Bilanz Staatsanwaltschaft Offenburg
Abrechnungsbetrug in Millionenhöhe
Offenburg 25.700 Verfahren leitete die Staatsanwaltschaft Offenburg 2023 gegen Beschuldigte ein. Ein Jahr zuvor waren es noch 23.440, in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres gab es 8.500 Verfahrenseingänge. "Das Niveau bleibt konstant", stellte die Leitende Oberstaatsanwältin Iris Janke im Rahmen eines Pressegesprächs fest.
Dabei richtete sich der Blick nicht nur auf die Vergangenheit, es wurde auch der Sachstand laufender Verfahren dargestellt: Der Prozess zu dem Tötungsdelikt an der Waldbachschule in Offenburg läuft. Der 22-jährige Angeklagte der Brandserie in Kehl-Neumühl wurde zu drei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Bezüglich des Brandes eines Motivwagens beim Kehler Fastnachtsumzug 2024 laufen die Ermittlungen noch.
Abrechnungsbetrug
Die Ermittlungsverfahren im Zuge der Covid-19-Pandemie wegen Fälschung von Maskenattesten und Impfpässen sind abgeschlossen. Allerdings stehen nun die Corona-Testzentren im Fokus: Es sind 15 Ermittlungen gegen mehrere Betreiber anhängig, gegen die der Verdacht besteht, dass mehr Tests abgerechnet als tatschlich vorgenommen wurden. "Es handelt sich um einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe", so Staatsanwalt Hans Christian Schmitz. In drei Verfahren sei bereits Anklage erhoben, eines eingestellt worden. In allen weiteren dauerten die Ermittlungen an. "Im Wege der Vermögensabschöpfung wurden die Beträge sichergestellt", so Schmitz.
Oberstaatsanwalt Kai Stoffregen warf einen Blick auf die Entwicklung neuer Konzepte: So wurden 2023 im Haus des Jugendrechts in Offenburg 2.300 Verfahren bearbeitet. "Es hat sich sehr gut etabliert", so Stoffregen. Deshalb seien in Lahr und Kehl eigenständige Standorte in Planung. "Das wird in den nächsten zwei bis drei Jahren passieren", blickte Stoffregen in die Zukunft. In Kehl werde das Konzept um eine grenzüberschreitende Komponente erweitert.
Erfolgreiche Konzepte
Die beschleunigten Verfahren, die seit Juni 2022 im Bereich der Staatsanwaltschaft Offenburg angewendet werden, haben sich gut etabliert. Diese Möglichkeit, eine Bestrafung unmittelbar nach der Tat folgen zu lassen, wird vor allem bei Ladendiebstählen, Schwarzfahrten, einfach gelagerten Körperverletzungen, Hausfriendesbrüchen oder Sachbeschädigungen angewendet, vor allem, wenn die Täter nicht ortsgebunden sind. 84 Mal wurde dieses Verfahren 2023 angewendet. Nach wie vor wird auf die Bekämpfung häuslicher Gewalt großes Augenmerk gerichtet. Auch hierbei befinden sich die unterschiedlichsten Behörden und Verbände im Austausch.
417 Verfahren fielen 2023 im Deliktsbereich der Gewalt gegen Polizeibeamte an. Dabei wird auf eine umgehende Bestrafung durch spürbare Geld- und Freiheitsstrafen gesetzt. Positiv wird ebenso die Zusammenarbeit mit dem Childhood-Haus Offenburg gesehen.
Statistik
Der Landgerichtsbezirk Offenburg erstreckt sich über den Ortenaukreis mit Ausnahme der Bezirke des Amtsgerichts Achern, der zum Landgerichtsbezirk Baden-Baden gehört, und dem Amtsgerichtsbezirk Ettenheim, der im Landgerichtsbezirk Freiburg liegt. Die Zahl der eingegangenen Verfahren lag im Jahr 2022 bei 23.440, im Jahr 2023 bei 25.700. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres sind bereits 8.500 Verfahren angefallen.
Es wurden gegen etwas mehr als 3.400 Beschuldigte Anklagen und Strafbefehle aufgrund eines hinreichenden Tatverdachts zu den Gerichten erhoben beziehungsweise beantragt. Die Verfahren gegen 1.235 Beschuldigte wurden 2023 gegen Auflagen eingestellt. Gegen 3.943 Beschuldigte wurden die Verfahren wegen geringer Schuld eingestellt. Dabei handelte es sich um geringfügige Erstverstöße etwa im Bereich Schwarzfahren.
