Hohe Erledigungszahlen
Landgericht zieht positive Bilanz

Präsident des Landgerichts Dr. Jens Martin Zeppernick (v. l.), Pressesprecherin des Landgerichts, Richterin Dr. Anne Doll, stellvertretende Pressesprecherin, Richterin Marion Pabst | Foto: Landgericht Offenburg
  • Präsident des Landgerichts Dr. Jens Martin Zeppernick (v. l.), Pressesprecherin des Landgerichts, Richterin Dr. Anne Doll, stellvertretende Pressesprecherin, Richterin Marion Pabst
  • Foto: Landgericht Offenburg
  • hochgeladen von Matthias Kerber

Offenburg (mak/st). Das Landgericht Offenburg hat Bilanz gezogen und die Ergebnisse im Rahmen eines Pressegesprächs präsentiert. Stolz war der Präsident des Landgerichts, Dr. Jens Martin Zeppernick, über die hohen Erledigungszahlen in Zivilsachen. Im vergangenen Jahr wurden 1.585 Zivilverfahren abgearbeitet, bei 1.341 Eingängen. "Das sind gute Zahlen", so Zeppernick. Auch bei der Verfahrensdauer kann das Landgericht glänzen. Lag im Jahr 2020 die Dauer eines Verfahrens im Schnitt bei 9,6 Monaten, so konnte man diesen Wert für das vergangene Jahr auf 8,7 Monate drücken. „Wir waren 2021 recht erfolgreich nach einer Phase, in der wir lange Zeit unterbesetzt waren“, lobte Zeppernick seine 21 Richterkollegen. 

Unterlassungs- und Schmerzensgeldsachen machen den Großteil der Zivilverfahren aus, erklärte Richterin Dr. Anne Doll. Ein Fall ist der Streit zwischen Boris Becker und Oliver Pocher. Der zuletzt für Juli angesetzte Termin vor dem Landgericht musste mehrfach vertagt werden und soll nun im Oktober stattfinden.

Stark rückläufig sind nach Angaben von Richterin Doll die Dieselverfahren. Wurde das Landgericht 2018 noch mit 341 solcher Verfahren überschüttet, sank die Zahl im vergangenen Jahr auf 179. Ob die Fallzahlen weiter zurückgehen, bleibt abzuwarten, meinte die Richterin. Sie verwies auf ein ganz neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs bezüglich der Zulässigkeit sogenannter Thermofenster. "Manche Anwälte sprechen schon vom Dieselskandal 3.0. Wir müssen schauen, wie sich das entwickelt", sagte Anne Doll. 

Auch die Zahlen der Strafverfahren bei vorsätzlichen Tötungsdelikten zeigen eine positive Entwicklung. Wurden 2018 noch zwölf Verfahren vor dem Landgericht verhandelt, waren es im vergangenen Jahr nur noch fünf, führte Richterin Marion Pabst aus. Ein besonders spektakulärer Fall war der sogenannte Gummihammerprozess. Der Täter stieg in der Absicht, den Partner seiner ehemaligen Freundin mit einem Gummihammer zu erschlagen, nachts versehentlich in die falsche Wohnung ein und hat dann auf die falsche Person, die dort im Bett lag und schlief, eingeschlagen. Als er seinen Irrtum bemerkte, floh er. Obwohl der Täter einen Plan erstellte, wie er den Mann töten wollte, der Gummihammer aber dort nicht als Tatwerkzeug aufgeführt wurde, wurde der Täter wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Urteil wird derzeit vom Bundesgerichtshof überprüft. 

Positive Bilanz zog der Landgerichtspräsident hinsichtlich der weiterhin bei den Verfahrensbeteiligten sehr beliebten Onlineverhandlungen, die am Landgericht Offenburg besonders oft zum Einsatz kommen und der Einführung der elektronischen Akte in Zivilverfahren. „Jetzt sind alle Gerichte im Landgerichtsbezirk auf die E-Akte umgestellt, was die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten nochmals verbessert und einen weiteren Schritt zum papierfreien Büro darstellt“, freute sich Jens Zeppernick. „Bürger können sich weiterhin mit normaler Post an das Gericht wenden, für diese gibt es keine Änderungen“, betonte Anne Doll.

Für die Förderung des beschleunigten Verfahrens in Strafsachen wurden im Landgerichtsbezirk mit Unterstützung des Justizministeriums, das dafür eine zusätzliche Richterstelle bewilligte, die Weichen gestellt: Am 1. Juni 2022 fiel in Offenburg der Startschuss zur Umsetzung des Pilotprojekts. Im beschleunigten Verfahren folgt die Strafe der Tat auf dem Fuß. Die Hauptverhandlung findet im Idealfall noch am Tag der Festnahme statt. Typische Anwendungsfälle sind unter anderem Ladendiebstähle, insbesondere wenn die Täter keinen festen Wohnsitz in Deutschland haben. Dass dieses wichtige Projekt so schnell und erfolgreich angelaufen ist, ist der in Offenburg außergewöhnlich guten Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft, Polizei und Amtsgericht zu verdanken, betonte Zeppernick.

Abschließend berichtete der Landgerichtspräsident über das Projekt zur Einführung eines hauptamtlichen Bereitschaftsdienstes im Bezirk. Bereitschaftsrichter sind außerhalb der regulären Dienstzeiten tätig und kümmern sich unter anderem um Unterbringungen, Haftsachen oder andere besonders eilbedürftige Verfahren, die nicht bis zum nächsten Tag warten können. Ab 2023 soll diese anspruchsvolle Aufgabe nur noch von einer kleinen Gruppe von Richtern bearbeitet werden, die sich so auf die oft schwierigen Rechtsfragen spezialisieren können.

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.