IHK zu Einwanderung
Hoffen auf Fachkräfte jenseits der Grenzen
Ortenau (rek). Die Auftragsbücher sind in der Regel gut gefüllt, der Arbeitsmarkt nähert sich der Situation vor der Pandemie. Unternehmen und Betriebe aller Branchen suchen händeringend nach Fachkräften. Hilft für Betriebe aus Industrie und Handel ein Blick nach Frankreich im Elsass, um die Situation zu entspannen?
IHK-Präsident Eberhard Liebherr nennt dazu eine Zahl aus dem aktuellen Konjunkturbericht: "Vor einem Jahr hätten nur 28 Prozent der Unternehmen ausländische Fachkräfte eingestellt; inzwischen sind es 45 Prozent, die trotz des Mehraufwands etwa mit Sprachkursen im Ausland suchen würden." Da die Deutschkenntnisse bei jungen Leuten jenseits des Rheins immer weniger ausgeprägt seien, führe an Sprachkursen beinahe kein Weg mehr vorbei. "Allerdings ist auch in Frankreich der Fachkräftemangel hoch. In manchen Branchen sind bei uns allerdings die Gehälter besser, das macht die Arbeit diesseits des Rheins wiederum attraktiver", zieht Liebherr einen Vergleich.
Werben für die duale Ausbildung
"Beim Blick auf die Ausbildung französischer Jugendlicher können wir sagen, dass die Kooperation mit dem Elsass gut läuft. Wir werben im Elsass sehr für die duale Ausbildung in Deutschland, es ist ein gutes Angebot für Nicht-Akademiker, das es so in Frankreich nicht gibt", nennt Liebherr einen weiteren Unterschied. Es werde dauerhaft ein strategisches Ziel bleiben, den Arbeitsmarkt grenzüberschreitend durchlässiger zu machen. "Die ultimative Lösung für den Fachkräftemangel bei uns ist das aber nicht", stellt der IHK-Präsident klar.
Arbeitskräfte sparen durch Digitalisierung? In Sachen mobiles Arbeiten hätten die Unternehmen in Industrie und Handel enorm viel unternommen. "Ich kann auch einen Schub erkennen, wenn es darum geht, Medien- und Systembrüche in Prozessen digital zu überwinden", so Liebherr. Jedoch sei der Weg mühsam und "kein Schnell-schnell-Projekt". In diesen Fragen seien die Anfragen bei den Digitalisierungsberatern der IHK hoch und Bewegung sei spürbar.
Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, müssen weitere juristischen Voraussetzungen geklärt werden, betont Liebherr. Hier gebe es noch viele Ungenauigkeiten: "Denken Sie an die teils nicht bekannte Unterscheidung zwischen Homeoffice und mobiler Arbeit. Auch die Unternehmenskultur samt Führungskonzeption steht auf dem Prüfstand, da Arbeiten auf Distanz bei jenen, die im Betrieb arbeiten müssen, weil sie beispielsweise in der Fertigung beschäftigt sind, zu subjektiv gefühlten Ungerechtigkeiten führen kann", nennt der IHK-Präsident Beispiele.
Wichtig sei auch zu klären, was Arbeiten im Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bedeutet. "Ist es in Ordnung, wenn zwischendurch die Wäsche gewaschen wird oder ein Kind ein Pflaster bekommen muss?", lautet seine rhetorische Frage und gibt gleich die Antwort: "Natürlich ist es das." Es sei einfach deutlich zu machen, was in Ordnung sei und was nicht. Selbstorganisation und Vertrauen seien dabei die Schlagworte der Zeit. Letztendlich brauche es individuelle, auf die jeweilige Lebenssituation angepasste Lösungen. Dies erfordere, dass das direkte Gespräch gesucht wird. Das brauche allerdings auch eine Offenheit sowie Flexibilität im Kopf gegenüber anderen Gestaltungsmöglichkeiten von Arbeitsabläufen, so Liebherr.
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