, aber auch den Menschen Geld übergeben, die er persönlich kennengelernt hat und von denen viele durch das Raster der verschiedenen Hilfszahlungen fallen.

Helfen wollte auch die neunjährige Christina aus Zürich, die momentan mit ihrer Mutter die Familie in Offenburg besucht. Deshalb hat sie am vergangenen Wochenende ihre selbstgemalten Bilder verkauft, um den Erlös an die Flutopfer zu spenden. "Meine Tochter wollte, nachdem sie in den Nachrichten die schlimmen Berichte aus Deutschland gesehen hat, unbedingt ihr Taschengeld spenden. Mit drei Franken Taschengeld in der Woche kommt sie da leider nicht weit und sie wollte mehr spenden", berichtet Mutter Michaela Voigt über die Motivation ihrer Tochter. Ein Freund der Familie, Silvano Zampolli, Inhaber des gleichnamigen Eiscafés in der Offenburger Innenstadt, hat Christina ein kleines Plätzchen für ihren Bilderverkauf zur Verfügung gestellt. In der Zeit des Lockdowns hat die neunjährige Christina rund 200 Acrylbilder unterschiedlicher Formate gemalt, 35 davon hat sie zum Verkauf angeboten.

Benefizkonzert

Eine andere Kunstform kommt ebenfalls den Flutopfern zugute. Am vergangenen Donnerstag hat Desirée Lobé mit ihrer dreiköpfigen Band in Kooperation mit der Stadt Achern ein Benefizkonzert im Bürgersaal Rathaus Am Markt gegeben. Als Lobé sich mit der Idee für ein Benefizkonzert an das Fachgebiet Kultur der Stadt Achern wandte, war sofort in Absprache mit Oberbürgermeister Klaus Muttach klar, die Stadt wird in der Rolle als Veranstalter den Wunsch mittragen. Innerhalb weniger Tage konnte zwischen den Musikern und dem Fachgebiet Kultur das Konzert ergänzend zum "gong Achern" organisiert werden.

Der Kulturverein „Willst@Kultur“ möchte der Musikvereinigung Bad Neuenahr-Ahrweiler 1910 helfen, denn auch die Musiker haben alles verloren – Instrumente, Noten, Uniformen und jegliches Musikequipment. Alle, die den Musikverein aus Rheinland-Pfalz unterstützen möchten, können über die Homepage der Gemeinde unter www.willstaett.de Kontakt zum Verein aufnehmen.

Auch mit der passende Urlaubslektüre konnte geholfen werden. In der Buchhandlung Roth in Offenburg wurde im Juli mit dem Kauf eines der Schnäppchen-Taschenbücher eine Spende von einem Euro verbunden. Die Buchhandlung Roth hat im Anschluss an die Aktion die Spendensumme verdoppelt, so dass nun 1.343 Euro dem Sozialdienst des deutschen Buchhandels überwiesen werden konnten. Mit dem Geld werden die vom Hochwasser betroffenen Buchhandlungen unterstützt.
Von den zerstörenden Wassermassen sind auch die Weinanbaugebiete betroffen: Weinkeller und Weinlager wurden überflutet, Maschinen und Inventar sind in der Flutkatastrophe davongeschwommen, Weinberge abgerutscht, Betriebe und ihre Infrastruktur wurden komplett zerstört. Das Weinparadies Ortenau hat deshalb die Mitgliedsbetriebe aufgerufen, sich an unterschiedlichen Solidaritätsaktionen für die betroffenen Weinbaubetriebe an der Ahr zu beteiligen. Zahlreiche Ortenauer Winzergenossenschaften, Weinhäuser und Weingüter haben bereits verschiedene Spendenaktionen unterstützt, um den Betrieben an der Ahr ihre Solidarität zu bekunden.

Mehrere Paletten Ortenauer Wein wurden unter anderem für die Aktion "Solida(h)rität – von Winzern für Winzer" in den vergangenen Tagen per Spedition in das Weingut St. Antony/Nierstein in Rheinhessen versandt. Der dortige Betriebsinhaber Dirk Würtz hatte eine der größten Spendenaktionen im In- und Ausland ins Leben gerufen. Die aus ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland gespendeten und bunt gemischten Weinpakete können zum Preis von 65 Euro erworben werden. Der Erlös geht an den vom Verband Deutscher Prädikatsweingüter initiierten Spendenaufruf "Der Adler hilft", mit dem Wiederaufbaumaßnahmen des Weinbaus im Ahrtal unterstützt werden. In den ersten drei Tagen dieser Aktion wurden bereits 10.000 Pakete bestellt, in denen sich auch Weine aus der Ortenau befinden.

Die Stadt Haslach unterstützte die große Kochaktion der „KinzigFoodWheels“, bei der für die Helfer im Ahrtal 2.000 leckere Essen gekocht wurden, mit eine 1.000 Euro Sofortspende.

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