Klimaschutz im Alltag: Manuel Birk im Gespräch
"Verhaltensänderungen können bereits Energie einsparen"
Ortenau (mak). In Zeiten, in denen die Sensibilisierung für den Klimawandel besonders groß ist und die Energiewende in vollem Gange ist, wollen viele Menschen wissen, was sie in ihrem Alltag tun können, um Energie einzusparen. Welche Möglichkeiten es gibt, verrät Energieberater Manuel Birk von der Ortenauer Energieagentur im Gespräch mit Matthias Kerber.
Wie können energetische Schwachstellen in der Wohnung oder dem Haus am besten aufgespürt werden?
Eine erste Möglichkeit ist es, seine jährlichen Energieverbräuche zu prüfen und anhand von Vergleichswerten einzuordnen, um festzustellen, in welchen Bereichen Potentiale bestehen. Die Vergleichswerte für die Stromverbräuche richten sich meist nach Anzahl der Nutzer und Gebäudetyp, die Vergleichswerte für die Wärmeverbräuche nach Gebäudealter und Wohnfläche. Solche Vergleichswerte sind beispielsweise unter www.stromspiegel.de sowie unter www.heizspiegel.de/heizkosten-pruefen/heizspiegel/ zu finden.
Um energetische Schwachstellen jedoch am besten aufzuspüren, ist es sinnvoll, einen unabhängigen Energieberater zu Rate zu ziehen, um einen ganzheitlichen Überblick über das Gebäude oder die Wohnung zu erhalten. Dies ist beispielsweise durch einen Gebäude-Check der Verbraucherzentrale für einen Eigenanteil von 30 Euro sehr einfach möglich. Dazu kommt ein Energieberater der Verbraucherzentrale oder der Ortenauer Energieagentur vor Ort und begutachtet die Gebäudehülle, die Heizungsanlage und die elektrischen Verbraucher unter energetischen Gesichtspunkten. Außerdem werden die Energieverbräuche beurteilt und anbieterunabhängig und individuell gezeigt, wie sowohl mit kleinen Maßnahmen und Verhaltensänderungen als auch mit energetischen Sanierungen, gezielt Energie eingespart werden kann. Mehr Informationen gibt es bei der Verbraucherzentrale unter Telefon 0800/809802400 oder direkt bei der Ortenauer Energieagentur unter 0781/9246190.
Welche Maßnahmen zur Energieeinsparung und Klimaschutz lassen sich für Wohnungs- und Hauseigentümer schnell und kostengünstig umsetzen?
Was den Stromverbrauch angeht, kann mit dem Austausch der Beleuchtung auf LED-Technik oder einer modernen, hocheffizienten Heizungspumpe schon viel bewirkt werden. Durch den Einsatz von LED-Lampen sind im Vergleich zu konventionellen Glüh- und Halogenlampen Einsparungen von etwa 90 Prozent zu erwarten. Mit dem Austausch einer handelsüblichen Heizungspumpe lassen sich im Einfamilienhaus rund 90 Euro Stromkosten pro Jahr einsparen. Auch der Austausch von elektrischen Haushaltsgeräten wie zum Beispiel Kühl- oder Gefriergeräten macht Sinn, wenn diese bereits eine Lebensdauer von etwa 15 Jahren überschritten haben.
Um den Heizenergieverbrauch schnell und kostengünstig zu reduzieren, empfehlen sich zum einen eine sinnvolle, bedarfsgerechte Einstellung der Heizungsregelung (Heizzeiten und Heizkurve) und eine angemessene Temperierung der Räume. Die Reduzierung der Raumtemperatur um ein Grad Celsius spart beispielsweise etwa sechs Prozent Heizenergie. Für eine optimale Temperierung der Räume können elektronische Thermostatventile empfohlen werden. Diese lassen sich relativ kostengünstig und einfach nachzurüsten. Auch die Durchführung eines sogenannten hydraulischen Abgleichs der Heizungsanlage ist sinnvoll. Dieser wird von einem Fachhandwerker durchgeführt und bewirkt eine gleichmäßige Verteilung des Heizungswassers und somit der Wärme im Gebäude, wodurch in der Regel im Anschluss die Vorlauftemperatur der Heizung verringert werden kann. Hierdurch lassen sich durchschnittlich etwa zehn bis 15 Prozent Energie einsparen. Durch die eine gleichmäßige Temperierung der Räume wird dadurch außerdem ein Komfortgewinn erzielt. Sowohl der Pumpentausch als auch ein hydraulischer Abgleich kann vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit 30 Prozent gefördert werden.
An welchen Stellen sind energetische Sanierungsmaßnahmen sinnvoll? Gibt es eine bestimmte Reihenfolge der Maßnahmen, die zuerst in Angriff genommen werden sollten?
