Traumberuf: Fritz Scheuer war sowohl Lehrer als auch Konrektor und Rektor
"Man muss auch einfach mal fünf gerade sein lassen"

Unterrichtet hat Fritz Scheuer immer gerne, zuletzt war er Rektor an der Erich-Kästner-Realschule in Offenburg.
  • Unterrichtet hat Fritz Scheuer immer gerne, zuletzt war er Rektor an der Erich-Kästner-Realschule in Offenburg.
  • hochgeladen von Daniel Hengst

Offenburg. Wenn sie ihren Beruf nennen, bekommen andere leuchtende Augen. Schon kleine Kinder erklären, später einmal genau in einem solchen Job arbeiten zu wollen. Doch sind diese Traumberufe tatsächlich nur mit Freude verbunden oder gibt es auch Schattenseiten? In unserer Serie haben wir diejenigen gefragt, die es wissen müssen. Daniel Hengst sprach mit Fritz Scheuer, der nicht nur Lehrer, sondern auch acht Jahre Konrektor und vier Jahre Rektor an der Erich-Kästner-Realschule in Offenburg war.

"Ein Grund, den Beruf Lehrer zu ergreifen, lag auch darin, dass ich meinen zwölf Jahre jüngeren Bruder gleichsam beim Erwachsenwerden begleitet und dabei gemerkt habe, dass es mir liegt, mit Kindern und Jugendlichen umzugehen", sagt Fritz Scheuer. Für ihn ist es ideal, wenn man bereits praktische Erfahrungen gesammelt hat: "Wer beispielsweise beim Sport, dem Roten Kreuz oder im Musikverein Verantwortung für eine Gruppe Kinder oder Jugendlicher übernommen hat, der hat bereits eine gewisse Vorschulung für den Lehrerberuf", sagt Scheuer. So jemand wisse, ob er sich präsentieren könne und als "Leader" akzeptiert werde. Scheuer selbst hat sich bis heute dem Volleyball verschrieben, war viele Jahre Trainer und ist Präsident des Volleyball-Clubs Offenburg. Sein erstes Fach stand für den heute 63-Jährigen, der im vergangenen Jahr pensioniert wurde, mit Sport schnell fest. Als zweites Fach wählte er Deutsch: "Für mich war klar, ich wollte nicht hochwissenschaftlich an der Universität studieren, sondern es pädagogischer und praktischer angehen. Deshalb habe ich mich für das Studium an der Pädagogischen Hochschule entschieden." Heute gebe es bereits im ersten und zweiten Semester Blockpraktikas: "Die Kinder und Jugendlichen bekommen sehr schnell heraus, wen sie platt machen können. Da erfährt jeder selbst sehr schnell, ob das wirklich der richtige Beruf für ihn ist. Aber auch die Mentoren und die Schulleitung bekommen rasch mit, ob jemand geeignet ist. Wenn ich erkannte, dass jemand im Lehrerberuf nicht lange überleben wird, dann habe ich ihm davon abgeraten, seinen Berufswunsch weiter zu verfolgen."

"Wer Lehrer werden will, der muss die Schüler als Individuen annehmen und respektieren. Jedem muss klar sein, dass es nicht immer einfach ist. Die Kinder und Jugendlichen sind unterschiedlich sozialisiert, kommen aus unterschiedlichen Verhältnissen, durchleben die Pubertät und bringen auch Stress von zu Hause mit in die Schule", erklärt Scheuer, für den klar ist, dass ein Lehrer auch lachen können muss. "Man muss auch einfach mal fünf gerade sein lassen." Selbstverständlich müsse ein Lehrer fachlich kompetent sein, sich Respekt erarbeiten können, teamfähig und kooperationsfähig gegenüber seinen Kollegen sein, so Scheuer: "Vor allem ist eine hohe Frustrationstoleranz gefordert und man muss mit dem Wandel der Gesellschaft zurecht kommen." Viele Eltern würden heute ihre Erziehungsverantwortung am liebsten auf die Schule abwälzen.
"Es gibt viele Klischees über den Lehrerberuf, zum Beispiel, dass man nachmittags immer frei hat. Das gibt es eigentlich nicht mehr, schon gar nicht in Zeiten der Ganztagesschulen, und deren Anzahl wird weiter steigen", sagt Fritz Scheuer. Mit einer einfachen Rechnung tritt er dem Argument der vielen Freizeit entgegen: "Wenn ich zwei neunte und zwei zehnte Klassen im Deutschunterricht habe, dann bedeutet das für lediglich einen Aufsatz den ich jeweils schreiben lasse, dass ich zu Hause über 100 Aufsätze korrigieren muss, für jeden etwa eine Stunde benötige. Das sind alleine bereits über 100 Stunden Arbeit in der unterrichtsfreien Zeit und es bleibt ja nicht bei einem Aufsatz. Mein Sohn hat immer gestöhnt und gesagt: ,Der Papa hat schon wieder Aufsätze dabei.' Er hatte schnell gelernt, dass dies auch in den sogenannten Schulferien Arbeit und für ihn selbst den Verzicht auf den Vater bedeutet."

Unterrichtet habe er immer sehr gerne, auch in seiner Zeit als Konrektor und Rektor: "Ein Schüler, der immer genervt, für Stress und Ärger gesorgt hat, ist als Erwachsener einmal auf mich zugekommen. Selbstverständlich war ich gespannt, was kommt, denn ich hatte ihn erkannt. Er hat mir die Hand gereicht und gesagt, dass er sich schon immer einmal bei mir bedanken wollte. Es sei für ihn eine harte Zeit in der Schule gewesen, aber genau richtig."

Solche und ähnliche Begegnungen und Erfahrungen würden motivieren und anspornen, kämen aber nicht sehr häufig vor. "Kinder und Jugendlichen etwas über die Welt beizubringen, sie zu begleiten, ihnen über die verschiedensten Lebenskrisen hinweg zu helfen, das war mir als Lehrer immer wichtig und hat es für mich zu dem Traumberuf gemacht, der zu mir passt. Und ich bin nie mit Bauchweh in die Schule."

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