Staatsanwaltschaft erhebt Anklage
Yves R. wird Geiselnahme vorgeworfen

Sechs Tage fahndete die Polizei im Juli nach einem 31-Jährigen mit einem Großaufgebot. | Foto: mak
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Offenburg (st). Die Staatsanwaltschaft Offenburg hat gegen den Angeschuldigten Yves R., dessen mehrere Tage andauernde Flucht im Raum Oppenau im Juli dieses Jahres für mediale Aufmerksamkeit gesorgt hatte, Anklage zur Großen Strafkammer des Landgerichts Offenburg erhoben.

Dem 31-Jährigen wird zur Last gelegt, am Vormittag des 12. Juli anlässlich einer polizeilichen Kontrolle in einer Hütte in Oppenau unter Verwendung einer täuschend echt aussehenden Schreckschusswaffe vier Polizeibeamte bedroht und ihre Dienstwaffen an sich genommen zu haben. Nachdem er sich mehrere Tage lang in den Wäldern um Oppenau verborgen gehalten hatte, habe er  im Rahmen seiner Festnahme am 17. Juli einen der eingesetzten Beamten des Spezialeinsatzkommandos durch einen Schlag mit einem von ihm mitgeführten Beil am Fuß getroffen. Hierbei habe der Beamte, wie vom Angeschuldigten zumindest billigend in Kauf genommen, eine Schnittverletzung und eine teilweise Durchtrennung einer Sehne im Fuß erlitten, aufgrund derer er bis auf Weiteres dienstunfähig sei.

Keine weitere Angaben gemacht

Der Angeschuldigte habe sich bislang nicht im Rahmen einer förmlichen Vernehmung oder über seine Verteidiger zur Sache eingelassen, jedoch gegenüber den ermittelnden Beamten der Kriminalpolizei nach seiner Festnahme spontan Angaben zum Tathergang gemacht. Im Rahmen der sich anschließenden umfangreichen Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei seien unter anderem zahlreiche Zeugen vernommen, die sichergestellten Waffen untersucht und ein rechtsmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt worden. Daneben sei auch ein psychiatrisches Sachverständigengutachten insbesondere zur Frage der Schuldfähigkeit in Auftrag gegeben worden, dessen Ergebnis noch nicht vorliege. Konkrete Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Verminderung der Schuldfähigkeit hätten sich bislang allerdings nicht ergeben. Die Untersuchung einer nach der Festnahme entnommenen Blutprobe habe ergeben, dass der Angeschuldigte nicht unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln gestanden sei.

Geiselnahme und gefährliche Köprerverletzung

Die Anklage lautet, so eine Pressemitteilung Staatsanwaltschaft Offenburg, der auf Geiselnahme und gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, jeweils zusammentreffend mit verschiedenen Verstößen gegen das Waffengesetz. Der im Haftbefehl erhobene Vorwurf der besonders schweren räuberischen Erpressung habe nach dem Ergebnis der weiteren Ermittlungen nicht aufrechterhalten werden können. Insbesondere könne nach derzeitigem Stand nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeschuldigte den Entschluss zur Mitnahme der Dienstwaffen gefasst habe, um eine Verfolgung durch die Polizeibeamten zu verhindern, und damit zu einem Zeitpunkt, als die Bedrohungslage bereits beendet gewesen sei und die Beamten sich von der Hütte entfernt hatten. Es könne daher nicht nachgewiesen werden, dass die Bedrohung unmittelbar dazu gedient habe, in den Besitz der Waffen zu gelangen.

Es bestehe nach den weiteren Ermittlungen allerdings der dringende Verdacht, dass im Rahmen der Entwaffnung der Polizeibeamten stattdessen der Tatbestand der Geiselnahme gemäß Paragraf 239b StGB verwirklicht worden sei. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen zunächst nur zwei der vier Polizeibeamten in der Hütte befunden hätten, die der Angeschuldigte entwaffnet und in seine Gewalt gebracht habe. Erst im Anschluss hieran habe er sich mit den zwei bereits entwaffneten Beamten vor die Hütte begeben, wo er unter weiterer Bedrohung eines der bereits entwaffneten Beamten mit der Schreckschusswaffe die beiden anderen Beamten dazu veranlasst habe, die von ihnen mitgeführten Waffen ebenfalls abzulegen. Anders als bei der räuberischen Erpressung sei es für die Verwirklichung des Tatbestands der Geiselnahme hingegen nicht erforderlich, dass sich der Täter einen Vermögensvorteil – also im vorliegenden Fall den Besitz an den Dienstwaffen – verschaffen wolle.

Freiheitsstrafe zwischen fünf und 15 Jahren

Im Falle seiner Verurteilung drohe dem Angeschuldigten eine Freiheitsstrafe zwischen fünf und 15 Jahren, im Fall der Annahme eines minder schweren Falles der Geiselnahme durch das Gericht eine Freiheitsstrafe zwischen einem und 15 Jahren.

Die Angeschuldigte befindet sich seit dem 18. Juli in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlungstermine vor dem Landgericht Offenburg stünden noch nicht fest, mit einem Beginn der Hauptverhandlung sei bis Mitte Januar 2021 zu rechnen.

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