Straßenschilder
Straßennamen haben auch schreckliche Bedeutungen
Offenburg (tf). Straßennamen muten manchmal kurios oder komisch an, werfen Fragen auf oder lösen ein Kopfschütteln aus. Namen wie Gerberstraße sind einfach zu erklären: Hier befand sich einstmals das Gerberviertel. Mehr als die Hälfte der Straßen innerhalb der Stadtmauern Offenburgs bezeichnen alte Gewerke oder ihre Produkte.
Namen von Personen aus dem Hochadel
Die zweitgrößte Anzahl bilden die Straßen, die nach den anliegenden Gebäuden benannt werden. Die Schutterstrasse beispielsweise erinnert an einen Zehnthof des Klosters Schuttern. In der Kinzigvorstadt findet man Bezeichnungen, die an neuere Gewerbe erinnern, wie die Fabrikstraße. Im Jahre 1876 wurden die ersten Strassen in Offenburg nach Personen benannt, vorzugsweise aus dem Hochadel.
Aus dieser Zeit stammen Namen wie Hildastrasse, Gattin des Erbgroßherzogs Friedrich, oder Wilhelmstraße, nach dem deutschen Kaiser. Namen lokalgeschichtlicher Personen waren ab ca. 1891 üblich. Die Lihlstraße geht auf diese Zeit zurück und ehrt damit den ersten badischen Bürgermeister von Offenburg.
Dichter, Schriftsteller und Maler
Als Offenburg wuchs und neue Stadtviertel entstanden, stand man vor der Frage, wie die neuen Straßen heißen sollten. So wurden in der Nordoststadt Dichter, Schriftsteller und Maler, ebenso wie Politiker der Weimarer Republik (Walther Rathenau) oder der Offenburger Geschichte, wie Josef Gottwald, Bürgermeister von Offenburg, verewigt.
Manche Namen bezeichnen ehemalige Gewanne. So bezeichnet ein "Dil" die Einfriedung durch einen Bretterzaun ("Zur Dil"), und weist wohl auf eine ehemals eingezäunte Wiese hin. Auch heute nicht mehr nachvollziehbare Gewanne findet man auf Straßenschildern. So weist die "Eiserne Hand" in Offenburg Süd wohl auf einen ehemaligen Gerichtsplatz hin.
Blumennamen
Während des Dritten Reiches wurden viele Straßen umbenannt, was allerdings später überwiegend wieder rückgängig gemacht wurde. Nahe des Stadtwaldes wurden passender Weise Namen aus der Natur gewählt. In Hildboltsweier wurde 1953 ein Vorschlag der Siedlergemeinschaft aufgegriffen und Blumennamen vergeben.
Heute kommen die Vorschläge nicht mehr direkt von den Bürgern, sondern aus den Fraktionen im Gemeinderat. Eine öffentliche Diskussion würde den Rahmen sprengen. Als in den 1990er-Jahren mit dem Umbau des Ihlefeld-Areals begonnen wurde, stand wieder die Frage im Raum, wie man die Straßen an diesem exponierten Platz nennen sollte.
Folter, Mord, Hexenverfolgung
Schließlich wurde beschlossen Personen zu ehren, die sich in der Demokratie- und Freiheitsbewegung hervorgetan haben, wie beispielsweise Mathilde Anneke, eine der führenden Personen der US-amerikanischen Frauenbewegung. Auch sollten mehr weibliche Personen verewigt werden. Da aus dieser Zeit von einige Namen "übrig" sind, war die Bennennung der Straßen im Neubaugebiet Seidenfaden schnell geklärt. Namensgeberin Frida Nadig beispielsweise war eine der vier „Mütter des Grundgesetzes“.
Aber auch schreckliche Schicksale finden sich hinter einfachen Straßennamen wieder. So erinnert die Magdalene-Welsch-Straße in Albersbösch an eine 1628 als Hexe gefolterte und ermordete Frau. Und der Gotter-Nes-Weg in der Nordoststadt erinnert an Agnes Gotter, die 1630 während der Hexenverfolgung den Folterungen widerstand und so zu deren Beendigung beitrug.
Und manchmal ist die Bedeutung des Straßennamens nicht sofort ersichtlich. So meint die Nachtigallenstrasse in Zunsweier nicht den Vogel, sondern geht auf zwei ehemals dort wohnende Sängerinnen zurück, die zu den sogenannten "Burda-Nachtigallen" gehörten, welche bei Veranstaltungen der Firma auftraten.
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