Sternsinger kommen nur noch auf Bestellung
Besuch von Tür zu Tür wird seltener

Rund um den 6. Januar sind wieder die Sternsinger unterwegs. | Foto: sp
  • Rund um den 6. Januar sind wieder die Sternsinger unterwegs.
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Ortenau (gro/bos/ds/rek/dh). Rund 300.000 Sternsinger ziehen in ganz Deutschland rund um den 6. Januar von Tür zu Tür, segnen Häuser und Wohnungen und sammeln Spenden für notleidende Kinder in der ganzen Welt. Doch die Kinder, die sich im Namen der katholischen Kirche an der Aktion beteiligen, sind nicht mehr überall willkommen. Deshalb muss in immer mehr Pfarreien der Besuch der Sternsinger vorab vereinbart werden.

So gab beispielsweise die katholische Kirchengemeinde Friesenheim jüngst bekannt, in Oberschopfheim nicht mehr am Dreikönigstag selbst von Haus zu Haus zu ziehen. Stattdessen werden die Sternsinger nur noch an zwei Tagen, am 4. und 5. Januar, das Zeichen "20+C+M+B+18" an Haustüren anbringen – und das nur auf Bestellung.

Diese Regelung wird im evangelisch geprägten Kehl schon lange so gehandhabt. "Die Tradition der Sternsinger gibt es seit Jahrzehnten in Kehl", stellt Pfarrer Thomas Braunstein aus Kehl fest. "In Marlen, Goldscheuer und Kittersburg ist der Besuch von Tür zu Tür noch die Regel. In Kehl selbst werden seit sehr vielen Jahren nur diejenigen besucht, die diesen auch wünschen. Hierzu gehören mittlerweile auch zahlreiche evangelische Christen." Wie eng die Zusammenarbeit zwischen den beiden christlichen Kirchen ist, zeigt die Tatsache, dass im stark evangelisch geprägten Auenheim die Sternsinger im evangelischen Gotteshaus ausgesandt werden. "Die Tradition ist hier gut ökumenisch geworden", so Braunstein.

Freiwillige, die sich an der Spendenaktion beteiligen, finden sich immer. "In den katholisch geprägten Orten Marlen, Goldscheuer und Kittersburg finden sich immer deutlich mehr Kinder für diesen Brauch. In den beiden Kehler Kirchengemeinden ist es schwieriger, Freiwillige zu finden", beschreibt Braunstein die Lage. "Insgesamt sind in Kehl-Stadt und Sundheim so um die 20 bis 25 Kinder und Jugendliche unterwegs. In den Dörfern sind es in der Regel mehr als 30." Schlechte Erfahrungen machen die Sternsinger in Kehl keine, schließlich werden sie erwartet. "In den katholischen Ortsteilen, beim Tür-zu-Tür-Gehen, gibt es immer wieder einige, die Unverständnis äußern oder unfreundlich sind", bedauert Braunstein. "Die überwiegende Mehrheit freut sich über den Besuch und über den Segen über der Eingangstür."

Organisiert wird die Aktion in der katholischen Gemeinde in Kehl von der Gemeinderreferentin Elisabeth Humpert, die für Marlen, Goldscheuer, Kitterburg und Eckartsweier verantwortlich ist, sowie vom Pastoralrefenten Martin Kramer. "Natürlich gibt es dazu Jugendliche oder Erwachsene, die die Gruppen begleiten oder für diese kochen", so Braunstein.

In Lahr kommt der Sternsinger-Nachwuchs meist aus kirchlichen Jugendgruppen wie der Katholischen jungen Gemeinde, der Landjugend, den Pfadfindern oder Ministranten. "Es gibt aber auch noch andere Freiwillige. Wenn Kinder und Jugendliche daran Spaß haben, kommen meist auch Freunde dazu. Das Engagement ist sehr persönlich und natürlich eine Frage der Motivierten vor Ort", erklärt Martin Wichmann von der Katholischen Kirche "An der Schutter" in Lahr. Organisiert wird die Sternsinger-Aktion von den örtlichen Pfarrgemeinden. "Manchmal sind es Gemeindeteams, manchmal Mesner oder Seelsorger, das ist ganz verschieden und von den örtlichen Traditionen abhängig", erklärt Wichmann. 

