Handwerker luden zum Politischen Gespräch
Das Land sei reformunfähig

Kreishandwerksmeister Bernd Wölfle | Foto: Kreishandwerkerschaft Ortenau
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Offenburg (st) Rund 100 Handwerker aus verschiedenen Gewerken nahmen das Angebot der Kreishandwerkerschaft Ortenau an,  auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen.

Kreishandwerksmeister Bernd Wölfle signalisierte in seiner Begrüßung, dass sich durch die derzeitigen Bauernproteste auch das Handwerk mit der Frage der Positionierung beschäftigt habe. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hatte am 19. Januar zu einer bundesweiten Aktion mit einer symbolischen Arbeitsniederlegung von zehn Minuten aufgerufen. Man war sich schnell einig, dass diese Aktion nicht die öffentliche Wahrnehmung erreichen werde, so Bernd Wölfle. Deshalb habe man das politische Gespräch organisiert und Vertreter aus der Bundes- und Landespolitik sowie aus dem Kreis eingeladen.

Kreishandwerksmeister Bernd Wölfle betonte, dass die anwesenden Politiker demokratisch gewählt seien und die Handwerker erwarteten, dass die Anliegen auch in den abgeschirmten Regierungszentralen in Berlin oder Stuttgart weitergetragen würden. Er bat seine Handwerkskollegen ihre Anliegen persönlich vorzubringen. Die Moderation übernahm Dr. Handirk von Ungern-Sternberg von der Handwerkskammer Freiburg. Nach einer Vorstellungsrunde mit einem kurzen Statement der anwesenden politischen Vertreter begann der Austausch zwischen Handwerk und Politik.

Politik breit vertreten

Politisch vertreten waren durch Bund und Land Yannick Bury MdB (CDU), Volker Schebesta MdL (CDU), Thomas Marwein MdL (Bündnis90/die Grünen), Bernd Mettenleiter MdL (Bündnis90/die Grünen) und Gaby Rolland MdL (SPD). Als Fraktionsvorsitzender Kreistag-Bündnis90/die Grünen war Alfred Baum und als Kreisvorsitzender der FDP-Ortenau war Johannes Baier vertreten. Dr. Nikolas Stoermer vertrat als Erster Landesbeamter den Landrat und von der Handwerkskammer Freiburg war Präsident Johannes Ullrich, sowie Martin Schubnell, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Emmendingen, anwesend.

Die Widersprüchlichkeit und die Unzuverlässigkeit der Politik sei nicht mehr tragbar. Ebenso die viel zu hohe Bürokratie und die ständigen Dokumentationen seien eine hohe Belastung für klein-und mittelständische Betriebe. Bei Kleinbetrieben würden Psychische Gefährdungsanalysen verlangt, dies sei unzumutbar. Die zunehmende Bürokratie und Dokumentationspflicht mache eine Betriebsnachfolge nicht attraktiver. Man habe den Eindruck, dass das freie Denken und der gesunde Menschenverstand in Frage gestellt würden. Bei solch einem Irrsinn wäre eine  Gefährdungsanalyse bei den Politikern besser angebracht, so die Handwerker vor Ort. Diesem Kontrollzwang werde man auf Dauer nicht nachkommen, weil es schlichtweg nicht mehr machbar sei. Man fordere eine dringende Änderung. Zudem würde bei diesem Nachweis-Marathon niemals die Frage nach der Gesundheit der Inhaber gestellt. Das Handwerk sei dahingehend am Limit.

Reformunfähigkeit

Das Land sei reformunfähig und die Politik wisse nicht mehr, was draußen an der Basis passiere. Zudem sei die Politik ignorant. Aufgrund der Haushaltsprobleme fehlten Milliarden. Das Aufstocken der Sozialausgaben sei der falsche Weg. Durch die Haushaltslücke müssten die Leistungsträger noch mehr Abgaben erbringen. Der Wähler werde sich eventuell einen neuen Chef suchen müssen, so die Handwerker. Es könne nicht sein, dass sich Leistung nicht mehr lohne. Milliarden gingen an Betriebe wie beispielsweise Tesla und die Handwerksbetriebe würden langsam sterben.

Dahingehend wurde auch die Zahlungsmoral der öffentlichen Träger sehr kritisiert. Dies sei unzumutbar, so die Anwesenden. Von der Bauwirtschaft BW wurde ein 22 Punkt Programm entwickelt, das zudem konjunkturfördernd wäre. Hierzu habe es bis heute keine Resonanz seitens der Politik gegeben. Man fordere die dringende Bearbeitung dieses Programmes. Das Lebensmittelhandwerk könne der Entwicklung der fünf großen Lebensmittelkonzerne auf Dauer nicht mehr standhalten. Die Preispolitik sei katastrophal und die hohen Energiepreise seien nicht mehr tragbar.

Zum Thema Fachkräftemangel kritisieren die Handwerker, dass speziell in den Gymnasien das Handwerk als mögliche Berufswahl den Schüler nicht vorgestellt würde. Hierzu plädierte man auf ein verpflichtendes freiwilliges Jahr im Handwerk oder in Pflegeberufen für alle Schulabgänger.

 "Ein Anfang", so Bernd Wölfle abschließend, "aber wir aus der Ortenau werden nicht viel Zeit bis zum nächsten Gespräch
verstreichen lassen."

Kreishandwerksmeister Bernd Wölfle | Foto: Kreishandwerkerschaft Ortenau
Fragerunde beim politischen Dialog | Foto: Kreishandwerkerschaft Ortenau

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