Somalier in U-Haft
Vorwurf: heimtückischer Mord an Hausarzt
Offenburg (rek). Eine Traube von Journalisten, Fotografen und Kamerateams wartete vor dem Amtsgericht. Alle wollten ein Foto und Aufnahmen des 26-jährigen Somaliers, der dem Haftrichter vorgeführt werden sollte. Gegen 14.15 Uhr fuhren ein Streifenwagen sowie ein Zivilfahrzeug der Polizei vor. Auf dem Rücksitz der Mann, der unter Verdacht steht, einen Offenburger Hausarzt ermordet zu haben.
Über eine halbe Stunde dauerte die Haftprüfung. Das Ergebnis verkündet der Leitende Oberstaatsanwalt Herwig Schäfer. Wegen "dringenden Tatverdachts" kommt der in Hand- und Fußfesseln vorgeführte Verdächtige in Untersuchungshaft. Zwei Mordmerkmale halte die Staatsanwaltschaft für gegeben: Heimtücke sowie niedere Beweggründe.
Schäfer erklärte dazu nochmals, was sich tags zuvor in der Aenne-Burda-Allee in Offenburg für ein Drama abgespielt haben soll. Zwar nicht unter den Augen von Familienangehörigen des Arztes, aber in Anwesenheit einer Patientin wäre der Asylbewerber am Donnerstag gegen 8.45 Uhr ohne Termin in ein Behandlungszimmer der Arztpraxis gestürmt und hätte unvermittelt mit einem mitgebrachten Küchenmesser und dessen 17 Zentimeter langer Klinge auf den Allgemeinmediziner eingestochen.
"Das Opfer hatte keine Chance, sich zu wehren", machte Schäfer klar. Eine Arzthelferin wäre bei dem Versuch einzugreifen leicht verletzt worden, der Arzt ist vor Ort seinen Verletzungen erlegen. "Die anwesende Patientin erlitt einen Schock", so Schäfer. In der Praxis und im Wartezimmer wären weitere Angestellte und Patienten gewesen. Danach sei der Täter in Richtung Innenstadt geflüchtet und rund eine Stunde später in der Freiburger Straße festgenommen worden.
Das Motiv? Bisher habe der Somalier sich nicht zu der Tat geäußert, so Schäfer. Er sei zumindest Anfang 2016 einmal Patient des ermordeten Arztes gewesen und zudem polizeibekannt (siehe unten). Der Verdächtige habe derzeit Aufenthaltsrecht, sein Asylverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Ob er psychische Probleme habe oder Drogen konsumiere, prüften die Ermittler derzeit. Als Schwerpunkt der anstehenden Aufklärung nannte Schäfer das Umfeld sowie wer Kontaktpersonen des Somaliers gewesen seien. "Das alles ist für uns bisher ein unbeschriebenes Blatt", erklärte Schäfer.
Ziel sei es, noch bis Ende des Jahres eine Anklageschrift vorzulegen, die dann vor dem Schwurgericht verhandelt werde.
Eine Chronik der Geschehnisse:
November 2015: Der Somalier reist nach Deutschland und stellt einen Asylantrag.
Dezember 2015: Dem Afrikaner wird eine Unterkunft in Offenburg zugewiesen.
Sommer 2018: Bei einem Streit unter Anwohnern ist auch der 26-Jährige beteiligt.
11./12. August: Nach einem zweiten Vorfall unter Anwohnern muss der Beschuldigte eine Nacht in Polizeigewahrsam verbringen.
Donnerstag, circa 8.40 Uhr: Der Täter betritt die Praxis und greift den Arzt im Behandlungszimmer mit einem Messer an und tötet ihn. Eine anwesende Helferin wird dabei leicht verletzt.
Donnerstag, 8.45 Uhr: Die Polizei wird alarmiert.
Donnerstag, 10 Uhr: Nach der Fahndung mit einem Großaufgebot nimmt die Polizei den Verdächtigen an der Freiburger Straße fest.
Donnerstag, 14.02 Uhr: Die Polizei teilt mit, dass sich der Verdacht gegen den Somalier erhärtet.
Freitag, 14.30 Uhr: Der Beschuldigte wird bei einem Haftprüfungstermin der zuständigen Richterin am Amtsgericht vorgeführt.
Freitag, 15.10 Uhr: Die Entscheidung. Der Verdächtige muss wegen dringenden Tatverdachts in Untersuchungshaft.
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