Seelsorger im Sondereinsatz
Etwas andere Arbeitsplätze
Offenburg (gr). Simon Schilling geht ins Gefängnis – fast jeden Tag. Der Pastoralreferent kümmert sich in der JVA Offenburg um die Häftlinge. Als Seelsorger kann er ihnen einen geschützten Raum bieten, denn vor den Mitgefangenen will keiner Schwäche zeigen. „Beim Seelsorger können die Gefangenen ihre Masken ablegen, mit denen sie auf den Stockwerken oft Stärke vorspielen, und somit freier reden über ihr Leben, ihre Ängste, ihre verpassten Chancen und der Sehnsucht, straffrei zu leben“, so Schilling.
Pfarrer im Europa-Park
Zwischen Achterbahn und Pommes-Bude spielt sich der Arbeitsalltag von Martin Lampeitl und Andreas Wilhelm ab. „Die Menschen im Freizeit-Park brauchen auch einen Ort für ihre Seele“, weiß Lampeitl, „wir Seelsorger sind als Scharniere zwischen Kirche und Freizeitwelt willkommen.“ Wilhelm ergänzt: „Es ist die Grundmotivation von uns Seelsorgern, mit den Menschen ins Gespräch kommen zu wollen, sich miteinander auszutauschen, was einen trägt, was einem Freude bereitet, aber auch, was einen belastet.“ Die beiden Diakone starteten 2005 das Projekt Europa-Park Rust, inzwischen gebe es eine „Kerngemeinschaft“ von rund 250 Menschen, so Lampeitl. Dazu kommen viele, um zu feiern – die Diakone begleiten pro Jahr rund 80 Taufen, dazu 80 Trauungen und Hochzeitsjubiläen. Ideal, um ins Gespräch zu kommen.
Palliativstation
Ins Gespräch kommen, das will auch Diakonin Martina Herrmann im Ortenau Klinikum Offenburg. Den Schwerpunkt ihrer Arbeit hat sie auf der Palliativstation – die Patienten wissen um ihre begrenzte Lebenszeit. Die Fragen, die Trauer der Menschen in dieser Situation auszuhalten, sei nicht einfach, aber: „Es entsteht ganz viel Nähe und Tiefe, das macht mich dankbar und demütig“, sagt sie. Dabei habe sie immer auch die Angehörigen im Blick, am Sterbebett ebenso wie nach dem Tod des Patienten. Sie weiß: „Gerade die erste Zeit des Abschiednehmens entscheidet oft darüber, wie der Trauerweg weiter geht – eine wichtige Aufgabe daher.“
Notfallseelsorge
Den Tod eines Angehörigen zu akzeptieren, dabei hilft auch die ökumenische Notfallseelsorge, die eng mit Rettungsdiensten, Feuerwehren, der Polizei und den psychosozialen Beratungs- und Therapieeinrichtungen zusammenarbeitet. Laut Sabine Kast-Streib, Leitung Abteilung Seelsorge Evangelischer Oberkirchenrat, gab es 2018 in Baden rund 80 Hauptamtliche, die Notfallseelsorge mit ihrem Dienst in der Gemeinde kombinieren. Einer davon ist Diakon Roland Deusch, koordinierender Notfallseelsorger in der Ortenau. Pro Jahr kommt es zu rund 250 Einsätzen von fünf Arbeitskreisen, die sich alle über das DRK organisieren. Sein Arbeitskreis in der Acher-Rench-Region wird pro Jahr etwa 35 Mal alarmiert, er selbst ist in etwa 25 Einsätzen dabei, meist nach plötzlichem Tod, Suizid oder Unfällen im häuslichen Bereich. „In der Regel entscheiden die Einsatzkräfte vor Ort, ob die Hilfe eines Seelsorgers benötigt wird. Über die integrierte Leitstelle Offenburg werden dann die zuständigen Notfallseelsorger per Funkmeldeempfänger alarmiert. Die Uhrzeit spielt keine Rolle, wir bieten den Betroffenen unsere Unterstützung an. Das kann ein Gespräch sein, das können Fahrdienste sein oder Rituale zur Abschiednahme. Manchmal gilt es auch nur, dass ein Mensch in der Not nicht allein bleibt“, so Deusch.
Polizeiseelsorger
Und wenn die Helfer selbst Hilfe brauchen? Es gibt Supervisionsgruppen, und, speziell für die Polizei, Polizeiseelsorger. Wie Michael Geiger, der „in schweren Zeiten begleitet, stärkt, tröstet". In seiner Funktion als Ethiklehrer in der Polizeischule gehe es vor allem um Reflexion: Was machen Erfahrungen mit Tod, mit Gewalt mit mir? Hilfe für den Berufsalltag.
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