Sanierungsgebiet Bahnhof/Schlachthof
Ideen fürs Wohnen von morgen

Der Offenburger Künstler Klaus Wörner (rechts) gibt Tipps und Hilfestellung bei dem Mikroprojekt. | Foto: suwa wortwahl
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Offenburg (st). Sie malen, diskutieren und haben Freude. Die Leinwände sind zum Teil mit Motiven zum Thema „Wohn Utopia“ in bunten Farben inszeniert. Frauen und Männer, für die die Straße zum Mittelpunkt ihres Lebens geworden ist, können hier unter Anleitung des Offenburger Künstlers Klaus Wörner kreativ sein. Erfahrungsebene schaffen, etwas Sinn erfülltes tun, die Umgebung der Wärmestube nett gestalten – das sind Ziele dieses Projekts. Eine Vernissage findet zusammen mit dem Kulturförderverein Stud e.V. am Sonntag, 22. August, um 11 Uhr statt.

Damit ist das erste von insgesamt sechs genehmigten Mikroprojekten im Rahmen des Sanierungsgebiets Schlachthof-Bahnhof gestartet. „Wie wir uns vorstellen, in der Zukunft zu leben“, bringt es einer der Teilnehmer auf den Punkt. Er malt auf den luftdurchlässigen Folien in einer Größenordnung von 2,60 auf 1,70 Meter ein Hochhaus-Ensemble. Daneben liegt ein stilisierter Geldbeutel. Ein anderer Künstler hat einen Wohnwagen hinter einen Trecker gespannt, seine Vorstellung von künftigem Wohnen. Ein anderer wieder würde gerne in einem Baumhaus leben. „Die Motive sollen unseren Platz verschönern, denn die Idee war, die Bauzäune attraktiver zu gestalten“, betont Bärbel Wahl, Bereichsleitung Ambulante Hilfen/Streetwork. Das Angebot fand vom 9. bis 13.August jeweils von 10 bis 14 Uhr statt, mittags wurde zusammen gegessen. „Die Teilnehmer wechseln. Manchmal sind die Leute zwei Stunden da, manchmal nur kurz.“ Alles sind Gemeinschaftsbilder, jeder arbeitet daran mit. Die Aktiven sind zwischen 20 und 70 Jahre alt.

Jeder ist künstlerisch befähigt

Klaus Wörner findet, dass gerade die auf der Straße lebenden Menschen wenige Angebote für sich in der Gesellschaft finden. „Alle Leute sind künstlerisch befähigt“, weiß Wörner. Er hat einige der Leinwände vorab mit Motiven bestückt, so das Gebäude des Schlachthofs, die Borofsky-Skulptur, „um die Furcht vor der weißen Leinwand zu nehmen.“ Verwendet werden Kunstharzfarben, die sind wetterbeständig. Die Grundfarben stehen bereit und können nach Herzenslust gemischt werden. Am Ende wird Klaus Wörner die Leinwände vollenden, damit nichts weiß bleibt.

Ein Motiv stellt den Mond dar, Teilnehmer haben darauf ihre Wohnplätze reingemalt. Woanders heißt es ein wenig provokant „Affenburg lässt grüßen“. Hier wird der Betrachter auf eine Reise der Interpretation geschickt, verdeutlicht AGJ-Leiter Thomas Rutschmann. Entscheidend ist für ihn, dass die Menschen einen anderen Rahmen finden, ihre Talente zeigen können. Denn im Alltag erfahren sie eher eine Marginalisierung und dieses Kunstthema geht über die Basisversorgung rund um die Wärmestube hinaus. Klaus Wörner erzählt, wie ein Straßenmusiker am Bahnhof an der Treppe saß und ihn gefragt hat, ob er ihm hilft, sein Saxophon zu malen. „Ich musste ihn nicht sehr unterstützen, er hat es selbst gestaltet.“ Nun ist es ein Motiv auf den Leinwänden. Eine junge Frau malt den Stadtwald, eine andere sieht eine einsame Insel mit Palme im Meer als ihren Sehnsuchtsort. Klaus Wörner sieht sich vor allem als Moderator in diesem Kreis der Motivmaler.

Große Bandbreite

Die Arbeiten zeugen von einer ziemlichen Bandbreite, von der kindlichen Darstellung bis hin zu sehr abstrakten und auch sehr realen Motiven. „Im Tun sind wir alle gleich“, sagt Bärbel Wahl. Corona hat auch solche Projekte verhindert. Für die Sozialarbeiter war es schwierig, die Menschen auf der Straße zu kontaktieren. „Diese Leute können wir nicht per Videoschalte erreichen.“ Umso glücklicher sind alle, dass die Projektwoche jetzt bei strahlendem Wetter starten konnte.

Das Projekt wird mit einem Betrag in Höhe von 2.500 Euro durch die Mikroprojektförderung der Stadt Offenburg im Rahmen des Sanierungsgebiets Schlachthof-Bahnhof gefördert. Projektträger ist der AGJ Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.

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