Dies kommt ganz auf den jeweiligen Zustand der entsprechenden Gebäude an. Generell weisen jedoch Fassaden- oder Dachdämmungen aufgrund ihrer großen Flächenanteile die größten Einsparpotentiale auf. Aber auch durch die Erneuerung einer alten Heizungsanlage können zukünftige Energie- und Kosteneinsparungen erzielt werden. Sinn macht eine energetische Sanierung auf jeden Fall dann, wenn ohnehin Maßnahmen zur Erneuerung durchgeführt werden. Beispielsweise kann eine Außenwanddämmung bei einer sowieso geplanten Erneuerung der Fassade (neuer Putz oder Anstrich) mit einem überschaubaren Mehraufwand erfolgen, da die Kosten für Gerüststellung, Putz und Farbe ohnehin zu tragen sind und in Verbindung mit einer energetischen Sanierung sogar mitgefördert werden können. Was die Reihenfolge angeht, ist vor allem bei einer Erneuerung der Fenster Vorsicht geboten. Vor allem wenn die Außenwand schon ein gewisses Alter erreicht hat und ungedämmt ist, kann es nach dem Fenstertausch schnell zu Schimmelproblemen kommen, da die neuen Fenster sehr dicht sind und die Feuchtigkeit im Gebäude nun an der kalten Außenwand kondensiert. Daher sollten am besten die Außenwände zusammen mit dem Fenstertausch gedämmt werden, was gleichzeitig eine erleichterte Fenstereinbindung in die Dämmebene schafft. Außerdem kann der Einsatz einer mechanischen Lüftungsanlage in Erwägung gezogen werden. Unabhängig von anderen Maßnahmen kann zum Beispiel die oberste Geschossdecke und die Kellerdecke gedämmt werden. Diese Maßnahmen sind vergleichsweise relativ kostengünstig und einfach umsetzbar.
Welche Alternativen gibt es zum Heizen mit fossilen Brennstoffen? Für wen ist eine etwaige Umrüstung sinnvoll?
Generell kommen als Alternativen zum Beispiel Biomasseanlagen, wie Holz- oder Pelletkessel, Wärmepumpen oder der Anschluss an ein eventuell vorhandenes Fernwärmenetz in Frage. Doch auch in diesem Fall muss individuell, je nach Gebäude, entschieden werden. Eine Wärmepumpe macht beispielsweise meist nur in Verbindung mit einer Fußbodenheizung und/oder einer gut gedämmten Gebäudehülle Sinn, da nur hierbei die geforderten niedrigen Vorlauftemperaturen möglich sind. Für eine Pelletheizung benötigt man wiederum einen Lagerplatz zur Lagerung der Pellets und ein Fernwärmenetz ist bisher nur in wenigen Gebieten vorhanden. Eine Umrüstung ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Heizungsanlage bereits ein gewisses Alter von etwa 20 bis 25 Jahren überschritten hat oder schon mehrfach Störungen aufwies. Gerade im Hinblick auf die ab nächstes Jahr eingeführte CO2-Bepreisung macht ein Umstieg auf regenerative Energiequellen Sinn. Durch diese werden die Preise für die Energieträger Öl und Gas in den nächsten Jahren schrittweise immer weiter ansteigen. Begonnen wird ab nächstes Jahr mit einem Mehrpreis von umgerechnet knapp acht ct pro Liter Öl und rund fünf ct pro Kubikmeter Erdgas, welcher dann schrittweise, jährlich erhöht wird. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch eines Einfamilienhauses von 2.500 Litern Öl macht das bereits 2021 ein Mehrpreis von rund 200 Euro. Bis zum Jahr 2025 sollen sich diese CO2-Preise mehr als verdoppeln. Gerade für Nutzer einer alten Öl-Heizung lohnt sich die Umstellung auf eine neue Heizung auf Basis erneuerbarer Energien sehr, da seit Anfang des Jahres, zusätzlich zur normalen Förderung, eine Öl-Austauschprämie in Anspruch genommen werden kann.
Welche Förderungsmöglichkeiten gibt es?
Generell hat sich im Bereich Förderungen seit diesem Jahr viel getan. Zum einen werden Öl- sowie reine Gasheizungen nicht mehr gefördert und zum anderen wurden alle anderen Fördersätze deutlich erhöht. Vom BAFA können nun für Gas-Hybrid-Heizungen und Solarthermieanlagen Förderungen in Höhe von 30 Prozent und für Wärmepumpen, Pellet- und Holzheizungen Förderungen in Höhe von 35 Prozent der gesamten Investitionskosten beantragt werden. Beim Austausch einer alten Öl-Heizung liegen diese Fördersätze nochmals um jeweils zehn Prozent höher. Maßnahmen zur energetischen Sanierung der Gebäudehülle können von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert werden. Für Einzelmaßnahmen können beispielsweise Zuschüsse von 20 Prozent oder zinsgünstige Kredite mit Tilgungszuschüssen von ebenfalls 20 Prozent beantragt werden. Wichtig ist die Antragstellung der gewünschten Förderprogramme vor Maßnahmenbeginn. Eine detaillierte, kostenfreie Fördermittelberatung kann bei der Ortenauer Energieagentur in Anspruch genommen werden.
Was kann jeder Einzelne im Alltag tun, um Energie einzusparen und das Klima zu schützen?
Unabhängig von Sanierungsmaßnahmen kann im Alltag auch oft schon durch Verhaltensänderungen Energie eingespart werden. Ein sinnvoller Umgang mit Energie und Ressourcen wie ist hierbei ein erster Ansatzpunkt. Einige von vielen Beispielen hierzu sind die Nutzung regionaler Produkte, die Reduzierung des Fleischkonsums, die Vermeidung von Standby-Verbräuchen elektrischer Geräte und gerade in Städten die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Was den Heizenergieverbrauch angeht, sollte zu der bereits angesprochenen, angemessenen Temperierung der Gebäude auch auf das Lüftungsverhalten geachtet werden. Kurzes Stoßlüften ist deutlich effektiver als dauerhaftes Kipplüften. Denn bei Kipplüftung dauert es deutlich länger bis die Raumluft ausgetauscht ist und es muss daraufhin nicht nur die frische Raumluft wieder erwärmt werden, sondern zusätzlich auch die dadurch ausgekühlten Wände.
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