Hospizverein Offenburg im Interview
Begleitung nicht nur für Sterbende
Ein Gespräch mit Monika Lubitz, von Rosa Harmuth & Tobias Schneider.
Monika Lubitz leitet den ambulanten Erwachsenenhospizdienst des Hospizverein Offenburg e.V.. Sie ist Krankenschwester, Palliativ Care Fachkraft, und Trauerbegleiterin (BVT). Seit vielen Jahren begleitet Frau Lubitz Betroffene und Angehörige in schweren (und leidvollen) Situationen im Leben, Sterben und bis zum Tod. Damit ist die Aufgabe des Vereins jedoch längst nicht umfassend beschrieben. Einzelgespräche und Informationen für Angehörige und Interessierte gehören zum Alltag des Hospizverein Offenburg e.V.. Viele ausgebildete Ehrenamtliche stellen ihre Dienste im Rahmen des Hospizverein Offenburg zur Verfügung. Doch wenn Menschen „Hospizdienst, Hospizarbeit und Hospizbegleitung“ hören, löst dies oft Ängste und Irritationen bei allen Beteiligten aus.
Rosa Harmuth (RH): Warum scheuen sich die Menschen davor, Rat und Hilfe des Hospizvereins anzunehmen? Monika Lubitz (ML): „Ich hörte schon manches Mal, wenn ich zu Betroffenen oder Angehörigen kam: "Was, ist es schon soweit" oder "Wenn SIE kommen, dann werde ich demnächst sterben". Die Folge davon ist häufig, dass sich Menschen abwenden oder distanzieren. Sie können sich nicht vorstellen, wie wertvoll ein Gespräch mit einer außenstehenden Person sein kann. Ein neutraler Gesprächspartner kann helfen, die eigene Haltung zu Krankheit, Abschied, Sterben und Tod zu klären.
RH: Der Hospizdienst beinhaltet also weit mehr als die Begleitung Sterbender? ML: Ja! Wir sind nicht nur für Schwerkranke und Sterbende da! Darüber hinaus bieten wir die Möglichkeit eines einmaligen Informations- ,Beratungs- ,oder Einzelgesprächs für Angehörige und Interessierte. Neben Betroffenen können auch Freunde oder andere Bezugspersonen Beratungsgespräche in Anspruch nehmen.
RH: Was kann ein Gespräch im Rahmen des Hospizvereins bewirken? ML: Eigene Ängste in Krisensituationen erschweren es oft, ins Vertrauen zu finden. Nach meiner Erfahrung kann es für Betroffene und Nahestehende entlastend sein, über Abschied, Sterben, Tod und Trauer zu sprechen. Dabei auftretende Gefühle zu benennen kann befreiend wirken. Manchmal ist es auch möglich, im gemeinsamen Schweigen zu lernen, die Schwere der Realität anzunehmen.
RH: Warum denn schon mitten im Leben über Tod und Abschied reden? ML: Alle Menschen müssen auf vielfache Weise im Leben Abschied nehmen: Krankheit bedeutet oft Abschied von Gewohnheiten, liebgewordenen Tätigkeiten, von der „Alltagsroutine“ oder Hobbys. Doch das Thema „Vergänglichkeit und Endlichkeit des Daseins“ wird im Alltag aus vielerlei Gründen sorgsam vermieden. Es empfiehlt sich aber, darüber nachzudenken. Denn sonst können sich zum Lebensende hin (oder in schweren Krisen) Sprachlosigkeit oder andere erschwerende Situationen ergeben. Im Zusammensein mit den „alten Eltern“ oder Angehörigen kann das viel Energie rauben. Belastende Gedanken beeinträchtigen dann den Umgang miteinander und auch mit sich selbst.
RH: Ist mit dem Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim Ihre Arbeit mit Betroffenen und Angehörigen beendet? ML: Der Umzug eines Angehörigen in ein Pflegeheim ist ein „großer Abschied“, verbunden mit den unterschiedlichsten Gefühlen für ALLE Beteiligten. Auch in dieser Situation sind wir für die Menschen da! Durch Kooperationsverträge pflegt der Hospizverein mit folgenden Einrichtungen guten Kontakt: Paul Gerhardt Werk mit den drei Einrichtungen - Dietrich Bonhoeffer Haus, Wichernhaus und Paul Gerhardt Haus (Offenburg), Vinzentiushaus GmbH - mit Vinzentiushaus und Marienhaus (Offenburg), Haus Sankt Jakobus (Schutterwald), Haus am Nollen (Gengenbach).
RH: Kann jeder sich eine Beratungsstunde bei Ihnen leisten? Und was bedeutet „Gespräche im geschützten Raum?“ ML: Unsere Arbeit unterliegt der Schweigepflicht, ist kostenfrei und überkonfessionell. Wir bieten regelmäßige Begleitung von Schwerkranken und sterbenden Menschen (im Pflegeheim, im Krankenhaus, oder im Häuslichen Umfeld) durch ehrenamtliche Mitarbeiter*innen. Diese sind und bleiben verlässlich und vertrauensvoll da, in einem abgesprochenen Zeitrahmen. Jede ehrenamtliche Begleitung für Betroffene findet nur mit der Zustimmung des erkrankten Menschen statt. Wir freuen uns auf den Kontakt mit allen, die Information, Beratung oder Unterstützung suchen im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten. Einzelgespräche finden auch telefonisch oder in der Geschäftsstelle im Asternweg statt.
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