Wenn Paketdienste Sendungen ausliefern
Was Nachbarn bei Annahme beachten müssen
Ortenau (gro). Nie gehen mehr Pakete auf die Reise als in der Vorweihnachtszeit. Eine Menge Arbeit für die Paketdienste, zumal nicht jeder Empfänger zu Hause ist. "Wenn ein Paketdienst eine Sendung an einen Nachbarn übergibt, so nennt sich das üblicherweise Ersatzzustellung", klärt Benjamin Schütz, Rechtsanwalt in der Offenburger Kanzlei Fahr, Groß, Indetzki, auf. Eine Verpflichtung, das Paket eines anderen anzunehmen, gibt es nicht. Es handelt sich laut Schütz um "einen reinen Freundschaftsdienst unter Nachbarn".
"Überlicherweise wird ja regelmäßig von Nachbarn eine Zustellung entgegen genommen", so Schütz. "Wie der aktuelle Fall in den Medien deutlich macht, sollte man aber jedenfalls in Fällen, in welchen der Absender eines Paketes nicht klar ist oder das Paket sonstwie verdächtig aussieht, die Zustellung für den Nachbarn nicht annehmen. Auch bei erkennbaren Beschädigungen an der Paketverpackung oder wenn die Sendung teilweise geöffnet abgegeben wird, sollte die Annahme sicherheitshalber verweigert werden." Wer ein Paket erwartet, sollte deshalb seine Nachbarn informieren.
"Der annehmende Nachbar geht rechtlich ein Gefälligkeitsverhältnis mit reduzierter Haftung ein", erläutert Schütz. "Er muss mit dem Paket so sorgfältig umgehen, wie er es mit seinen eigenen Sachen auch tun würde." Deshalb genügt es nicht, die Sendung vor die Tür des Empfängers zu legen: "Damit würde man seine Sorgfaltspflicht verletzen und haftet bei Verlust oder Beschädigung des Paketes." Es muss unbeschadet und so schnell als möglich nur an den Empfänger übergeben werden. Lediglich im Fall, wenn der Annehmende in Vorleistung gegangen ist, indem er etwa die Nachnahmegebühr bezahlt hat, darf er das Paket so lange behalten, bis er seine Auslagen ersetzt bekommen hat.
"Wenn das Paket auch nach einigen Tagen nicht übergeben werden konnte, sollte man den Empfänger dringend schriftlich und unter Fristsetzung auffordern, es abzuholen. Eine Rücksendung an den Absender sollte vermieden werden, da zwischen diesem und dem Ersatzempfänger kein Vertragshältnis besteht", macht Schütz auf die rechtliche Lage aufmerksam. Der Paketdienst ist verpflichtet, dem eigentlichen Adressaten mitzuteilen, bei welchem Nachbarn die Sendung hinterlegt ist. "Der Begriff ,Nachbar' ist zu unbestimmt", so Schütz. "In einem Wohnblock können beispielsweise sehr viele andere Bewohner damit gemeint sein."
Mit seiner Unterschrift bei der Annahme bestätigt der Empfänger, dass er das Paket erhalten hat und es unbeschädigt war. "Die Beweislast, dass und wem das Paket vom Zusteller übergeben wurde, trägt grundsätzlich der Paketdienst", so Schütz. "Wenn also eine Unterschrift gefälscht wird, so hat der Paketdienst nachzuweisen, dass seine Zustellung ordnungsgemäß erfolgt. Nötigenfalls wird in einem gerichtlichen Verfahren über ein Sachverständigengutachten zu der Unterschrift eine Klärung erfolgen können. Besteht der Verdacht einer gefälschten Unterschrift, sollte man in jedem Fall Strafanzeige erstatten, weil hierdurch viel weiterreichendere Ermittlungen zu dem Vorgang möglich sind, als dies eine Privatperson selbst erreichen könnte", rät Benjamin Schütz.
Mit einer Abstellgenehmigung wird den Zustellern gestattet, eine Sendung an einem vorher vereinbarten Ort, abzulegen. "Das birgt für den Empfänger einige Haftungsrisiken. Es ist für ihn nur schwer zu beweisen, wenn einmal ein Paket nicht ankommt und der Zusteller behauptet, er habe es am vereinbarten Ort abgestellt", warnt Schütz vor den rechtlichen Folgen dieser Bequemlichkeit.
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