Kita-Gebühren
Eltern müssen zahlen – trotz geschlossener Kindergärten
Ortenau (ds). Paul (Name von der Redaktion geändert) gehört zu den Kleinsten in der Kita. Erst wenige Wochen hat der knapp Zweijährige die kirchliche Einrichtung in Offenburg besucht, als der Lockdown im Dezember kam und die Kita seither geschlossen ist. Er vermisst das Spielen mit anderen Kindern, dass ihm die Abwechslung fehlt, stellen seine Eltern von Tag zu Tag mehr fest. Dabei empört diese vor allem eins: Für die Betreuung ihres Sohnes werden sie nach wie vor zur Kasse gebeten. Der jungen Offenburger Familie geht es wie vielen anderen in der Ortenau. Der Unmut unter ihnen wächst, zumal die Entrichtung der Kita-Gebühren in Corona-Zeiten nicht einheitlich geregelt ist.
Unterschiedliche Handhabung
Die Stadt Lahr beispielsweise, so hat es der Gemeinderat entschieden, erstattet die Betreuungsgebühren anteilig. So werden für das Kindergartenjahr 2020 bis August 2021 mindestens zwei Erstattungen erfolgen. Dabei entspricht eine Erstattung der Hälfte der monatlichen Gebühr, auch Essenspauschalen werden berücksichtigt. "Die erste Erstattung soll bald erfolgen, die zweite zum Ende des Kindergartenjahres", teilt der Gesamtelternbeirat der Kindertagesstätten in Lahr mit. Die Stadt Gengenbach zieht die Kita-Gebühren dagegen weiter in voller Höhe ein und teilt auf Anfrage mit: "Wir warten die Empfehlung der kommunalen Landesverbände ab. Derzeit finden die Verhandlungen über die Corona-Hilfen für Kommunen statt, die einen Teil der Betreuungsgebühren abdecken sollen. Die Entscheidung über den Erlass der Gebühren trifft der Gemeinderat." Auch in Offenburg wird der Beschluss auf Landesebene abgewartet. "Sobald diese bekannt gegeben wird, wird die Stadt Offenburg entsprechend reagieren", heißt es aus der Pressestelle. Ganz anders sieht es etwa in Lauf aus: Eltern, die ihr Kind komplett zu Hause betreuen, müssen für Januar keine Kindergartengebühren bezahlen. Auch die Rathauschefs von Achern, Sasbachwalden, Sasbach, Ottenhöfen, Kappelrodeck, Seebach und Renchen haben sich darauf verständigt, den Einzug der Gebühren auszusetzen, sofern die Notbetreuung nicht in Anspruch genommen wird. Da für die dortigen kirchlichen Kindertageseinrichtungen für den Januar die Gebühren bereits eingezogen worden sind, wird stattdessen im Februar kein Einzug vorgenommen.
Juristische Sicht
Der Betreuungsvertrag enthält häufig eine Klausel, dass vorübergehende Schließungen nicht von der Gebührenpflicht befreien. Ob man im Lockdown noch von „vorübergehend“ sprechen kann, zweifelt Rechtsanwalt Benjamin Schütz von der Offenburger Kanzlei Fahr, Groß, Indetzki an. "Die Vertragsregeln sind in der Regel als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu werten, in denen überraschende oder missverständliche Regelungen dann unwirksam sind. Die Corona-Pandemie könnte auch als höhere Gewalt einzustufen sein, was aber auch nicht zur Gebührenpflicht führen muss. Juristisch geht es um die Unmöglichkeit, den Vertrag zu erfüllen", erläutert Schütz. Könne die eine Seite den Vertrag nicht erfüllen, sei auch die andere Seite nicht mehr zur Gegenleistung verpflichtet. "Es gibt hier keine hundertprozentige Klarheit, ich gehe aber davon aus, dass Eltern die Gebühr während der Schließzeiten nicht zu entrichten haben, schließlich sind sie unverschuldet in der Situation", so der Anwalt weiter. So könnten Eltern beispielsweise die schon erfolgte Lastschrift zurückgeben, dann sei es am Vertragspartner, zu handeln und im Zweifel zu klagen. "In diesem Fall besteht aber die Gefahr, dass der Vertrag gekündigt wird", warnt Benjamin Schütz. Noch stehe die Entscheidung aus, aber sollte von staatlicher Seite entschieden werden, Kommunen und Einrichtungen in Bezug auf Kindergartengebühren zu entlasten, müsste diese Entlastung an die Eltern weitergegeben beziehungsweise zurückgezahlt werden.
Entgegen des Vorgehens in anderen Bundesländern, plant Baden-Württemberg, die Kindertagesstätten ab dem 1. Februar wieder zu öffnen – sofern es die aktuellen Infektionszahlen dann zulassen.
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