Kreishandwerkermeister Andreas Drotleff zu Karrierechancen
Alte Traditionen treffen auf innovative Technik

Kreishandwerkermeister Andreas Drotleff | Foto: ag

Offenburg. Das Handwerk bietet nicht nur eine solide Ausbildung, sondern auch vielfältige Möglichkeiten der Karriere und Weiterbildung. Christina Großheim sprach mit Kreishandwerksmeister Andreas Drotleff, Kreishandwerkerschaft Ortenau, darüber, warum Jugendliche bei der Berufswahl die Ausbildung in diesem Bereich nicht außer Acht lassen sollten.

Welche Karrierechancen bietet das Handwerk Schulabgängern heute?
Wenn ein junger Mensch das für sich richtige Handwerk gefunden hat, dann kann er darin richtig aufgehen. Das Handwerk bietet spannende und vor allem auch schnelle Aufstiegschancen. Ob als Führungskraft oder sogar in der Selbstständigkeit. Eine Handwerksausbildung ist zudem im Grunde eine Jobversicherung.

Alte Handwerkskunst und moderne Techniken – wo steht das Handwerk heute?
Das Handwerk ist eine der vielfältigsten und spannendsten Branchen. Das ist vielleicht eine Phrase, stimmt aber trotzdem. Nicht nur die enorme Breite, die die rund 130 Ausbildungsberufe bieten. Gerade die Mischung aus traditionellen Fertigungsprozessen und den immer wieder erforderlichen Anpassungen durch zum Beispiel technische Innovationen macht das Handwerk einmalig.

Digitalisierung und Handwerk

Spielt die Digitalisierung auch im Handwerk eine Rolle?
Nicht erst seit heute, schon länger hält die Digitalisierung Einzug in die betrieblichen Arbeitsprozesse. Die Aufmerksamkeit ist in jüngster Zeit natürlich enorm gestiegen, wenn es um Digitalisierung geht – auch in den Betrieben. Viele erkennen, dass sie schon längst den Weg in die Digitalisierung eingeschlagen haben, darüber hinaus aber auch noch schlummernde Potenziale. Das wirkt sich nach und nach auch auf die Ausbildungsinhalte aus. Jugendliche können sich sicher sein, im Handwerk steckt mehr Digitales als sie ahnen. Sich informieren, lohnt sich. Unter dem Motto „Ist das noch Handwerk?“ machen wir junge Menschen ganz aktuell mit der bundesweiten Imagekampagne auf die Modernität des Handwerks aufmerksam. Ob es um Aspekte der Digitalisierung oder der Internationalisierung geht.

Die Berufsbilder, nicht nur im Handwerk, befinden sich im Wandel. Welche Berufe mit guten Aussichten bietet das Handwerk?
Handwerk gab es vor der ersten industriellen Revolution und es wird Handwerk auch noch nach der vierten industriellen Revolution geben. Der Wirtschaftsbereich Handwerk atmet dabei natürlich auch über die ihm zugehörigen Berufe. Bei manchen Berufen merkt man es nicht, zum Beispiel weil das „Etikett“ bleibt, bei anderen Berufen wiederum vermutet man manchmal vielleicht gar nicht, dass sie zum Handwerk gehören – wie etwa die Mediengestalter Digital und Print oder die technischen Modellbauer. Und wieder andere Berufe kennen wir heute vielleicht noch gar nicht, doch fügen sie sich aufgrund ihrer Tradition und/oder Beschaffenheit ins Handwerk ein. So dürfte es etwa spannend sein, was absehbar im Elektrohandwerk stattfindet – Stichwort Smart Home und Gebäudesystemintegration.

Viele glauben, dass Handwerksberufe immer körperlich anstrengend seien. Wie begegnet das Handwerk solchen Vorurteilen?
In über 130 Ausbildungsberufen gibt es ganz klar völlig unterschiedliche körperliche Anforderungen. Wir können und wollen gar nicht leugnen, dass es in manchen Berufen noch immer körperlichen Einsatzes bedarf. Für viele ist diese Form der Arbeit ja auch reizvoll. Natürlich gibt es auch in diesen Berufen heute ganz neue technische Unterstützungen, die das Arbeiten erleichtern und grundsätzlich jedem die freie Berufswahl ermöglichen.

Gleichberechtigung im Handwerk

Sind Frauen und Männer im Handwerk wirklich gleichberechtigt oder gibt es immer noch ein Genderdenken in den verschiedenen Berufen?
Das Handwerk befindet sich seit etwa zehn Jahren im (Geschlechter-)Wandel. Haben sich die Frauen bisher insbesondere auf die kaufmännischen Berufe und das Friseurhandwerk konzentriert, wählen sie zunehmend auch bislang eher männlich geprägte Ausbildungsberufe, wie beispielsweise Tischlerin, Malerin und Lackiererin, Bäckerin und Kraftfahrzeugmechatronikerin. In diesen Berufen hat sich der Anteil der Frauen zum Teil deutlich erhöht. Andere Berufe sind bereits von Männer- zu Frauendomänen geworden: Goldschmiede oder Konditoren zum Beispiel. Dagegen haben sich traditionell von Frauen bevorzugte Berufe wie der Hörgeräteakustiker zwischenzeitlich dahingehend verändert, dass sie für beide Geschlechter interessant sind.

Gleichgültig ob männlich oder weiblich – welche Qualifikationen sollten Interessierte heute für eine Ausbildung im Handwerk mitbringen?
Ein gesundes Maß an Motivation und Neugier sind grundsätzlich erstmal gute Voraussetzungen.

Hat das Handwerk heute noch den sprichwörtlichen goldenen Boden?
Unsere Konjunktur ist weiter sehr gut. Wenn man vom goldenen Boden im Handwerk spricht, dann ist das der goldenste Boden, den wir jemals hatten. Wir erwarten ein Wachstum um die vier Prozent in diesem Jahr.

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