Deliktsbereiche
Im vergangenen Jahr wurde ein Tötungsdelikt verübt - die Gewalttat an der Offenburger Waldbachschule am 9. November. Im Grenzgebiet binden die Verfahren im Bereich Betäubungsmittel die Arbeitskraft. Sie sind laut Staatsanwaltschaft von etwas mehr als 1.800 im Jahr 2021 auf knapp 1.400 in 2022 gesunken. 2023 erfolgte ein Anstieg auf 1.600 Verfahren. Es handelt sich sowohl um Verfahren im Bereich der schweren organisierten Kriminalität als auch Verfahren mittlerer Kriminalität sowie örtlicher Kleinhandel und reiner Konsum. Die Amnestie-Regelung des neu eingeführten Konsumcannabisgesetzes hat laut Iris Janke Arbeitskraft gebunden. Der Grund: Alle anhängigen Verfahren wegen einer Strafvorschrift nach dem Betäubungsmittelgesetz wurden händisch überprüft, ob die Vollstreckung der Strafen von dem rückwirkenden Straferlass betroffen sind. Es wurden 600 Verfahren gesichtet, in 30 Fällen wurde die Vollstreckung ganz eingestellt. In etwa 70 Verfahren wurden Anträge an die Gerichte zur Abmilderung der Strafen gestellt. Aus der Straftat war niemand zu entlassen.
Die Zahl der Verkehrsdelikte liegt 2023 bei 3.600 Verfahren. Vereinzelt gab es dabei illegale Straßenrennen, die meisten lagen im Bereich der Unfallfluchten, verschuldete Unfälle mit Personenschaden und Alkoholfahrten. Hoch ist der Anteil an Straftaten gegen ausländerrechtliche Bestimmungen. Dies ist nach Iris Janke auf den Grenzverkehr und die europäische Gesamtsituation hoher Flüchtlingsströme zurückzuführen. Die Zahlen sind seit 2021 (3.409 Verfahren) nochmals angestiegen: 2022 waren es 4.199 Verfahren, 2023 5.855.
Die Staatsanwaltschaft sieht eine ansteigende Tendenz bei den vorsätzlichen Körperverletzungen. So wurden 1.501 Verfahren im Jahr 2021, 1.659 Verfahren im Jahr 2022 und 1.769 Verfahren 2023 verzeichnet. Darunter fällt auch eine dauerhaft ansteigende Anzahl von Fällen häuslicher Gewalt. Sie wuchsen von rund 400 Fällen in 2022 auf rund 500 in 2023 an. Die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist von 229 Verfahren in 2022 auf 204 im Jahr 2023 gesunken. Rund 400 Verfahren wurden im Bereich des Verschaffens, Besitzes und der Weitergabe von kinderpornografischen Inhalte verzeichnet. Dabei liegt laut der Oberstaatsanwältin ein besonderes Augenmerk auf den sogenannten Schulhoffällen, in denen solche Daten per Smartphone unter Schülern ausgetauscht werden. "Wir müssen den Jugendlichen bewusst machen, das den Bildern eine schwere Straftat zu Grunde liegt", betont Janke den Aufklärungsaspekt.
Die Ermittlungen in allgemeinen Strafsachen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr - etwa Raubüberfälle - beliefen sich im Jahr 2021 auf 169, im Jahr 2022 auf 242, im Jahr 2023 auf 260. In den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden 94 Verfahren verzeichnet. Die Verfahren im Bereich der politisch motivierten Straftaten, soweit die Staatsanwaltschaft Offenburg zuständig ist, waren von 2021 mit 161 Fällen im Jahr 2022 auf 81 zurückgegangen. Im Jahr 2023 stiegen sie auf 91 an, 2024 sind bereits 62 Anzeigen eingegangen. Es handelt sich dabei um verbale Ausfälle gegenüber Personen des öffentlichen Lebens, aber auch Fälle von Hasskriminalität. 85 Brände wurden 2023 kriminalistisch untersucht, in 40 Fällen wurde wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Brandstiftung ermittelt. Die Rechtshilfe zwischen Deutschland und Frankreich ist ein wichtiges Tätigkeitsfeld. Es wurden 229 Ersuche im Jahr 2023 bearbeitet.
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