Berufe mit Zukunft
Frauen im Handwerk

Foto: KHW Ortenau

Frauen sind im Handwerk auf dem Vormarsch: Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) erfolgt mittlerweile fast jede vierte Gründung im Handwerk durch eine Frau. Mehr als jede sechste erfolgreiche Meisterprüfung wurde 2017 von einer Frau absolviert (16,8 Prozent) und jeder fünfte Handwerksbetrieb (19,4 Prozent) wird von einer Frau geführt. Nicht zu vergessen, dass 75 Prozent der Handwerksbetriebe Familienbetriebe sind, die von einem Paar gemeinsam geleitet werden. Das heißt, Frauen gehören in vielfältigen Positionen zu den Leistungsträgerinnen in Handwerksbetrieben. Als selbstständige Unternehmerin, Meisterin, Gründerin, in der Doppelspitze mit dem Partner oder als Nachfolgerin im Familienbetrieb haben sie sich ihren Platz in Führungspositionen erobert.

Zahlen und Fakten

Doch es gibt noch Luft nach oben: Von den 368.033 Auszubildenden aller Lehrjahre im Handwerk (Stand 2018) sind 70.555 Frauen am Werk – in Baden-Württemberg sind von insgesamt 48.237 Auszubildenden 9.744 weiblich. Bei ihnen steht der Friseurberuf nach wie vor auf Platz eins, weit oben auf der Beliebtheitsskala rangieren auch die Berufe Maßschneiderin (Frauenanteil 81,9 Prozent), Goldschmiedin (79,1 Prozent), Konditorin (82,1 Prozent) und Augenoptikerin (68,9 Prozent). In den gewerblich-technischen Berufen bleiben Frauen insgesamt noch unterrepräsentiert, wobei einzelne technische Berufe, etwa Zahntechnikerinnen (55,1 Prozent) oder Orthopädieschuhmacherin (43,0 Prozent) bei Frauen durchaus beliebt sind. Deutlich gestiegen ist der Anteil junger Frauen, die Bäckerin, Malerin und Lackiererin oder Tischlerin werden. Interessant: Der Beruf des Konditors, der früher ganz klar von Männern dominiert war, zählt heute zu den beliebtesten Berufen bei weiblichen Auszubildenden (79,3 Prozent).

Karrierechancen

Klar ist: In den vielen zukunftsorientierten Handwerksberufen haben Frauen vielfältigere Karrierechancen als in anderen Branchen. Das betont auch Christiane Hollnberger, Geschäftsführerin von Hollnberger Fensterbau in Oberkirch und Obermeisterin der Glaser-Innung Ortenau: „Besonders im Bereich Reparaturserviceleistungen hat der Fensterbau eine hervorragende Zukunftsperspektive. Ich bin überzeugt, dass Bestanderhaltung und die daraus resultierende Ressourcenschonung immer wichtiger und notwendiger wird. Unser Beruf ist sehr vielfältig, abwechslungsreich und ungemein interessant. Es gibt genügend Entfaltungs- und Einsatzmöglichkeiten für weibliche Glaser, als Chefin zum Beispiel kann man den Ausbildungsverlauf steuern und den körperlichen Einsatz entsprechend eingrenzen." Christiane Hollnberger bedauert sehr, dass es in ihrem Betrieb zur Zeit keine weibliche Auszubildende gibt, ist sich jedoch bewusst, dass die teilweise hohen körperlichen Anforderungen viele Frauen abschrecken.

Moderne Technologie

Dabei eignen sich durch die technologische Entwicklung inzwischen viele handwerkliche Berufe in zunehmendem Maße auch für Frauen. Denn die körperlichen Belastungen sind durch die Digitalisierung geringer geworden. Viele Prozesse werden mittlerweile digital gesteuert oder beinhalten technische Lösungen. Und zusätzliche innovative „Werkzeuge“ sind längst Standard – übrigens durchaus auch zum Wohle der männlichen Arbeitnehmern. Aus einer Umfrage der ZDH gemeinsam mit dem Digitalverband Bitkom geht hervor, dass fast 60 Prozent der Handwerksbetriebe bereits auf Softwarelösungen setzen, um ihre betrieblichen Abläufe zu steuern. Jeder vierte Betrieb nutzt die moderne Technologie für die Produktion. Auch Bäcker und Metzger produzieren heutzutage mit digital gesteuerten Maschinen. In Tischlereien werden Tische in CAD-Programmen geplant oder online konfiguriert, die Platten dafür werden in kooperativer Auslastungsoptimierung und von Robotern gesägt.

Führungskultur

Dazu kommt, dass in den Führungsetagen des Handwerks von morgen ganz neue Themen in den Mittelpunkt rücken – so beispielsweise Arbeitsklima, Führungskultur, Kommunikation, Gestaltung von Arbeitsorganisation und Arbeitszeit, Work-Life-Balance sowie Personalentwicklung. Neben Kreativität und Handwerkskunst sieht auch Andreas Drotleff, Kreishandwerksmeister der Ortenau, gerade in diesen Bereichen gute Karrierechancen für die Kolleginnen im Handwerk: „Frauen gehen Probleme anders an, bringen neue Sichtweisen und zeigen innovative Lösungswege auf. Außerdem sind sie kommunikativer und sorgen so für ein besseres Arbeitsklima".
Gabriele Ritter

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