Fussnote
Großer Zapfenstreich

Als ich noch im entsprechenden Alter war, wollte die Bundeswehr keine weiblichen Soldaten. Jetzt will sie weibliche Soldaten, aber nicht in meinem Alter. Sei's drum, so sehr reizt mich der Job als Vaterlandsverteidigerin nun auch wieder nicht. Zwar halte ich die Bundeswehr für eine wirklich wichtige Institution, trotzdem würde ich mich nicht auf folgende Stellenausschreibung bewerben: "Wir bieten einen krisensicheren Arbeitsplatz in einem Krisengebiet, teils veraltetes oder fehlerhaftes Arbeitsmaterial bei mittelmäßiger Bezahlung." Ach ja, nicht zu vergessen: "Sie müssen unter Umständen auf sadistische Aufnahmerituale und Ausbilder gefasst sein, Sexismus und Mobbing. Eine rechtsextreme Gesinnung oder volksverhetzende Äußerungen sind aber kein Hindernis, um Karriere zu machen."
In den hübschen Imagewerbungen der Streitkräfte wird das Ganze natürlich anders formuliert. Aber man hört halt doch so einiges. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen räumt selbst immer mal wieder ein, dass bei ihren Truppen mitunter ein fragwürdiger Umgang mit Arbeitnehmern herrscht.
Eins muss man der CDU-Politikerin übrigens lassen: Sie ist bei jedem aufploppenden Skandal wieder tief betroffen und wild entschlossen, schonungslos aufzuklären. Ich bin ja eine große Bewunderin ihres Blickes, den sie dann immer aufsetzt, frei nach dem Motto: Mama ist aber so was von sauer und jetzt gibt es Haue.
Aber statt nach ihren verbalen Prügeln ängstlich den Nacken einzuziehen, schlägt der Bundeswehrverband diesmal zurück. Na ja, unsere Bundeswehr ist schließlich dafür ausgebildet, sich vor Angriffen zu verteidigen. Da hält man nicht einfach so die andere Backe hin. Das müsste die Chefin eigentlich wissen. Apropos Chefin: Wie lange ist Ursula von der Leyen jetzt eigentlich oberste Befehlshaberin? Sind es drei oder schon vier Jahre?
Ich habe keine Ahnung, ob in der Bundeswehr ein falschverstandener Korpsgeist herrscht, es Haltungsprobleme und Führungsschwäche gibt oder der Apparat auf dem rechten Auge blind ist. Aber wenn dem tatsächlich so wäre: Wie blind muss die Ministerin eigentlich sein, wenn sie es jetzt erst merkt? Klar, die Gute war immer unglaublich beschäftigt mit Kita-Plätzen, Anspruch auf Teilzeitarbeit und Familienfreundlichkeit. Was hat sich die Frau nicht abgemüht, den Ruf der Bundeswehr als attraktiver Arbeitgeber aufzupolieren. Und nun ist er wegen anderen Dingen ramponiert. Wäre es für die ach so konsequente Frau von der Leyen nicht Zeit für den Großen Zapfenstreich?
Anne-Marie Glaser

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