Stadtanzeiger-Gründer Wolfgang L. Obleser wird 80
Ein kreativer Kopf
Gengenbach. Der Gründer des Stadtanzeiger Verlags, Wolfgang L. Obleser, feiert am Dienstag, 29. Dezember, seinen 80. Geburtstag. Im Gespräch mit Christina Großheim verrät er, was ihn noch immer motiviert.
Wie war es, als Sie mit der Gründung des Stadtanzeiger Verlags den Schritt in die Selbstständigkeit wagten?
Nach meiner Heirat mit meiner Frau Susanne 1971 sind wir beide von Stuttgart nach München gezogen. Ich hatte als Vertriebsleiter im Ehapa-Verlag ein neues Angebot als Vertriebsleiter im größten deutschen Kundenzeitschriftenverlag bekommen. Dort wurde mir ein Anzeigenblatt zur Pacht angeboten und ich konnte mir den Markt etwas genauer ansehen. Da meine Frau aus Oppenau stammt, entschieden wir uns, etwas eigenes in der Ortenau aufzubauen. 1972 zogen wir von München nach Offenburg in die Scheffelstraße 21. Die Suche nach einer Druckerei gestaltete sich sehr schwierig und wir bekamen viele Absagen. Schließlich landeten wir bei einer Druckerei in Stuttgart. Der Start am 3. November 1972 erfolgte mit 50.000 Exemplaren. Meine Frau Susanne organisierte mit unglaublichem Talent die Verteiler-Organisation und wir lernten viele hilfreiche Menschen kennen. Mein erster Kunde war das Modehaus Keilbach, mein zweiter das Kaufhaus Spinner. Der Verlag bestand aus zwei Personen in einem winzigen Büro, die Verwaltung wurde bald mit einem jungen Mädchen verstärkt, das sich in den Folgejahren sehr positiv entwickelte. Zu Beginn war ich Anzeigenverkäufer, Redakteur, Fotograf und Ausfahrer in einer Person.
Warum war Ihnen die Gründung einer Sonntagszeitung wichtig?
Schon in den ersten Jahren nach dem Start hatte ich mich dem Verband Deutscher Anzeigenblätter angeschlossen und später war ich auch im BVDA (Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter) im Hauptausschuss tätig. So profitierte ich von den Erfahrungen anderer Kollegen über die Entwicklung auf dem Sonntagsmarkt. Anlässlich des 25-jährigen Geburtstages unseres Stadtanzeigers konnten wir Titel und Gestaltung unseres Sonntagstitels präsentieren: Der Guller sollte er heißen! Es liefen allerdings noch die Diskussionen, ob denn am Sonntagmorgen überhaupt Austräger beschäftigt werden dürfen. Mit viel Engagement wurde die Idee in die Tat umgesetzt und am 9. November 1997 erschien die erste Ausgabe mit 120.000 Exemplaren. Ich war damals 57 Jahre alt und einige Kollegen fragten mich, warum ich mir die zusätzliche Arbeit noch aufhalsen würde. Später gestanden mir diese Verleger-Kollegen, dass sie den richtigen Zeitpunkt zum Start einer Sonntagszeitung wohl verpasst hätten. Die Zeitung entwickelte sich relativ rasch und wir verzeichneten gute Erfolge. Außerdem konnte ich neue und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.
Wer hat Ihnen immer Rückendeckung bei der Umsetzung ihrer Ideen gegeben?
Die Antwort fällt mir leicht, denn meine Frau Susanne hat natürlich in all den Jahren mitbekommen, dass auch Schwierigkeiten und Engpässe überwunden werden mussten. Ich konnte mit ihr über all diese Probleme sprechen und so auch manche Entscheidung absichern.
Wie schwer ist Ihnen der Abschied aus dem operativen Geschäft gefallen?
Nun, es waren mehrere Anläufe notwendig, bis ich mich wirklich als Rentner bezeichnen konnte. Erfreulich für mich war, dass unsere Tochter Isabel in den Startlöchern stand. Der Abschied war aber deswegen generell nicht schwer, denn ich pflegte ja meine Malerei und die Bildhauerei und hatte dafür jetzt mehr Zeit.
An welche Ereignisse Ihres Berufslebens denken Sie besonders gerne zurück?
Ich habe viele Jahre in unserem Bundesverband mitgearbeitet und war deswegen erfreut, dass sich unsere Isabel ebenfalls im BVDA sehr engagiert hat und dann sehr angenehm überrascht, das unsere Tochter zur Vizepräsidentin des BVDA gewählt wurde. Daran denke ich gerne.
Was tut der Mensch Wolfgang L. Obleser in seinem Ruhestand?
Bei dieser Frage öffnet sich ein weites Feld, denn die Malerei und die Bildhauerei wurden bereits angesprochen. Mit der Malerei war ich gut unterwegs in Südfrankreich, der Bretagne, am Gardasee und auf Mallorca und auch heute greife ich gerne immer wieder zu Zeichenstift und Pinsel. Nach anfänglichen Versuchen mit Holz und Speckstein kamen dann Kurse mit Marmor in der Toskana, Granit am Genfersee, Sandstein in der Lombardei und Kalksandstein auf Sizilien. Und seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit großer Freude mit dem Bronzeguss. Es sind Figuren als Zeitungsausträger ebenso entstanden wie zwei Winzer und anderes mehr. Die kreative Arbeit ist immer wieder spannend und die Ergebnisse sind interessant. Und dann habe ich ja auch noch meine ehrenamtliche Arbeit für den Förderverein für krebskranke Kinder e. V. Freiburg.
