Sigi Späth kennt die weite Welt
Hinter der Bar und mitten im Leben
Offenburg. "Ich hatte ein tolles Leben, in dem ich viel gesehen und erlebt habe", bringt Sigi Späth, Barmeister aus Offenburg, seinen Werdegang auf den Punkt. Ein Leben, das so prallvoll mit Geschichten ist, dass er gerade ein Buch herausgebracht hat. "Mein Leben mit Promis und Cocktails" heißt es und in ihm findet sich so manche Anekdote aus seiner Zeit als einer der besten Barkeeper weltweit.
Begonnen hat dieses Leben 1939 in Gschwend in der Nähe von Backnang. "Ich hatte eine glückliche Kindheit", sagt er. Vor allem mit seiner Mutter verband ihn ein inniges Verhältnis: "Sie hat elf Kinder großgezogen. Ich hatte eine Spitzenmutter."
1949 zog die Familie nach Heidenheim. Eigentlich wollte er, auf Anraten eines in den USA lebenden Onkels, Koch werden, doch die Suche nach einer Ausbildungsstelle war vergebens. Mit der Unterstützung des ehemaligen IG Metall-Vorsitzenden Eugen Loderer wurde er bei einem Heidenheimer Turbinenhersteller angestellt.
Doch das Fernweh packte ihn, so dass er mit 17 Jahren beschloss, sein Glück in der neuen Welt zu suchen. "Ich war noch nicht volljährig, deshalb musste mein Vater unterschreiben, dass ich nach Kanada auswandern durfte. Das ist ihm nicht leichtgefallen." Zwei Wochen nach seinem 18. Geburtstag bestieg er am 13. September 1957 ein Schiff nach Kanada. 14 Tage sollte die Reise dauern, doch kurz vor dem Ende brach an Bord die asiatische Grippe aus. "Wir wurden mit dem Krankenwagen vom Pier abgeholt. Neun Tage lag ich im Krankenhaus und war insgesamt sechs Wochen in Quarantäne, bis ich nach Toronto weiterreisen durfte", so Späth. Dort fand er eine Unterkunft und suchte sich Arbeit: "Ich habe alles gemacht. Es war damals nicht leicht, in Kanada einen Job zu finden."
Insgesamt drei Jahre auf Schiff zu Hause
Schließlich bewarb er sich mit Erfolg auf einem Spezialtanker, der unter der Oberaufsicht der US Navy fuhr. Drei Jahre fuhr der junge Mann zur See und kam, da es sich um ein Versorgungsschiff handelte, den Krisen auf dem amerikanischen Kontinent nahe: Die Umstürze in Costa Rica und Venezuela erlebte er ebenso mit, wie die Invasion in der kubanischen Schweinebucht. Bei einem Landgang in Mexiko lernte er seine Frau kennen: "Wir waren beide sehr jung. Ihre Eltern waren nicht begeistert, also sind wir durchgebrannt und haben geheiratet."
1968 fiel bei einem Heimatbesuch die Entscheidung, nach Deutschland zurückzukehren. "Meine Mutter war schwerkrank und ich brachte es nicht übers Herz, sie wieder alleine zu lassen", sagt er schlicht. Seine Familie, seine Frau und drei seiner vier Kinder, folgten nach Deutschland. Späth suchte und fand eine Anstellung in der Gastronomie, zunächst in Ulm, dann in Heidenheim. Schließlich bewarb er sich erfolgreich als Oberkellner und Barkeeper im Colombi-Hotel in Freiburg. Bei einem Barkeepertreffen in Baden-Baden erfuhr er, dass die Position im Offenburger "Palmengarten" vakant war. "Ich liebte die Arbeit in der Bar. Das war mein Traumberuf", begründet er den Wechsel. "In meinem Vertrag stand, dass keine Fotos mit Prominenten gemacht werden durften." Er dachte sich nichts dabei und war einigermaßen überrascht, dass die Promidichte im beschaulichen Offenburg so hoch war. "Ich hatte mit der Rezeption vereinbart, dass sie mich anrufen, wenn ein Promi kommt", erzählt er. Es kamen viele, angefangen von Franz Burda jun. und Mitgliedern der Geschäftsleitung bis hin zu Stars wie Charles Aznavour, Juliette Greco oder Rockgrößen wie "Led Zeppelin" oder "Deep Purple". Mit manchem Gast verband ihn eine lebenslange Freundschaft: "Raimund Harmstorf traf ich bei einem USA-Besuch und er rief: 'Das ist mein Barkeeper aus Offenburg.' Alexis Corner habe ich in London besucht."
Kultstatus erreichte er mit "Sigis Scotch Club" am Lindenplatz in Offenburg nach einem Besitzerwechsel im "Palmengarten". Das Lieblingsgetränk der 1970er-Jahre war sein berühmter Irish Coffee. Dann eröffnete er das "Hemingway" in der Ritterstraße. Vor elf Jahren zog er sich zurück und entdeckte eine neue Leidenschaft: Sein unglaubliches Wissen an die nachfolgende Generation weiterzugeben. Dabei sind seine Whisky-Tastings für Liebhaber genauso begehrt wie seine Ausbildungskurse für angehende Barkeeper. Christina Großheim
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