Offener Brief von Helga Wössner
Fortführung des ÖPNV-Stundentakts

Ortenau (st) Mühlenbachs Bürgermeisterin hat sich in einem offenen Brief "für die Einführung des probeweisen Stundentakts von September bis Mitte Dezember zwischen Haslach und der Heidburg" bedankt. Dabei betont Wössner auch, dass man vor der Entscheidung stehe, ob und wie dieses Projekt ab dem 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2026 weitergeführt wird, heißt es in dem offenen Brief.

Im Wortlaut

"Dieser Versuch hat gezeigt, dass es möglich ist, ein Projekt ins Leben zu rufen, mit dem Ziel durch gut getakteten öffentlichen Nahverkehr kreisüberschreitend die Verbindung zwischen dem Kinzigtal und Elzach in Richtung Freiburg nachhaltig zu stärken. Ein Dank gilt auch dem Landratsamt Emmendingen, das die Finanzierung des Abschnitts von Elzach zur Heidburg übernommen und damit einen wichtigen Lückenschluss zur Bahn hergestellt hat sowie in besonderer Weise dem Landratsamt Ortenaukreis und der Stadt Haslach mit meinem Bürgermeisterkollegen Philipp Saar, welche das Projekt von Beginn an ideell und finanziell gut unterstützt hatte. Wir stehen nun jedoch vor der dringenden Entscheidung, ob und wie dieses Projekt ab dem 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2026 weitergeführt wird. Eine Fortführung für weitere zwei Jahre ist möglich, sofern der Ausschuss für Umwelt und Technik am 10. Oktober 2024 und der Kreistag am 7. November zustimmen. Angesichts der Kürze der Zeit ist bereits die Entscheidung des Umwelt- und Technikausschusses von entscheidender Bedeutung. Hiermit bitte ich eindringlich darum, dass schon die Sitzungsvorlage für den Ausschuss einen klaren Beschlussvorschlag zur Fortführung des Stundentakts beinhaltet. Dies auch unter dem Vorbehalt der Mitfinanzierung der Kommunen. Alternativ soll der Kreistag über den Einsatz zusätzlicher Busse zu den Hauptverkehrszeiten ab dem .1 Januar 2025 entscheiden. Die jetzige Probephase bis Dezember wurde vom Kreis zu 50 Prozent bezuschusst. Das restliche Defizit hatte Haslach mit 25.000 € und Mühlenbach mit 5.000 € finanziert. Grundsätzlich sollte der kommunale Beitrag aber von allen Gemeinden getragen werden, die von dem verbesserten Fahrangebot profitieren, damit auch die anderen Kommunen der Raumschaft. Eine Verlängerung der Probephase bis Ende 2026 würde der Kreis weiter mit 50 Prozent bezuschussen, der restliche kommunale Betrag beträgt dann monatlich 17.500 €. Eingenommene Fahrgelder können abgezogen werden. Sollte sich der Stundentakt nach einer verlängerten Probephase von zwei Jahren bewähren, wäre es möglich, dass die Kostenbeteiligung der Kommunen komplett entfällt.
Es gibt viele Gründe, warum die Fortführung des Stundentakts im Interesse unserer Gemeinden und der Region liegt:

Umweltschutz und Wirtschaft

Ein gut getakteter ÖPNV ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Verkehrswende und den Schutz unserer Umwelt. Nur durch attraktive Alternativen zum Auto können wir den steigenden Verkehrsaufkommen, auch bedingt durch den neu eröffneten Tunnel - begegnen und den CO2-Ausstoß verringern.
Besonders für Berufspendler ist die derzeitige Busanbindung unzureichend. Viele unserer Bürgerinnen und Bürger haben derzeit keine Möglichkeit, das Auto stehen zu lassen und bequem auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Gerade die Strecke Haslach-Elzach-Freiburg ist als Hauptverkehrsachse zu sehen, mit einer verbesserten Busverbindung könnte man den Verkehrsfluss auf dieser wichtigen Route deutlich entlasten. Auch die Erreichbarkeit von Schulen, Universität, Ausbildungsstätten, Kliniken, Verwaltungen sowie weiteren wichtigen Einrichtungen ist ein zentrales Argument.
Der Schwarzwald ist eine beliebte Tourismusregion und eine verlässliche öffentliche Verkehrsanbindung spielt eine wichtige Rolle für die Erholungsgäste. Zudem profitieren auch lokale Unternehmen, wenn ihre Angestellten und Kunden leichter auf die öffentlichen Verkehrsmittel zugreifen können.

