Carsten Dittrich: Puppenspieler, Darsteller und Regisseur
Mit Anarchie im Hirn und Struktur im Alltag

"Hier bin ich groß geworden": Carsten Dittrich spielt mit den Requisiten auf der Bühne des "freche hus" in Oberkirch. | Foto: Michael Bode
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Oberkirch/Achern (rek). Zwischen einer Aufführung für ein Kindertheater von "Der kleine König" und Proben als Regisseur am Abend für das Acherner Illenau-Theater mit dem Stück "Der nackte Wahnsinn" findet Carsten Dittrich Zeit für das Schreiben an einer szenischen Lesung von Stephen Kings "Misery" und das Gespräch in dieser Guller-Reihe. Allein dieses Tagesprogramm zeigt die Bandbreite des Absolventen der bekanntesten deutschen Schauspielschule "Ernst Busch". Zwischen 1999 und 2003 besuchte er die Berliner Institution und schloss sie als "Diplom-Puppenspieler/darstellender Künstler" ab.

"Ich feiere in diesem Jahr mein 30-jähriges Bühnenjubiläum", wird Dittrich nachdenklich und auch ein bisschen stolz. Dabei zählt der 41-Jährige die Zeit mit, als er in seiner Heimatstadt Oberkirch bei der Jungen Bühne die früh entdeckte Leidenschaft ausspielte. Als Puppen hatten es ihm die Klassiker angetan: Muppet-Show und Augsburger Puppenkiste. "Als Oberkirch noch ein Kino hatte, sah ich den Kasper. Der spielte Akkordeon. Also wollte ich auch das Instrument lernen", erinnert sich Dittrich. Neben dem Puppenspiel lebt er weitere Neigungen der Kindheit aus. Dazu gehört das Fechten, das er an der Schauspielschule professionalisierte und neben der Bühne bei der Freien Ritterschaft Pforzheim ausübt, für die er als Herold aktiv ist. Dazu zählt neben den Auftritten bei Mittelalterfesten auch ein Event wie das der Burgbelebung im hessischen Ronneburg. "Wir und andere Gruppen werden zwei Tage lang das mittelalterliche Leben nachstellen und die Besucher können uns dabei für ihren Eintritt beobachten", freut sich Dittrich. Einer der Höhepunkte: eine Hochzeit für das wirkliche Leben wird dabei zelebriert.

Leidenschaften der Kindheit ausleben

Kurzfristige Engagements sind für Dittrich kaum zu machen. "Mein Termin-Kalender geht inzwischen mehr als ein Jahr in die Zukunft", zeigt er seinen DIN-A4-Block. Auch wenn er "eigentlich ein strukturierter Typ" sei, liege das doch vornehmlich an der Planung der verschiedenen Veranstalter. Struktur wollten ihm seine Eltern auch mit auf den Weg geben. Also machte Dittrich nach der Schule eine bodenständige Ausbildung zum Bürokaufmann im elterlichen Betrieb. "Das hilft mir sehr: Ich kann meine Buchhaltung machen und weiß, wie eine Rechnung aussehen muss", schätzt er heute die Hartnäckigkeit seiner Eltern.

Nach der Schauspielschule wollte er wieder zurück in die Heimat und nahm eine "Portion Anarchie im Hirn" mit aus Berlin. Ob vor Erwachsenen, Jugendlichen oder Kindern, Hauptsache Publikum. "Ich spiele gern vor 80 bis 150 Zuschauern. Den Kontakt zum Publikum brauche ich", betont Dittrich seine Leidenschaft. So zieht er etwa an seinem jetzigen Wohnort Ettlingen durch die Stadt und erzählt an den Schausplätzen Sagen, macht regelmäßig mit dem Duo von "Piano.vocal" Kleinkunst – in den kommenden Wochen den "Sommernachtstraum" –, Figurentheater mit den Ensembles "Marotte" oder "Fiesemadände" oder führt Regie wie jetzt in der Illenau. Gespannt ist Dittrich auf die Premiere und hat schon im Vorfeld riesen Respekt vor den Amateurdarstellern bei "Der nackte Wahnsinn". Für die Boulevardkomödie – Premiere ist am 23. Juni – müssen die Schauspieler dreimal das gleiche "Stück im Stück" spielen, aber immer aus verschiedenen Perspektiven. Lernt er ein Ensemble kennen, hat er schnell das passende Stück für die Schauspieler auf Lager.

Dass Dittrich Anerkennung genießt, wird deutlich, als der Verlag auf ihn zukam und fragte, ob er die Aufführrechte an dem neuen Abenteuer "Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete" aus dem Nachlass Otfried Preußlers haben wolle. Für Dittrich keine Frage.

Eines seiner Ziele, Kinder ans Theater heranzuführen, erledigt sich zu Hause von alleine. "Mia liebt die Schauspielerei", so Carsten Dittrich über seine vierjährige Tochter. Seine Frau Anja ist als Erzieherin und Theaterpädagogin auch immer im Bild. Neben dem Bett liegen dennoch Stift und Zettel für spontane Ideen. "Einmal während eines Urlaubs in Neuseeland habe ich zwei Wochen nicht ans Theater gedacht. Das ist mir noch nicht wieder passiert", erklärt Dittrich mit seinem typischen Lächeln, dass die Ideen ihn immer und überall begleiten.

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