Hilfe bei Adipositas
Eine Magenverkleinerung ist oft die letzte Option

Vanessa Männle fühlt sich endlich wohl in ihrer Haut. | Foto: privat
  • Vanessa Männle fühlt sich endlich wohl in ihrer Haut.
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Offenburg „Adipositas hast du ein Leben lang“, sagt Vanessa Männle fröhlich und legt die knapp 100 Gramm Thunfisch neben 80 Gramm Karotten auf ihren Teller. Die Mini-Portionen reichen aus, ihr „Hüngerchen“ zu stillen – seit einem Jahr lebt die 34-jährige Fachberaterin für Behördenkunden mit einem Magenbypass. Sie gehört zu den Menschen, die im Sinne ihrer genetischen Disposition überschüssige Kalorien in Fett speichern und sich deshalb eventuelle Fehlernährung oder zu wenig Bewegung fatal auswirken. „Ab der Realschule habe ich stetig zugenommen“, erzählt sie, und dass sie in der Folge massiv gemobbt wurde. Das tat weh, machte aber auch stark. So stark und mutig, dass sie nach unzähligen erfolglosen Diäten über Jahre professionelle Hilfe suchte. Sie informierte sich im Adipositas-Zentrum Offenburg über Möglichkeiten einer OP – und wagte sie.

Vor allem zwei Methoden werden im Adipositas-Zentrum angewandt: der Schlauchmagen (für sehr schwere Patienten) und der Magenbypass, laut Bernhard Hügel, Chefarzt der Chirurgie am Ortenau-Klinikum Offenburg-Kehl, das Verfahren mit der größten Effizienz auf Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes Typ 2.

Wenige Komplikationen

Zudem sei er im Offenburger Zentrum das Verfahren mit der niedrigsten Komplikationsrate, vielleicht auch durch den Einsatz von Robotik. Egal welche Variante: „Wenn die Adipositas bereits ein entsprechendes Ausmaß erreicht hat, das heißt Adipositas II mit einem BMI 35 bis 39,9 samt Begleiterkrankungen, ist die OP mit Abstand konkurrenzlos“. In Zahlen: Von 2011 bis 2024 wurden über 780 Adipositas-Eingriffe vorgenommen. Der Übergewichts-Verlust – bei allen Patienten – liegt nach einem Jahr beim Bypass bei 77 Prozent (durchschnittlich bei 42 Kilo), beim Schlauchmagen bei 68 Prozent der Patienten (im Schnitt bei 58 Kilo).

Vanessa hat ein Jahr nach ihrer Magenbypass-OP über 50 Kilo verloren, heute wiegt sie 78 Kilogramm bei einer Größe von 1,72 Meter. Vor der OP hatte sie einen BMI von über 40, litt unter Bluthochdruck und einer Vorstufe von Diabetes. Damit waren die Indikationen für eine OP gegeben, die inklusive Vorsorge und Nachsorge zum Teil von der Krankenkasse übernommen wird.

Vorbereitung auf die OP

In der Regel dauert die Vorbereitung ein halbes Jahr – dazu gehören Ernährungs- und Sportprogramme, Gespräche mit Psychologen, der Ausschluss anderer krankheitsverursachender Erkrankungen, fakultativ Besuche von Selbsthilfegruppen, der Termin beim plastischen Chirurgen. Vanessas Fazit: Das Lebensgefühl sei heute „besser anders“, gesundheitliche Probleme seien kein Thema mehr, Mode mache wieder Spaß, sie habe ein positives Körpergefühl. Aber ohne Disziplin gehe nichts – pro Mahlzeit nicht mehr als 150 bis 200 Gramm essen, Essen und Trinken voneinander trennen, Vitamin- oder Spuren-Elementmangel mit Supplementen gegensteuern. Immer im Kopf, dass man zunimmt, wenn man in alte Verhaltensmuster zurückfällt: „Es muss einem klar sein, dass die OP nur Anstoß, nicht Lösung sein kann.“

Nach dem Magen die Haut

„Adipositas ist eine chronische Krankheit und kann nicht geheilt werden“, betont auch Doktor Hügel. Deshalb sollten Nachsorge und Laborkontrollen lebenslang erfolgen. Natalie Bohnert, ebenfalls mit Magenbypass, hat den jährlichen Check im Adipositas-Zentrum schon dreimal gemacht. Die beiden kennen sich von der Selbsthilfegruppe UHU'z (), eine „große Unterstützung“. Die 41-jährige Einzelhandelskauffrau wiegt heute 73 Kilogramm bei einer Größe von 1,78 Meter, fast 70 Kilo hat sie verloren. „Kein einfacher Weg, aber der richtige“, sagt Natalie aus voller Überzeugung. Ohne OP hätte sie schon bald nicht mehr arbeiten können, wäre sicher nur noch zu Hause gesessen. Heute ist sie aktiv, macht Sport, geht gerne aus. Genießen in Maßen ein Leben lang, Gelüste im Griff haben, lernen, dass man nicht alles essen kann, weil der Magen sonst rebelliert – das alles nehmen die beiden Frauen gerne in Kauf. Inzwischen stellt sich die Frage einer plastischen OP. Wie die überflüssige Haut in den Griff kriegen, die bei jeder Bewegung Schmerzen bereitet? Was bezahlt die Krankenkasse? Auch hier hilft das Adipositas-Zentrum weiter.

Hintergrund

Adipositas (Fettsucht) ist eine chronische Krankheit, die definiert ist, als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Berechnungsgrundlage für die Gewichtsklassifikation ist der Body Mass Index (BMI). Bei einem BMI über 30 spricht man von Adipositas. Begleiterkrankungen können Bluthochdruck, Diabetes Typ 2 und Arthrose sein. Der mittlere BMI zum OP-Zeitpunkt liegt in Deutschland bei 47,5, in Offenburg bei 49. Welche Risiken gibt es bei Adipositas? Gabriele Ritter

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