Orientierung für Flüchtlinge
40 Teilnehmer schnuppern in Berufe
Ortenau (suwa) Insgesamt 40 Flüchtlinge im Alter zwischen 16 und 24 Jahre nehmen derzeit an einer Berufsorientierung teil. Während acht Tagen können sie bei der Gewerbe Akademie der Handwerkskammer Freiburg an den Standorten Offenburg, Lahr und Appenweier sowie beim IHK-Bildungszentrum Offenburg in verschiedene Berufe schnuppern. Ziel ist es, für die jungen Frauen und Männer in Betrieben zunächst Praktikumsplätze zu finden, um später eine Ausbildung anstreben zu können.
Die Teilnehmer kommen aus den Vorbereitungsklassen der Beruflichen Schulen Kehl (zehn Teilnehmer) und der Gewerblich-Technischen Schulen Offenburg (30 Teilnehmer). Die Flüchtlinge aus Syrien, Gambia, Iran, Irak und Afghanistan bringen ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit. Einige haben schon eine Schul- beziehungsweise Ausbildung oder berufliche Tätigkeit in ihren Heimatländern ausgeübt. Andere haben keine Schulbildung, aber gearbeitet.
„Genauso ist auch das Sprachniveau. Manche Teilnehmer sind erst drei Monate in Deutschland, andere schon eineinhalb Jahre“, verdeutlichte Elina Giss von der Handwerkskammer Freiburg. Die Erziehungswissenschaftlerin ist kammerweit für die Berufsorientierung an Gymnasien sowie für Berufsorientierung an Realschulen und Flüchtlinge in der Ortenau zuständig. Wenn auch die Kommunikation schwierig ist, lässt sich durch die vornehmlich handwerkliche Tätigkeit Berufswissen vermitteln. „Das klappt wirklich sehr gut und die Flüchtlinge helfen sich auch untereinander.“ Die Gruppen sind gemischt und setzten sich aus 30 Männern und zehn Frauen zusammen. Die Berufsorientierung für Flüchtlinge findet nach einem Pilotprojekt im Jahr 2016 nun zum zweiten Mal in der Ortenau statt.
Alle Teilnehmer konnten in der Gewerbe Akademie am Standort Appenweier in den Bereichen Holztechnik, Elektrotechnik, Friseur und Kosmetik sowie Metallberufe und Zweiradmechatroniker schnuppern. Am Standort Lahr war es der Malerberuf, der erkundet werden konnte. Das IHK-Bildungszentrum in Offenburg bot Einblicke in kaufmännische Berufe, Mechatronik, Medientechnik, IT mit Software und Hardware. Zum Teil wurden auch Alltagsgegenstände gefertigt wie ein Bilderrahmen, Werkzeugkiste und Verlängerungskabel, die mitgenommen werden durften. Sonst reichte das Spektrum von Lötarbeiten über Entwurf einer Uhr in Medientechnik bis hin zu Reparaturen am Rad oder dem Vorbereiten und Streichen der Wände.
In der Gewerbe Akademie am Standort Offenburg nahm jeder Einzelne an einer Kompetenzanalyse teil. Auch ein EDV-Training mit Grundfunktionen in Word und Excel zählte zum Angebot.
Fast jeder konnte jedes Gewerk ausprobieren. Die 40 Schüler waren in vier Gruppen mit je zehn Beteiligten eingeteilt und so konnte parallel an allen Standorten agiert werden. Für die Kehler Flüchtlinge hat die Bürgerstiftung Kehl die Fahrkosten mit dem ÖPNV für die Flüchtlinge übernommen. Die Berufsorientierung wird vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg und aus Eigenmitteln der Handwerkskammer Freiburg finanziert.
In Gesprächen werden nun an die Teilnehmer Rückmeldungen zu Interesse, Sorgfalt, Teamfähigkeit, berufliche Eignung, Zuverlässigkeit, Leistungsbereitschaft und Arbeitsleistung geführt. Hierzu haben alle Dozenten die Schüler beurteilt, aber auch die Flüchtlinge selbst haben im Vorfeld des Gesprächs eine Selbsteinschätzung abgegeben. Ziel ist es, nun ein Praktikum anzusteuern.
Auch mit Hilfe der App „Lehrstellenradar“ erhalten die Teilnehmer geeignete Betriebe an die Hand, in denen sie sich bewerben können. „Die Betriebe sind offen dafür, Flüchtlinge aufzunehmen“, sagt Elina Giss. Das größere Problem liege darin, später im Ausbildungsberuf Prüfungen in Deutsch zu schreiben. Viele sind sich der Bedeutung einer Ausbildung bewusst, droht ihnen doch keine Abschiebung solange sie im Lehrverhältnis stehen. „Die meisten Teilnehmer waren sehr ehrgeizig, motiviert und pünktlich.“
Im Kammerbezirk wurden im Jahr 2017 insgesamt 271 Ausbildungsverhältnisse mit Flüchtlingen geschlossen.
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