Fußnote, die Glosse im Guller
Dankeschön an den Service
Zugegeben, Weihnachten wäre der bessere Zeitpunkt gewesen. Aber nun habe ich ihn leider verpasst. Trotzdem wird sich der Zeitungsausträger auch zwischen den Jahren über ein kleines Dankeschön freuen.
Vielleicht liegt es daran, dass ich als Jugendliche selbst Zeitschriften ausgetragen und anschließend lange als Kellnerin gejobbt habe. Daher weiß ich: Beides sind nicht gerade Tätigkeiten des Hochlohnsektors. Und wenn die Leute ihren Job gut gemacht haben, dann gebe ich sehr gerne Trinkgeld.
Geizhals im Gucci-Cardigan
Das sehen nicht alle so. "Die werden doch für ihre Arbeit bezahlt. Warum soll ich da noch was drauflegen?", erklärte mir einmal ein Geizhals im gemusterten Gucci-Cardigan. Vielleicht war das Strickjäckchen auch von Armani, da habe ich nicht so den Blick für. Jedenfalls war es dem Designertypen wichtig, dass ihn jeder für einen Erfolgsmenschen hält. Wer aber Taxifahrern, Kellnern oder Friseuren nicht einmal zehn Cent Trinkgeld zubilligt, ist für mich trotzdem nur ein armseliges Würstchen!
Dabei muss Großzügigkeit keineswegs immer angenehm sein. Manchmal sind die so locker sitzenden Scheine lediglich eine Art Schmerzensgeld. Wer kennt nicht die Herren, manchmal auch Damen, die alle freihalten, jede Runde mit einem großen Schein bezahlen und der Rest ist Trinkgeld. Dafür müssen alle verzückt an ihren Lippen hängen, egal welcher Blödsinn über dieselben kommt. Nun ja, der Gast ist König und Attila soll auch immer die Sau rausgelassen haben.
Ein echter Schenkelklopfer
Einen besonderen Platz in meinem Herzen haben die Witzbolde. Die Rechnung beträgt 12,50 Euro, der Scherzkeks gibt einen Zehner und sagt: stimmt so. Ist das nicht ein Schenkelklopfer, wenn ein gestresster Glühweinverkäufer darauf reinfällt! Wenn dann alle herzlich gelacht haben, wird die Differenz bezahlt plus 50 Cent extra. Das ist ihm der Spaß wert.
Ja, mit 50 Cent glaubt sich mancher, viel erkaufen zu können: beispielsweise unfassbar große und ewige Dankbarkeit, gerne auch ein detaillierter Bericht darüber, in was dieser unerwartete Gewinn investiert wird.
Eins muss in diesem Zusammenhang auch erwähnt werden. Trinkgeld ist eine freiwillige Leistung, auf die kein Anspruch besteht – schon gar nicht, wenn die Serviceleistung mies ist. Da mein Guller-Austräger aber einen guten Job macht, hat er es sich ganz ohne Tamtam verdient. Auch wenn Weihnachten der bessere Zeitpunkt gewesen wäre.
Anne-Marie Glaser
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.