Abschied in den Ruhestand
Sie liebt die Begegnung mit Kunst und Künstlern

Ihren Schreibtisch im Museum im Ritterhaus wird Gerlinde Brandenburger-Eisele am Montag räumen, die Liebe zur Kunst wird sie immer begleiten. | Foto: Michael Bode
  • Ihren Schreibtisch im Museum im Ritterhaus wird Gerlinde Brandenburger-Eisele am Montag räumen, die Liebe zur Kunst wird sie immer begleiten.
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Offenburg. Ihren Abschied hatte sie sich etwas anders vorgestellt, auf jeden Fall nicht mit einer wegen Corona geschlossenen Städtischen Galerie. "Mein Ausklang war mezzo-mezzo", sagt Gerlinde Brandenburger-Eisele, stellvertretende Abteilungsleiterin Archiv, Museum und Kuratorin für Kunst in Offenburg. Am Montag ist ihr letzter Arbeitstag, ab Dienstag ist sie in Ruhestand.

Geboren wurde die Frau mit Kunstsinn 1955 in Hockenheim. "Ich habe auf der Rennstrecke Fahrradfahren gelernt", erzählt sie. "Damals existierte das heutige Motodrom nicht, dort gingen an den rennfreien Wochenenden die Familien spazieren." Sie besuchte die Realschule und machte auf dem Wirtschafts-Gymnasium in Mannheim ihr Abitur. "Meine Lehrer haben mein Interesse an Kunst und Kultur geweckt", erinnert sie sich. Hinzu kamen Besuche in der Städtischen Kunsthalle Mannheim und ein Buch. "Als ich in der 'Deutschstunde' von Siegfried Lenz über verbotene Bilder las, war ich hin und weg", sagt Gerlinde Brandenburger-Eisele und begeisterte sich nicht nur für die Werke von Emil Nolde, der hinter der Romanfigur des Malers Max Ludwig Nansen steckt, sondern überhaupt für den Expressionismus.

Außerdem entschied sie sich, an der Universität Karlsruhe Kunstgeschichte zu studieren. "Mein Schwerpunkt lag ganz eindeutig auf der Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts", stellt sie fest. "Als ich dann in einem Seminar im florentinischen Barock landete, habe ich damit erst gefremdelt und dann eine große Liebe dazu entwickelt." Die wurde beflügelt, als sie 1976 mit Studienkollegen nach Florenz fuhr und die Kunstwerke, die sie bis dahin nur von Schwarz-Weiß-Drucken kannte, in der Realität sah. "Ich bin aus allen Wolken gefallen, das in Wirklichkeit zu sehen. Nach diesem Urlaub war mein großer Held Donatello."

Sehen, beschreiben und analysieren

Die Art, wie sie noch heute Kunst und Künstlern begegnet, wurde in dieser Zeit geprägt: "Meine Professoren sagten, ganz wichtig ist zu sehen und zu beschreiben und dann erst zu analysieren." Aber auch die Kunstwerke in ihren historischen oder religiösen Kontext zu stellen.

Ihre Promotion machte sie über den Karlsruher Maler Gustav Kampmann. In ihrer Karlsruher Zeit hatte sie auch ihren ersten Kontakt mit der Ortenauer Kunstszene: "Damals habe ich Gabi Streile kennengelernt, die bei Professor Hartmann studierte. Ihre Malerei war mir sofort sympathisch." 1989 folgte dann ein Volontariat in der Staatlichen Kunsthalle, während dem sie das Konzept für eine Ausstellung zur Kunst in der Residenz anlässlich des Stadtjubiläums erarbeitete.

1993 wechselte sie nach Offenburg. Damals fanden die Kunstausstellungen der Städtischen Galerie noch im Museum im Ritterhaus statt. In diesem Jahr begann auch die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und der Offenburger Künstlerin Gretel Haas-Gerber, die einen Großteil ihrer Werke ihrer Heimatstadt vermachte. Ausstellungen mit ihren Arbeiten begleiteten Gerlinde Brandenburger-Eisele durch ihre ganze Offenburger Zeit.

Die Kunst nimmt an Fahrt auf

Die Kunst in der Stadt nahm in den 1990er-Jahren an Fahrt auf: Der Kunstverein wurde 1996 gegründet, erhielt Ausstellungsräume im Kulturforum. 2007 öffnete dort die Städtische Galerie. "Unser Konzept sah vor, in einem Jahr den Schwerpunkt auf die Malerei, dann auf Zeichnungen und dann auf Bildhauerei zu legen. Es gab Einzel- und Gruppenausstellungen, wir luden Gastkuratoren ein und starteten Kooperationen. In Offenburg gibt es seit vielen Jahren eine sehr an Kunst interessierte Bürgerschaft", stellt Gerlinde Brandenburger-Eisele fest. Sie erinnert sich noch an die Diskussionen, als die Skulptur von Werner Pokorny am Stadteingang aufgestellt wurde, vor allem aber an den großen Erfolg seiner Werkschau 2013/14. Begeistert denkt sie an die Ausstellung von Raymond Waydelich. Aber besondere Lieblinge hat sie nicht: "Ich habe die Begegnung mit der Kunst und den Künstlern immer genossen", so die scheidende Kuratorin.

Den neuen Lebensabschnitt, lässt sie auf sich zukommen: "Bisher ist nach jedem Wechsel etwas Neues auf mich zugekommen. Aber die Arbeit in Offenburg habe ich sehr, sehr gerne gemacht." Christina Großheim

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