Angedacht: Clemens Bühler
Bei aller Unrast auch ruhig mal innehalten
Viele haben den Eindruck: Die Zeit eilt immer schneller. Der Sommer ist kaum vorbei – und am kommenden Sonntag beginnt schon der Advent. Menschen sind heute unterwegs wie nie zuvor: auf den Straßen, im Zug, im Flugzeug. Und gleichzeitig sind wir überall vernetzt mit der ganzen Welt. Wir kommen kaum zur Ruhe.
„Unrast“ heißt eines der Bücher von Olga Tokarczuk. Vor kurzem bekam die polnische Schriftstellerin den Literaturnobelpreis für 2018 zugesprochen. Das Thema ihres Romans ist das Reisen. Die Ich-Erzählerin schildert eine unstete, rastlose Wanderschaft in die Welt und durch die Welt. Wohin ist sie unterwegs? Wohin bin ich unterwegs?
„Halt an, wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir!“, mahnte vor 250 Jahren der Mystiker Angelus Silesius. Was ich rastlos in der Welt suche – finde ich es etwa in mir? Wie komme ich zu mir?
Der November gibt Anlass genug, um in sich zu gehen: christliche und weltliche Gedenktage erinnern an die Endlichkeit des Menschen, an Versagen und an Hoffnung. Für Christen endet mit dem heutigen Sonntag das Kirchenjahr – mit dem katholischen Christ-Königs-Fest und dem evangelischen Totensonntag. Und mit dem ersten Advent in einer Woche beginnt das neue Kirchenjahr. Ich sollte nicht vergessen, bei aller Unrast auch einmal Rast einzulegen, innezuhalten um „zu mir“ zu kommen. Karl Valentin sagte einmal: „Morgen gehe ich mich besuchen. Hoffentlich bin ich zu Hause!“
Clemens Bühler, Leiter katholisches Bildungszentrum Offenburg
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