Ihr Begleiter durch die Woche
Weiter wirken oder vielleicht doch ruhen?
Was für ein schöner Frühlingstag! Nach einem trüben Winter erscheint das Aufblühen der Natur wie eine neue Schöpfung. Draußen scheint die Sonne – und ich sitze am Schreibtisch. Wie so häufig stellt sich die Frage: Nutze ich diesen Freitagnachmittag, um in Ruhe noch etwas fertig zu machen, ungestört von Anrufen und neuen Mails? Oder lasse ich die Arbeit liegen und gehe ins Wochenende?
Oft stellen sich noch grundsätzlichere Fragen. Mir kommt ein häufig zitierter Satz von Karl Marx in den Sinn, dessen 200. Geburtstag bald begangen wird: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt darauf an, sie zu verändern.“ Friedrich Engels hat den Gegensatz noch verschärft und ein „aber“ eingefügt. Ist Denken und Handeln tatsächlich ein Widerspruch? Am Schreibtisch muss ich mich entscheiden: weiterarbeiten oder ins Wochenende gehen. In meinem Leben aber sollte beides in einem guten Verhältnis stehen. „Bete und arbeite“ gilt als ein Wahlspruch der Mönche. Während Mystiker oft als weltfremd gelten, sind viele von ihnen aktiv und stehen mit beiden Beinen im Leben.
Auf der ersten Seite der Bibel ist Gott tätig: In sechs Tagen erschafft er die Welt. Sein Werk ist aber erst vollendet mit dem siebten Tag – dem Ruhetag als Krone der Schöpfung. Mit Blick darauf schreibt Angelus Silesius: „Fragst du, was Gott mehr liebt, ihm wirken oder ruhn? Ich sage, dass der Mensch, wie Gott, soll beides tun.“
Clemens Bühler, Leiter
des katholischen Bildungszentrums Offenburg
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