Weihnachten in St. Ursula
Rituale sind in jeder Lebenssituation wichtig
Offenburg "Es geht vor allem darum, geborgen zu sein sowie Wärme und Nähe zu spüren", sagt Thomas Rutschmann, Leiter der Wohnungslosenhilfe in Offenburg über die Gründe, warum jedes Jahr eine Weihnachtsfeier für wohnungslose Menschen organisiert wird.
Aktiv mitgestalten
Der Impuls geht aber nicht nur von der Einrichtung aus, sondern auch von den Menschen, die in der stationären und ambulanten Hilfe betreut werden, weiß Rutschmann zu berichten. Sie wollen teilweise die Feier aktiv mitgestalten. Manchmal sei auch ein musikalischer oder künstlerischer Beitrag seitens der Wohnungslosen dabei. "Wenn sich die Menschen einbringen können, erleben sie sich selbst und fühlen sich wahrgenommen", betont Rutschmann. Zwischen sechs und acht Personen insgesamt organisieren und bereiten die jährliche Weihnachtsfeier im Ursula-Heim vor. "Es ist erstaunlich zu sehen, wie wichtig Rituale sind – beispielsweise das Singen traditioneller Weihnachtslieder", so Rutschmann. Der Wunsch nach Traditionellem sei groß. Neben dem Liedersingen spricht auch der evangelische Pfarrer Christian Kühlewein-Roloff zu den Besuchern der Weihnachtsfeier im Ursula-Heim, die sich auf ein leckeres Essen, Plätzchen und ein kleines Präsent freuen dürfen.
Die Feier findet immer einige Tage vor Heiligabend statt. Für viele wohnungslose Menschen sei dies häufig eine emotionale Zeit. "Heiligabend ist oftmals ein schwieriges Datum, denn in den Biografien unserer Klienten gibt es nicht selten Brüche mit der eigenen Familie, weshalb das Familienfest Weihnachten ein schmerzhafter Moment sein kann", erklärt Sebastian Winter, Leiter der ambulanten Hilfen der Wohnungslosenhilfe Offenburg. Die Emotionen der Weihnachtszeit müssten erstmal unter einen Hut gebracht werden. Denn in dieser Zeit werde ihnen die eigene Armut besonders bewusst. Der Ausschluss vom Konsum an Weihnachten sei vor allem auch für diejenigen schwierig, die Kinder hätten, so Winter. In der Weihnachtszeit könne oft ein Rückzug ins Eigene beobachtet werden, um die Tage rumzukriegen. "Es ist wichtig, an diesen Tagen da zu sein", so Winter weiter.
Insgesamt werde die Feier aber sehr gut angenommen, um auch miteinander ins Gespräch zu kommen. Das tue den Menschen gut, berichten Rutschmann und Winter. Rund 150 Päckchen werden für die Wohnungslosen der stationären und ambulanten Hilfe gepackt. Dank der Spenden von Firmen und Privatpersonen sind diese meist gefüllt mit Duschgel, Deo, Keksen, Schokolade oder Tabak. Aber auch Mützen und warme Socken werden verschenkt. "Beim Verschenken der Päckchen geht es vor allem um die Symbolik. Viele wohnungslose Menschen empfinden dabei eine kindliche Freude, dass jemand an sie denkt", so Rutschmann abschließend. Es ist erstaunlich, wie wichtig Rituale sind."
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