Probezeit zu kurz

Die bisherige Probezeit von September bis Mitte Dezember, der Bus fährt gerade erst seit drei Wochen, ist schlichtweg zu kurz, um verlässliche Ergebnisse über die Nutzung des ÖPNV zu liefern. Insbesondere aufgrund des zu Beginn holprigen Starts, verursacht durch Fahrermangel und anfängliche Unklarheiten in den Fahrplänen, können wir noch nicht von einem eingespielten System sprechen. Bürger benötigen eine gewisse Planungssicherheit. Erst nach einer längeren Erprobungsphase, nach mindestens zwei Jahren, können wir aussagekräftige Ergebnisse erwarten. Bürger müssen das neue System auch zunächst testen, schließlich ist man es mi ländlichen Bereich noch gewöhnt, ausschließlich das Auto zu nutzen. Berufspendler, die vom Kinzigtal aus den ÖPNV Richtung Elzach/ Freiburg nutzen, fahren derzeit über Offenburg und Lahr nach Freiburg oder mit dem Auto nach Elzach, um dort die Bahn zu nehmen. Meistens wird allerdings nur das Auto genutzt, weil alles andere derzeit viel zu umständlich und unverlässlich ist.

Kurzfristige Lösungen - realistisch?

Die Variante, ab dem 1. Januar nach dem Bedarf angepasste Lösungen umzusetzen, klingt auf den ersten Blick sinnvoll, doch wir müssen uns fragen: Wie realistisch sind diese „anderen Lösungen“? In den letzten Jahren konnten leider wenig Verbesserungen für die Pendleranbindung vom Kinzigtal Richtung Elzach/Freiburg umgesetzt werden. Ein Rufauto, wie es in Mühlenbach schon vorhanden ist, ist eine gute Ergänzung, aber es verfolgt eine ganz andere Zielsetzung, zum Beispiel die Möglichkeit für ältere Menschen, Arzttermine wahrzunehmen. Das Rufauto ersetzt keinen zuverlässigen ÖPNV. Bei probeweiser Einführung eines Stundentakts bestünde zudem die Möglichkeit, in Ruhe die Nutzungszahlen auszuwerten und andere mögliche Konzepte auszuarbeiten, sofern der Stundentakt sich in den kommenden zwei Jahren doch nicht bewähren sollte.

Appell

Daher appelliere ich an den Kreistag und an den Umwelt- und Technikausschuss, eine klare Entscheidung zugunsten der Fortführung des Stundentakts zu treffen. Der Ortenaukreis hat bereits wertvolle Schritte in die richtige Richtung unternommen, doch wir dürfen nun nicht auf halbem Weg stehenbleiben. Insbesondere deshalb, weil derzeit der Kreis Emmendingen die Finanzierung eines Busses bis zur Heidburg bei diesem Projekt vollumfänglich übernimmt, um einen kreisüberschreitenden ÖPNV zu gewährleiten. Kommt der Stundentakt bis zur Heidburg ab Januar 2025 nicht zustande, wird auch dieser Bus nicht weiterfinanziert.
Gleichzeitig bitte ich auch meine Bürgermeisterkollegen in der Raumschaft darum, diesen Appell zeitnah an ihre Gemeinderäte weiterzuleiten, damit wir gemeinsam die notwendigen Beschlüsse/Absichtserklärungen über eine Mitfinanzierung fassen können.
Es ist eine notwendige Aufgabe aller beteiligten Gemeinden, unseren Bürgerinnen und Bürgern einen funktionierenden, verlässlichen öffentlichen Nahverkehr anzubieten. Ein Projekt für das gesamte Kinzigtal und die Region. Ich freue mich auf eine weiterhin konstruktive Zusammenarbeit und hoffe auf eine schnelle und positive Entscheidung."

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