Wie kam es zu dem langjährigen Engagement?
Ich hatte schon immer eine soziale Ader. Meine erste Benefizaktion für den Förderverein war wohl 1984 eine Kleinanzeigenaktion. Meine Bürotür stand immer offen und im Laufe der Jahre haben wir viele verschiedene Vereine und Institutionen unterstützt. Das begann bei den Pfadfindern in Offenburg, ging über die Stadtkapelle oder dem Deutsch-Polnisch-Russischen Freundeskreis. Durch diese offene Tür kam eines Tages Bernd Rendler, der auf wohlwollende Unterstützung bei der Verteilung eines Flyers hoffte. Als Werner Kimmig einen runden Geburtstag hatte, schrieb ich im Gratulationsschreiben, dass ich bei Bedarf zur Verfügung stünde. Er meldete sich umgehend: Die Uni-Kinderklinik in Freiburg brauche ein Ultraschallgerät und dies könne der Förderverein nicht stemmen. Also kam ich auf die Idee, einigen Anzeigenblatt-Kollegen im badischen Raum eine gemeinsame Leseraktion vorzuschlagen. Glücklicherweise fand ich bei ihnen Gehör und wir konnten das Gerät übergeben. Ich habe zwei gesunde Töchter, Judith aus erster Ehe und Isabel mit meiner jetzigen Frau Susanne. Mittlerweile habe ich von Judith drei gesunde Enkelkinder und einen gesunden, dreijährigen Urenkel. Es gibt also gute Gründe für mein Engagement beim Förderverein für krebskranke Kinder. Das Schicksal dieser kleinen Patienten und deren Eltern hat mich immer sehr berührt und ich habe große Hochachtung vor der Tapferkeit der kranken Kinder.
Macht die Arbeit im Förderverein noch Spaß?
In all den Jahren stieg die Mitgliederzahl des Fördervereins regelmäßig und sehr erfreulich an – von damals 1.000 auf 2.300 heute. Ich habe mich nach meiner Beiratstätigkeit auch als ehrenamtliches Vorstandsmitglied engagiert, weil in diesem Förderverein jeder Cent wirklich sinnvoll eingesetzt wird und genau dort ankommt, wo er gebraucht wird. Die Arbeit im achtköpfigen Vorstandsteam klappt hervorragend und ohne Reibungsverluste, weil wir alle zum Wohle der Eltern und der krebskranken Kinder arbeiten. Mit dem Neubau eines Elternhauses – wieder direkt neben dem Neubau der Uni-Kinderklinik – gelingt uns ein herausragender Nachweis für die vielen Unterstützer, dass die Spenden mit größter Sorgfalt verwendet werden.
Haben sich die Schwerpunkte dessen, was Ihnen wichtig ist, im Laufe der Jahre verschoben?
Gesundheit ist für uns alle wichtig. Und verschoben hat sich wirklich etwas: Mit 75 Jahren hat mich der Krebs erwischt, es folgten viele Bestrahlungen, drei Jahre später weitere. Erst am 15. Dezember dieses Jahres habe ich erneut 17 Bestrahlungen am rechten Auge hinter mich gebracht, aber bei all diesen gesundheitlichen Problemen habe ich immer an die kleinen Patienten in der Uni-Kinderklinik gedacht. Dadurch konnte ich vieles leichter nehmen und akzeptieren. Wichtig ist mir, dass ich meinen Humor nicht verloren habe. Ein liebes Wort nach rechts oder links hat mir vieles im Leben erleichtert. Nach wie vor hat der Spruch "Das Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt!" große Bedeutung für mich.
Würden Sie rückblickend etwas anders machen?
Wenn ich an meine Jugend denke, dann würde ich meinen musischen Wirkungskreis um die Musik, also das Erlernen um mindestens ein Instrument erweitern. Und sicher würde ich beim Lernen von Fremdsprachen aufmerksamer sein. Ansonsten kann ich und will ich nichts anders machen wollen. Es ist gut so.
Was macht Sie glücklich?
Dass ich in wenigen Tagen meinen 80. Geburtstag begehen kann. Es wird zwar keine große Feier geben, aber wir werden uns ein leckeres Essen gönnen. Glücklich macht mich ebenfalls, dass unsere Tochter Isabel unser Lebenswerk mit dem Verlag fortführt. Ich bin aber auch froh, dass ich in diesen für alle schwierigen Zeiten nicht mehr beruflich gefordert bin. Und weil wir in wenigen Tagen den Jahreswechsel feiern, wünsche ich allen Lesern ein gutes und gesundes Jahr 2021. Allen jetzigen und früheren Verlags-Mitarbeitern drücke ich fest die Daumen, dass wir gesund bleiben.
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