Zwangsprostitution
Marwein informiert sich bei P.I.N.K. und FreiJa
Ortenau (st) MdL Thomas Marwein besucht die beiden Fachberatungsstellen „FreiJa-Aktiv gegen Menschhandel und Zwangsprostitution“ und „P.I.N.K.- Prostitution. Integration. Neustart. Know-how.“ in Offenburg. Auch im Ortenaukreis sind die Themen Zwangsprostitution und Menschenhandel allgegenwärtig. Der Grünen Politiker informiert sich über die Lage vor Ort.
FreiJa im Ortenaukreis und FreiJa FreiJa in Freiburg sind neben der Mitternachtsmission in Heilbronn und dem Fraueninformationszentrum in Stuttgart die einzigen Stellen in ganz Baden-Württemberg, die sich mit den gesellschaftlich relevanten Themen Menschenhandel und Zwangsprostitution auseinandersetzen, heißt es in einer Pressemitteilung. Nur zwei personelle Stellen würden dabei die 51 Gemeinden im Ortenaukreis bedienen.
Unter Zwang
"Ein großer Anteil der Frauen, die bei uns Schutz suchen und Unterstützung erhalten, kommen aus Osteuropa – meist aus Bulgarien oder Rumänien. Die Frauen kommen oft unter Zwang und ohne Pässe nach Deutschland, um hier als Sexarbeiterinnen Geld zu verdienen. Diese Frauen werden von uns zunächst in geeigneten Schutzräumen untergebracht. Die meisten von ihnen möchten so schnell wie möglich zurück in ihre Herkunftsländer“, erklärt Frau Miroc. Sie ist eine der beiden Mitarbeiterinnen bei FreiJa. Sie erläutert weiter, dass ein großer Teil ihrer Arbeit in Vertrauensarbeit bestehe, da die Frauen in den meisten Fällen in einem ersten Schritt psychisch aufgebaut werden müssten und dies nur durch die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses möglich sei. Oft sei auf Grund von Traumata auch therapeutische Hilfe notwendig. Dann erst könne man sich um die strafrechtliche Verfolgung der Täter kümmern. „Nicht alle Frauen wollen eine Anzeige stellen oder vor Gericht gehen. Manchmal kommt es vor, dass sie zum Täter zurückgehen“, so Gabriele Gröger.
Neben der Einzelfallarbeit sei FreiJa auch in der Öffentlichkeitsarbeit und in der Netzwerkarbeit aktiv. Nicht immer aber stünde der Handel und die Zwangsarbeit der Frauen im Vordergrund. Laut Aline Goetz von der Fachberatungsstelle P.I.N.K. gebe es auch Frauen, die der Sexarbeit freiwillig nachgehen und dies gewerblich betreiben. Dies seien oft deutsche Frauen. In diesen Fällen unterstützt und berät P.I.N.K. die Sexarbeiterinnen. „Aus der Freiwilligkeit kann schnell ein Zwang werden. Ist dies der Fall, arbeiten wir sehr eng mit FreiJa zusammen“, so Goetz. Neben den Strukturen der Fachberatungsstellen interessierte den grünen Landtagsabgeordneten auch, wie der Kontakt zu den Frauen hergestellt wird. „Wir von P.I.N.K. machen überwiegend aufsuchende Arbeit. Wir gehen gezielt an Orte wie in Clubs oder in Bordelle, an denen die Frauen arbeiten. Oder auch in Flüchtlingsunterkünfte. Wir verteilen Flyer und informieren die Frauen über unsere Arbeit. Oft ist es so, dass Klientinnen, die schon in unserer Beratung sind, Freundinnen oder Bekannte haben, denen sie von uns erzählen. Wir sind sehr viel in Kehl und in Straßburg unterwegs, da diese Grenzregion im Ortenaukreis besonders brisant ist“, erklärt Goetz dem Abgeordneten. Auch sei der Austausch mit dem/der Sonderbeauftragten des BAMF, dem Gesundheitsamt in Offenburg und der Kriminalpolizei sehr eng.
Corona-Pandemie hat vieles verändert
Beate Huschka von FreiJa Freiburg berichtet, dass Corona die Bereiche sehr verändert habe. „Viel findet seit Corona im nicht-sichtbaren Raum statt. Es werden zum Beispiel private Ferienwohnungen, Airbnbs oder Hotels angemietet. Wir wissen oft nicht, wo wir die Frauen antreffen können. Zu Beginn von Corona waren sie zunächst komplett von der Bildfläche verschwunden. Dies ist ein großes Problem und auch eine große Gefahr für die Frauen. Je privater der Raum, desto größer ist die Gefahr für Frauen“, so Huschka. Bordelle würden aus ihrer Sicht deshalb Sinn machen, da dies sichere und legale Orte seien. P.I.N.K., FreiJa oder auch das Gesundheitsamt könnten aufsuchende Arbeit leisten. Ein Gewinn durch Corona ist aus Sicht der Fachberatungsstellen die Initiative des Sozialministeriums gewesen, welches Gelder für temporäre mobile Teams bereitgestellt hat, um verstärkt aufsuchende Arbeit zu leisten. „Uns ist es sehr wichtig, dass wir das mobile Team weiterhin fortführen können. Das Konzept ist mittlerweile richtig aufgelebt und hat neuen Schwung in unsere Arbeit gebracht. Wir konnten neben neuen Zugängen zu vielen neuen Frauen auch neue Partnerschaften und Netzwerke wie zur Polizeiarbeit ausbauen“, erläutert Gröger. „Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass der Staat für finanzielle Unterstützung sorgt und sich für die Fachberatungsstellen wie Ihre einsetzt. Die Finanzierung Ihrer Arbeit ist bisher unzureichend und bietet keine Kontinuität. Der Bund müsste hier Sicherheit geben und Regularien bieten“, so die Meinung des Landtagsabgeordneten. Marwein betont, dass es eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, die Fachberatungsstellen zu sichern. Denn man müsse sich immer die Frage stellen, welche gesellschaftlichen Auswirkungen es hätte, wenn es solche Anlaufstellen in Zukunft nicht mehr geben würde.
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