Ludwig Paulus begleitet die Hausacher Sternsinger. Seinen Erfahrungen zu Folge werden sie zu 90 Prozent positiv in Empfang genommen. "Es kommt jedoch auch vor, dass sie unfreundlich empfangen werden. Das ist dann natürlich nicht sehr erfreulich für die Kinder. Aber man weiß nie, warum die Menschen so reagieren, wie sie reagieren. Wenn bereits im Vorfeld klar ist, dass jemand nicht besucht werden möchte, dann haben wir dafür Verständnis und das wird natürlich akzeptiert", erklärt er.

"In Hausach gehen Sternsinger von der vierten Klasse bis zum Alter von 18 Jahren von Haus zu Haus", berichtet Paulus. "Die Kinder benötigen Durchhaltevermögen beim Laufen, daher beginnen sie erst ab der vierten Klasse." Von 11 bis 19 Uhr sind die rund 45 Jungen und Mädchen in der Stadt und in den Seitentälern unterwegs. Aufgeteilt sind sie in fünf Gruppen. Einige der Sternsinger machen für ein oder zwei Jahre mit, andere sind schon das sechste oder achte Mal dabei.

Die Täler besuchen sie in diesem Jahr noch am 6. Januar, in der Stadt sind sie noch heute und morgen unterwegs. "Sie kommen an jedes Haus, auch zu den Hausacher Hochhäusern. Hier liegen oft mehrere Wohnungen auf einer Etage", erklärt Paulus. "Dann klingeln die Sternsinger bei den Wohnungen einer Ebene und singen im Flur." Der Segen an der Türe ist für viele Hausacher wichtig, das weiß auch Ludwig Paulus: "Den Segensspruch zu haben und ein gutes neues Jahr gewünscht zu bekommen, das gehört für die meisten Hausacher dazu. Viele freuen sich auf denBesuch. Sie rechnen damit, dass die Kinder und Jugendlichen kommen und warten bereits."

Das Verfahren wurde auch für St. Cyriak in Oberkirch geändert. Erstmals kommen die Sternsinger nur in die Häuser, in die sie vorher eingeladen wurden. Im vergangenen Jahr wurde dafür ein Aufruf gestartet und die Interessierten mussten sich entsprechend anmelden. Diese Veränderung hat viele Gründe: Die Zahl derjenigen, die die Aktion organisieren und durchführen, nimmt seit Jahren ab. "Diejenigen, die noch mitmachen, werden an einer wachsenden Zahl von Haustüren unfreundlich abgewiesen und mitunter sogar beleidigt. Das senkt auch die Motivation bei denen, die noch dabei sind, weiterzumachen", teilt die Seelsorgeeinheit Oberkirch mit. Mit Blick auf jene Kinder, die bereit seien, bei der Aktion mitzumachen, würden daher die Besuche neu organisiert.

In der großen Offenburger Seelsorgeeinheit St. Ursula sind 14 Pfarreien zusammengefasst – von Windschläg im Norden bis Zunsweier im Süden. Längst nicht mehr in allen Gemeinden laufen Jugendliche als Sternsinger von Tür zu Tür. Vielfach sind vorab Termine zu vereinbaren oder der Besuch der Sternsinger muss bestellt werden. So ist in der Gemeinde der Heiligen Dreifaltigkeit in der Oststadt der heutige Mittwoch der Sternsingertag. In Offenburgs südlichen Stadtteilen teilen sich die Jugendlichen die Aktion auf drei Tage auf und laufen in Hildboltsweier am 4. Januar, in Uffhofen am 5. und einen Tag später, dem Tag der heiligen Drei Könige, in Albersbösch. Auch hier konnte im Vorfeld der Besuch der Sternsinger vereinbart werden. In der Innenstadtgemeinde Heilig Kreuz gibt es aufgrund einer fehlenden Ministrantengruppe keine eigene Sternsinger-Aktion. Diese und andere Pfarreien sind auf die Unterstützung von Nachbarpfarreien angewiesen. Auch in den Reblandgemeinden wie Rammersweier und Zell-Weierbach sind Kaspar, Melchior und Balthasar an mehreren Tagen unterwegs, um den Segen in die Häuser zu tragen.

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