Bericht zur Corona-Pandemie
Perspektive für "vorsichtige Lockerung"
Offenburg (st). In der Sitzung am 28. April des Ausschusses für Gesundheit und Kliniken des Ortenaukreises, der unter besonderen infektionsschützenden Maßnahmen im Großen Sitzungssaal des Landratsamtes in Offenburg stattfand, informierte die Kreisverwaltung unter anderem zum aktuellen Sachstand der Corona-Pandemie im Ortenaukreis.
Landrat Scherer zeigte sich erleichtert über die Abflachung der Neuinfektionen und den Rückgang schwerer Erkrankungen. „Wir haben unser wichtigstes Ziel erreicht: das Klinikum ist nicht an seine Belastungsgrenze gekommen, die im Ortenaukreis getroffenen Maßnahmen waren erfolgreich“, so Scherer, der aber auch klarmachte, dass kritische Zustände nur durch den massiven Ausbau der Intensiv- und Beatmungsplätze bei gleichzeitiger Reduzierung des Normalbetriebs im Ortenau Klinikum verhindert werden konnten. „Sonst hätten wir es nicht geschafft, alle schwer Erkrankten zu versorgen“, so Scherer, der dafür dem Team um Klinikgeschäftsführer Christian Keller, dem Krisenstab im Landratsamt und den dahinterliegenden Organisationseinheiten dankte.
Schwieriger Abwägungsprozess
Die jetzt begonnene Phase der Lockerungen der Corona-Maßnahmen bezeichnete der Landrat als einen “sehr schwierigen Abwägungsprozess zwischen dem Schutz von Leib und Leben auf der einen Seite und den gewaltigen ökonomischen, sozialen, psychologischen und sonstigen Auswirkungen andererseits“. „Die Einschränkungen müssen deshalb fortlaufend und differenziert überprüft werden, ob sie geeignet, erforderlich und in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen. Das ist ein schwieriger Prozess, bei dem es keine absolut richtige Entscheidung gibt, wir alle müssen vorsichtig und lernwillig bleiben!“, machte Scherer klar und nannte drei Kriterien, die aus seiner Sicht in diesem Prozess entscheidend seien:
- Eine ausreichende Kapazität des Gesundheitssystems zur Behandlung der schwerer Erkrankten müsse sichergestellt sein bei gleichzeitiger
- Stabilisierung der Infektionszahlen sowie
- Ausreichenden Überwachungs- und Testkapazitäten zur schnellen Ermittlung und Isolierung infizierter Personen sowie ausreichend Kapazitäten für das Kontaktmanagement.
"Nach diesen Kriterien ist zum Beispiel ein vorsichtiges Hochfahren der Krankenhäuser im Ortenaukreis möglich, wenn wir rund 30 Prozent der Intensivbeatmungsbetten für Covid-19-Patienten freihalten“, so Scherer, der auch in anderen Bereichen, wie etwa der Gastronomie, Perspektiven für eine vorsichtige Lockerung im Sinne der Verhältnismäßigkeit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes sieht.
Acht neue Covid-19-Fälle
Gesundheitsamtsleiterin Evelyn Bressau informierte, dass sich mit dem 28. April (Stand: 14 Uhr) die Fallzahl der nach einem positiven Labornachweis bestätigten Corona-Infizierten im Ortenaukreis um acht gegenüber dem Vortag auf 1.035 erhöhte. 774 gelten inzwischen als geheilt. Die Zahl der aktuell Infizierten betrage 180. „Insgesamt entfallen 44 Prozent der positiven Labornachweise auf die Altersgruppe der 35- bis 59-Jährigen, das Durchschnittsalter der Infizierten beträgt 55 Jahre bei einer Spannweite von drei bis 98 Jahren“, so Bressau. 81 Menschen seien im Zusammenhang mit Covid-19 im Ortenaukreis bisher verstorben, der Altersdurchschnitt liege bei 82 Jahren. „Als reine Zahl betrachtet, ist die Zahl der Verstorbenen hoch, man muss sie aber in einen echten Vergleich setzen. Auf 100.000 Menschen hochgerechnet, liegt der Ortenaukreis landesweit an zehnter Stelle“, relativierte die Gesundheitsamtsleiterin, die in der Sitzung auch zum aktuellen Stand in der Pandemiephase informierte.
Behandlungkapazitäten schrittweise hoch fahren
Anschließend erläuterte Ortenau Klinikum-Geschäftsführer Christian Keller, wie das Ortenau Klinikum parallel zu den vom Bund und den Ländern beschlossenen Lockerungen der Corona-Maßnahmen seine Behandlungskapazitäten schrittweise wieder hochfahren möchte
Reinhard Kirr, Dezernent für Sicherheit und Ordnung im Landratsamt, nahm Stellung zu möglichen medizinischen Ausweichquartieren, die der Kreis-Krisenstab in der Hochphase der Pandemie, ins Auge fasste. Für die Einrichtung sogenannter Ersatzkrankenhäuser seien auch Kooperationsverträge mit Rehakliniken geschlossen worden, um leichter erkrankte Covid-19-Patienten bei Bedarf dorthin zu verlegen. „Ungeachtet dieser Rückfallebene, würden wir im Bedarfsfall selbstverständlich zunächst auf eigene Häuser, wie das zurzeit noch geschlossene Klinikum in Oberkirch, reaktivieren“, so Kirr, der mitteilte, dass der Kreis in Sachen Schutzausrüstung inzwischen vergleichsweise sehr gut aufgestellt sei. „Wir haben die Beschaffungsengpässe in unserem Krisen-Stab schon früh thematisiert. Der Ortenaukreis und das Ortenau-Klinikum konnten inzwischen mehrere Tonnen an Schutzmaterial bestellen, darunter mehrere Millionen Mund-Nasenschutzmasken/OP-Masken, mehrere Hunderttausend FFP2-Masken, Schutzkittel, Schutzbrillen und Einmal-Handschuhe. Die Verteilung läuft, auch dank der guten Kooperation mit der Stadt Offenburg, sehr gut“, so Kirr.
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