Dr. Wolfgang Schäuble wird 80 Jahre
Ortenauer, der Weltpolitik macht

Wolfgang Schäuble feiert am heutigen Sonntag seinen 80. Geburtstag. Im November kommt ein weiteres Jubiläum hinzu, er sitzt seit 50 Jahren im Bundestag. | Foto: Michael Bode
  • Wolfgang Schäuble feiert am heutigen Sonntag seinen 80. Geburtstag. Im November kommt ein weiteres Jubiläum hinzu, er sitzt seit 50 Jahren im Bundestag.
  • Foto: Michael Bode
  • hochgeladen von Christina Großheim

Offenburg. 2022 ist ein besonderes Jahr für Wolfgang Schäuble: Am Sonntag feiert er seinen 80. Geburtstag und seit 50 Jahren vertritt er den Wahlkreis Offenburg als Direktkandidat im Bundestag – länger, als je ein anderer Abgeordneter vor ihm. Und in dieser Zeit hat er zudem Geschichte geschrieben. Dabei hatte er als junger Mann nicht den Wunsch, Politik zu seinem Beruf zu machen. Aber als er 1972, gerade 30 Jahre alt, von der Jungen Union gefragt wurde, ob er im Wahlbezirk Offenburg als Kandidat zur Bundestagswahl antreten wolle, zögerte er trotzdem nicht: "Die Überraschung war, dass ich es wurde, denn ich hatte namhafte Mitbewerber um die Nachfolge von Hans Furler."

Nach dem bewegendsten Moment seiner Karriere gefragt, nennt er sofort den Fall der Mauer und die Wiedervereinigung. "Die Zeit zwischen 1989 und 1990 war unglaublich", erinnert sich Wolfgang Schäuble. "Als Innenminister spielte ich eine wichtige Rolle. Die Idee, wie die Einheit umsetzbar ist, hatte ich bereits in meinem Kopf." An Gespräche mit dem damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher erinnert er sich ebenso gut wie an die mit Bundeskanzler Helmut Kohl oder den Vertretern der ehemaligen DDR. "Die Einheit", sagt Schäuble, "war keine Idee aus Bonn. Sie war nicht aufzuhalten, denn vor allem die jungen Menschen verließen die DDR." Schwierig sei gewesen, sie auch rechtlich einwandfrei im Jahr von Bundestagswahlen zu verhandeln. Doch der weitsichtige Schäuble hatte in Verträgen vorgesorgt.

Dann kam der 12. Oktober 1990 als er in Oppenau bei einer Wahlkampfveranstaltung von einem psychisch kranken Mann angeschossen wurde und fast verblutete. "Ich wachte nach fünf Tagen aus dem Koma auf und mir ging es hundeelend", so Schäuble. "Einer meiner Besucher im Krankenhaus war Helmut Kohl." Der Bundeskanzler habe auf seine typische Art festgestellt: "Sie können ja als Innenminister weitermachen" – das war ein Schlüsselmoment in seinem Leben.

Leidenschaft fürs Amt hat ihm Kraft gegeben

"Wenn man etwas mit so viel Leidenschaft macht, gibt es einem Kraft", erklärt Wolfgang Schäuble, warum er bei der Politik blieb, obwohl er wusste, dass er von nun an im Rollstuhl sitzen wird. Als die Entscheidung gefallen war, setzte er sich gleich ein konkretes Ziel: "Ich wollte bei der Wahlkampfveranstaltung mit Helmut Kohl und Lothar Späth am 29. November in Offenburg dabei sein", so Schäuble. Konsequenterweise nahm er einen Tag zuvor die Amtsgeschäfte als Innenminister in Bonn wieder auf. "Ich wusste, wenn ich die Pressekonferenz dort überstehe, dann schaffe ich auch alles andere", macht er deutlich, dass er sich des Drucks damals bewusst war. Zu seinem Auftritt in der Oberrheinhalle sagt er nur: "Das war ein unglaublich emotionales Ereignis."

Innenminister, Finanzminister, Bundestagspräsident – Wolfgang Schäuble hatte viele Ämter im Lauf seiner langen Karriere inne – Bundeskanzler wurde er jedoch nie. Wäre er es gerne geworden? "Wer sich politisch engagiert, will im Zweifel auch das höchste Amt innehaben", sagt der Vollblutpolitiker. Allerdings habe er es stets abgelehnt, den Kanzler zu stürzen: "Gerhard Schröder sagte einmal, man müsse unbedingt Kanzler werden wollen, um es tatsächlich zu werden. Das war bei mir nicht so. Aber ich habe kein Leben der verpassten Gelegenheiten, ich hatte ein Leben mit vielen Möglichkeiten und bin dankbar dafür."

Ein weiteres Amt, für das er einst hoch gehandelt wurde, war das des Bundespräsidenten. Dazu sagt Schäuble mit einem feinen Lächeln: "Ich bin mehr der Typ für die Exekutive als für die Repräsentation." Zumal dies auch weitreichende Folgen für seine Familie gehabt hätte. "Ich sagte damals meiner Frau, wir wären als Familie nicht mehr so glücklich, wie wir es jetzt sind", erinnert sich der Jubilar zurück. "Wir waren eine ganz normale Familie, ich war nur nicht oft da." Während er Weltpolitik machte, lebten seine Frau und die vier Kinder in der Ortenau. Sein Familienleben schirmte er immer von der Öffentlichkeit ab, aber der Politiker stellt mit Stolz fest: "Meine Kinder haben es stets abgelehnt, über Beziehungen Karriere zu machen. Und sie haben es geschafft: Und zwar nicht wegen, sondern trotz des Namens." Christina Großheim

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.