Frühjahrsfröste taten weh
Fehlende Weinmenge prägte das Geschäftsjahr
Oberkirch (st) Zu wenig Menge nach den Frostschäden im April 2021 und damit sinkender Umsatz kennzeichnen das Geschäftsjahr 2021/22 der Oberkircher Winzer eG. Der Gesamtumsatz beträgt rund 17,6 Millionen Euro und damit fünf Prozent weniger als im Jahr davor. Deutlich bessere Umsätze als noch 2019 wurden in Fachhandel und Gastronomie geschrieben.
Von einer „historisch niedrigen Erntemenge“ war die Rede. Die Ortenau war durch die Frühjahrsfröste besonders betroffen. „Wir hatten etwa 45 Prozent weniger Menge, sind aber im Umsatz nur um fünf Prozent runter“, resümiert Geschäftsführender Vorstand Sebastian Hill die Anstrengungen positiv. Es wurden mehr wertigere Weine verkauft. Vor allem beim Flaschenwein zeigt die Tendenz nach oben. Auch beim Erlös pro Liter gab es eine deutliche Steigerung. Die bittere Pille für die Winzerinnen und Winzer ist die Tatsache, dass bei nur 55 Prozent Ernte nicht 100 Prozent Traubengeld ausbezahlt werden kann. „Unsere Winzerschaft hat hier sehr verständnisvoll reagiert, dass wir die Auszahlungen nicht stützen und nicht in die Schatulle greifen“, so Hill vor der Generalversammlung am Donnerstag in der Klingelberghalle in Oberkirch-Haslach.
Kostensteigerung
Deutliche Kostensteigerungen bei der Warenumschließung, vor allem Flaschen, prägen das Bild. Strom, Gas und Wasser brachten „extreme Steigerungen.“ Hinzu kam die „enorme Reduzierung des Weinbestands um zirka 1,6 Millionen Liter“, die einfach nicht im Keller lagen zum Verkauf, verdeutlichte auch Aufsichtsratsvorsitzender Herbert Vollmer in seinem Bericht. Wegen fehlender Mengen konnten nur wenige Projekt- und Sondergeschäfte gemacht werden. Umso dankbarer zeigen sich Winzerschaft und Geschäftsleitung ob des guten Herbstes 2022, der genügend Menge sowie tolle Rot- und Weißweine in die Keller brachte.
Das Image der Oberkircher Winzer eG und des Winzerkellers Hex vom Dasenstein am Markt ist durch die vielen Auszeichnungen bei nationalen und internationalen Wettbewerben weiter beflügelt. Der vierte DLG-Bundesehrenpreis in Folge, Gold- und Silbermedaillen bei Mundus Vini und AWC Vienna sowie der Titel als Beste Winzergenossenschaft Deutschlands erzeugen beim Verbraucher eine gezielte Nachfrage. Der Renner im Sortiment ist nach wie vor die Collection O, die um den Weißburgunder erweitert wurde.
Die Oberkircher Winzer eG hat rund eine halbe Million Euro investiert für die Traubenannahme sowie Photovoltaikanlage in Kappelrodeck, eine neue Traubenpresse in Oberkirch, einen neuen Weinwagen sowie für den Erwerb eines Grundstückes in direkter Nachbarschaft zur Winzergenossenschaft in Oberkirch. Angepasst wurde das Design der Etiketten für die Hex mit der dreiteiligen Struktur. Umgemünzt wurde die Freistil-Serie der Villa Heynburg in die Cuvée-Serie. „Das kommt vor allem bei Gastronomie und Fachhandel sehr gut an.“
Schwierige Rahmenbedingungen
Der Einstieg des neuen Geschäftsführers in der zweiten Hälft des Geschäftsjahrs war gekennzeichnet durch schwierige Rahmenbedingungen, „aber er hat das souverän gemeistert“, lobte Vollmer. So rief Hill gleich zu Beginn zu einer Klausurtagung, bei der es um die Zukunftsstrategie des Unternehmens ging. Weiter im Fokus bleibt das Thema Nachhaltigkeit. Hier unterstützt der zertifizierte Nachhaltigkeitsmanager Frank Männle die Geschäftsführung rund um die Themen nachhaltiges Wirtschaften, Ressourcenmanagement, Personal- und Unternehmensführung.
Das aktuelle Geschäftsjahr ist nach wie vor von dem kleinen Jahrgang 2021 und immensen Kostensteigerungen geprägt. Trotzdem gibt es mit dem Umbau der Traubenannahme in Oberkirch eine große Investition in die Zukunft. Die Preiserhöhung konnte umgesetzt werden. Der Absatz in Fachhandel und Gastronomie wächst weiter und es gibt neue Produkte in der Pipeline, versicherte Hill vor der Versammlung. Auf der Pro Wein in Düsseldorf wird das Facelifting der Collection Oberkirch vorgestellt. Zudem kommt ein alkoholfreier Sekt in der Collection O Serie auf den Markt und die traditionelle Hexenflasche aus Kappelrodeck wird um eine weiße Schwester erweitert. Vor allem aber hoffen die Weinmacher aus dem Acher- und Renchtal auf einen Herbst „mit marktgerechter Menge und in passender Qualität“, so Aufsichtsrat Vollmer. Verbandsprüfer Olaf Stockmann attestierte der Oberkircher Winzer eG einen sehr guten Erlös, was angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen nicht selbstverständlich sei. Zudem „schwächle“ der Weinkonsum in Deutschland und ist um vier Prozent zurück gegangen. Inflationsrate und allgemein steigende Kosten lasse die Kaufkraft sinken.
Wie gewohnt hatte Vorstandsvorsitzender Franz Männle durch die Versammlung geführt. Er ging auf die politischen Forderungen aus Brüssel an den Weinbau und die Landwirtschaft allgemein ein. Sein Appell an die Politik zielte auf ein faires Miteinander und Preisanpassungen, die auch beim Erzeuger ankommen. Der Weinbau sei nach wie vor gefordert durch Klimaveränderung, Wasserknappheit, Diskussion um Pflanzenschutzmittel sowie sich ändernde Verbrauchererwartungen. Daher brauche es den Mut der Winzer, auch mit Hilfe von Digitalisierung und Technisierung den Herausforderungen gerecht werden zu können. Dazu gehörten im Steilhang auch High Tech wie etwa Drohnen. Dankesworte gingen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ans gesamte Kellerteam um Martin Bäuerle, Thomas Hirt und Jörg Scheiding sowie das Qualitätsmanagement von Frank Männle. Die Versammlung hat zudem einer Satzungsänderung zugestimmt. Demnach wird das Erfassungsgebiet auf den gesamten Weinbaubereich Ortenau ausgedehnt, da sich die Oberkircher Winzer eG für die Zukunft flexibel aufstellen möchte.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.