Quartalsbericht des Jobcenters
Deutlich mehr Bürgergeldbezieher
Offenburg (st) Die Zahl der Familien beziehungsweise Haushalte, die Bürgergeld beziehen, ist im Dezember 2023 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 341 auf 8.796 angestiegen. Dies entspricht einer Zunahme von vier Prozent. Das geht aus dem Quartalsbericht der Kommunalen Arbeitsförderung Ortenaukreis (KOA) hervor. Unter den zuletzt 12.156 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB) befanden sich im Dezember 2023 1.933 Personen aus nichteuropäischen Flüchtlingsländern und 2.299 ukrainische Geflüchtete. Deren Zahl ist im vierten Quartal 2023 um 53 gesunken. Der überwiegende Teil der Geflüchteten ist zwischen 25 und 55 Jahren alt und weiblich.
Wer keiner Tätigkeit mit mindestens 15 Stunden pro Woche nachgeht, keine arbeitsmarktpolitische Maßnahme beziehungsweise einen Integrationssprachkurs besucht oder zur Schule geht, gilt statistisch als arbeitslos. Durch den Zuwachs an ukrainischen Geflüchteten ist der Anteil der arbeitslosen erwerbsfähigen Leistungsbezieher (ELB) laut dem Jobcenter bereits im Vorjahresquartal auf knapp über 40 Prozent gestiegen. 2011 lag der Anteil noch bei 36,3 Prozent. Die Zahl der unter 25-Jährigen im Bürgergeldbezug hat durch den Krieg in der Ukraine stark zugenommen. Von den 2.295 ELB unter 25 Jahren hatten im Dezember 375 den Status arbeitslos, was einem Anteil von rund 16 Prozent entspricht.
Weniger Integration in den Arbeitsmarkt
Im Vergleich zum Vorjahresquartal hat sich die Anzahl der Integrationen geringfügig auf 475 im vierten Quartal 2023 verringert, ein Minus von 4,4 Prozent. Im vierten Quartal 2023 hatten Frauen mit 196 Integrationen einen prozentualen Anteil in Höhe von 41,3 Prozent, er liegt damit leicht unter dem Wert des Vorjahres (47,5 Prozent). Im Dezember 2023 waren 2.066 Teilnehmende in einer Arbeitsfördermaßnahme und damit deutlich mehr (plus 16,8 Prozent) als im Vorjahresquartal. Hauptgrund hierfür sind die zahlreichen Angebote für Sprachförderung, in die ukrainische Geflüchtete vermittelt werden.
Die Zuweisung von SGB II-Leistungsempfängern in Beschäftigungsmaßnahmen ist eine laut dem Jobcenter eine bedeutende arbeitsmarktpolitische Strategie bei der Aktivierung Arbeitsloser, die auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht oder nicht auf Anhieb vermittelbar sind. Arbeitsgelegenheiten stellen den größten Anteil an Beschäftigungsmaßnahmen dar. Diese sind im Dezember 2023 auf 212 gestiegen. Bei Arbeitsgelegenheiten gehen die Arbeitslosen bis zu 24 Monate einer Tätigkeit nach, die von einem Träger angeboten und vom Jobcenter vermittelt wird. Dafür erhalten die Teilnehmer zusätzlich zum Bürgergeld eine sogenannte Mehraufwandsentschädigung. Dieses Vorgehen habe sich bereits während der großen Flüchtlingsbewegung 2016 bewährt.
Kontakte zu Arbeitgebern
Im November führte das Jobcenter eine Stellenbörse in Kooperation mit der Agentur für Arbeit durch. Diese war als „Chancenmarkt“ konzipiert. 360 arbeitslose ukrainische Geflüchtete im Alter von 20 bis 63 Jahren wurden ohne Rechtsfolgen eingeladen. 250 Personen sind der Einladung gefolgt. Weiterhin wurden 15 überwiegend mittelständische Arbeitgeber eingeladen, von denen zehn anwesend waren. Die Rückmeldungen der Arbeitgeber waren durchweg positiv. Von den 107 fortführenden Kontakten, die das Jobcenter herstellen konnten, erfolgten bisher vier Integrationen.
Am 28. November fand ein Mitmachtag im Ortenau Klinikum statt. Es wurden verschiedene Berufe, hauptsächlich aus dem pflegerischen Bereich, vor Ort vorgestellt. Bisher fanden zwei Integrationen, drei Praktika und Folgegespräche statt.
Die beiden Veranstaltungen haben gezeigt, dass diese Formate Potenzial haben, zukünftig passgenaue Vermittlungen von Geflüchteten an Arbeitgeber zu realisieren.
Im Rahmen des sogenannten „Job-Turbo“ werden die ukrainischen Bürgergeldbezieher eingeladen, unterstützt und aktiviert. Sie haben die Chance, in den Arbeitsmarkt einzusteigen und ihre berufliche Zukunft mitzugestalten, insbesondere nach Abschluss der Integrationskurse und dem Erwerb grundlegender Deutschkenntnisse. Im März 2024 ist ein weiterer Chancenmarkt in Offenburg geplant. Eine regionale Ausweitung soll erfolgen. Arbeitgeber können direkt an das Jobcenter herantreten.
Leistungsminderungen sind möglich
Wie aus der Pressemitteilung weiter hervorgeht, soll es zur Wiedereinführung von Leistungsminderungen kommen, die über die bisher möglichen 30 Prozent des Regelbedarfs hinausgehen. Diese betreffen hauptsächlich Beziehende von Bürgergeld, die sich weigern, eine angebotene Arbeitsstelle anzunehmen. Der Grundgedanke ist es eine Signalwirkung zu entfalten, und das Bewusstsein zu stärken, dass im Bürgergeld eine Mitwirkungspflicht besteht. Geplant ist der vollständige Wegfall des Regelbedarfs im Bürgergeld für maximal zwei Monate. Die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme muss tatsächlich und unmittelbar bestehen. Die geplante Regelung zu Leistungsminderungen soll Einsparungen beim Bürgergeld in Höhe von 170 Millionen Euro bringen. Mit den bisher bekannten Bedingungen, die eine solche Leistungsminderung ermöglichen, erscheint es nach derzeitiger Einschätzung der KOA unwahrscheinlich, dass die geplanten Einsparungen zu realisieren sind.
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